Aurubis-Chef sieht in Metall-Diebstählen organisierte Kriminalität

Aurubis-Vorstandschef Roland Harings sieht in Metall-Diebstählen eine neue Form von Kriminalität. „Früher war der Diebstahl von reinen Edelmetallen wie Gold und Silber das Ziel“, sagte Harings im Interview mit dem „Hamburger Abendblatt“. Dies könne heutzutage mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgrund der hohen Sicherheitsstandards nicht mehr passieren. „Die neue Qualität ist, dass Kriminelle jetzt auch im Bereich der metallurgischen Weiterverarbeitung tätig werden.“ Das sei organisierte Kriminalität.

Der Hamburger Kupferhersteller und Recyclingspezialist Aurubis ist in diesem Jahr bereits zweimal Opfer eines mutmaßlichen Metalldiebstahls geworden. Der Schaden könnte allein bei dem Ende August bekannt gewordenen Fall einen dreistelligen Millionenbetrag ausmachen.

Aurubis verarbeitet nach Angaben Harings etwa eine Mio Tonnen Schrott pro Jahr. „Wenn ein Lkw hier vorfährt, werden Proben entnommen und in unserem Labor analysiert, wie viel Wertstoffe das Material enthält. Auf dieser Basis werden die Lieferanten bezahlt.“ Der Wert einer Lieferung werde mit einer repräsentativen Probe ermittelt.

„Wir haben die Vermutung, dass in diesem Prozess der Beprobung und der Bearbeitung der Proben hier im Haus Manipulationen stattgefunden haben, so dass der Wert von Lieferungen höher angesetzt wurde als er tatsächlich war“, sagte Harings. Und diese nicht vorhandenen Metalle seien bezahlt worden. „Das ist die derzeitige Vermutung, der wird jetzt mit der intensiven Inventur, die hier zurzeit läuft, nachgegangen.“ Am Ende werde man sehen, „welche und wie viele Wertstoffe nicht vorhanden sind, die es laut Soll-Bestand im System geben müsste“.

Mittäter in Aurubis-Belegschaft „sehr wahrscheinlich“

Nach Angaben Harings hat es „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit (...) eine aktive Mittäterschaft von Aurubis-Beschäftigten bei der Manipulation von Proben gegeben“. Das herauszufinden, sei Teil der Ermittlungen zusammen mit dem Landeskriminalamt.

Gegenüber der FAZ erklärte Harings, dass Aurubis-Mitarbeiter wahrscheinlich mit Lieferan-ten gemeinsame Sache gemacht und Proben von Materiallieferungen gefälscht hätten. Dadurch habe das Unternehmen den Preis für hohe Edelmetall-Anteile bezahlt, obwohl das Material gar nicht so viel hergegeben habe. Es gehe dabei um „Gold und Silber, die Platin-Gruppe, also Palladium, Platin und Rhodium“, sagte Harings der Zeitung. „Aber ich kann auch kein anderes Metall ausschließen.“ Auch Kupfer sei ein wertvolles Metall.

Eine außerordentliche Inventur soll nun helfen, den bisher nur grob eingegrenzten Schaden genauer zu benennen und zu überprüfen, ob es weitere Betrugsfälle gegeben habe, sagte Harings. „Wir werden das feststellen. Ich möchte heute nichts ausschließen.“

Aufgrund des mutmaßlich erneuten Metalldiebstahls hatte Aurubis auch seine Jahresprognose gestrichen. Der Prognosekorridor für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 von 450 bis 550 Mio € könne deshalb nicht gehalten werden, hieß es. Der Stahlkonzern Salzgitter zog seine Ergebnisprognose für das laufende Jahr ebenfalls zurück. Salzgitter ist mit knapp 30 Prozent größter Einzelaktionär bei Aurubis.

Bereits im Juni war der Verdacht auf einen millionenschweren Metallraub bei Aurubis bekannt geworden. Über mehrere Jahre hinweg soll eine Diebesbande edelmetallhaltige Zwischenprodukte gestohlen und dabei Erlöse von bis zu 20 Mio € erzielt haben. Nach einer ersten Einschätzung des Unternehmens hängt dieser Fall aber nicht mit dem letzten Woche bekannt gewordenen Diebstahl zusammen. (dpa / eigener Bericht)

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