BMUV will noch dieses Jahr Entwurf für Abfallende-Verordnung vorstellen

Ersatzbaustoffverordnung in Kraft / Wirtschaft fordert Nachbesserungen

Heute tritt die Ersatzbaustoffverordnung in Kraft. Damit ist die Verwertung mineralischer Abfälle wie Bodenaushub, Bauschutt oder Schlacken erstmals deutschlandweit geregelt. Qualitätsgeprüfte Ersatzbaustoffe können nunmehr rechtssicher ohne wasserrechtliche Erlaubnis bundeseinheitlich verwendet werden, betont das Bundesumweltministerium (BMUV) in einer Pressemitteilung. Noch haftet den Ersatzbaustoffen allerdings der Makel des Abfalls an. Wie schon letztes Jahr angekündigt, will das Ministerium daher nun in einem nächsten Schritt das Ende der Abfalleigenschaft regeln, so dass qualitativ besonders hochwertige Ersatzbaustoffe den Produktstatus erlangen können. Der erste Entwurf für diese gesonderte Abfallende-Verordnung soll noch in diesem Jahr vorgestellt werden, wie das BMUV gestern bekannt gab.

„Mit der neuen Ersatzbaustoffverordnung gehen wir einen Riesenschritt in Richtung Kreislaufwirtschaft im Bausektor. Wir beenden die Kleinstaaterei bei der Frage der recycelten Baustoffe und schaffen bundesweit einheitliche Regeln“, erklärt BMUV-Staatssekretär Christian Kühn anlässlich des am 1. August in Kraft getretenen Regelwerks. „Doch wir wollen noch weitergehen: Sekundärbaustoffe, die qualitativ hochwertig und aus Umweltsicht unbedenklich sind, sollen künftig nicht mehr als Abfall gelten. Damit werden sie auch für Bauherren attraktiver.“ Deswegen erarbeite das Ministerium nun eine weitere Verordnung, „die bestimmt, wann mineralische Stoffe nicht mehr als Abfall gelten“, so Kühn.

Die Bau- und Entsorgungswirtschaft drängt schon seit langem auf den Produktstatus der von ihnen hergestellten mineralischen Ersatzbaustoffen, um so die Akzeptanz bei den öffentlichen und privaten Bauherren zu steigern. Entsprechend enttäuscht reagierten die großen Branchenverbände jüngst auf die von Bundestag und Bundesrat verabschiedete Novelle der Ersatzbaustoffverordnung, die sich größtenteils auf redaktionelle Klarstellungen für den Vollzug beschränkte und das Thema Abfallende noch ausklammerte.

Wirtschaft fordert Abfallende für alle Ersatzbaustoffe

Nicht gefallen dürfte der Branche auch, dass der vom BMUV für dieses Jahr angekündigte Entwurf einer Abfallende-Verordnung nur für „qualitativ besonders hochwertige Ersatzbaustoffe“ gelten soll. Die Verbände BDE, BRB und IGAM sprachen sich ebenso wie bvse, DA, HDB und ZDB unlängst für ein Abfallende für alle Ersatzbaustoffe aus. Eine Abfallende-Regelung, die nur einen Teil der Materialklassen der EBV abdeckt, lehnen die Verbände ab.

Wie um das Thema Abfallende und Produktstatus gerungen wird, zeigt auch ein gestriger Schriftwechsel in Baden-Württemberg. Das Landesumweltministerium hatte bekannt gegeben, dass das seit knapp zwei Jahrzehnten im Land aktive Qualitätssicherungssystem Recycling-Baustoffe Baden-Württemberg (QRB) als Güteüberwachungsgemeinschaft gemäß EBV anerkannt wird, und dass damit QRB-geprüfte Recycling-Baustoffe der Klasse 1 weiterhin unter den gegebenen Voraussetzungen das Ende der Abfalleigenschaft erlangen können. So ersetze die EBV-Materialklasse RC-1 den in Baden-Württemberg bisher geltenden Zuordnungswert für das Baustoffrecyclingmaterial Z 1.1. Für Staatssekretär Andre Baumann ist dies ein „wichtiger Baustein, um die Akzeptanz von Recycling-Baustoffen weiter zu verbessern und hochwertige Sekundärbaustoffe im Kreislauf zu führen“.

In einer gemeinsam vom QRB und der Dachorganisation ISTE (Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg) veröffentlichten Reaktion begrüßte QRB-Geschäftsführer Bernd Susset zwar die Aussagen Baumanns. Die Anerkennung des QRB als Güteüberwachungsgemeinschaft und die Fortschreibung des Produktstatus für RC-1 habe zur Folge, dass das QRB ab sofort operativ und ordnungsgemäß tätig werden könne, so Susset.

Gleichzeitig äußerte ISTE-Hauptgeschäftsführer Thomas Beißwenger aber auch sein Unverständnis über den Ausschluss der anderen beiden Recyclingbaustoffklassen RC-2 und RC-3 sowie der zahlreichen weiteren, künftig ebenfalls vom QRB überwachten mineralischen Ersatzbaustoffe, wie insbesondere Bodenmaterial, Gleisschotter und Ziegelmaterial. Aus Sicht der beiden Verbände sollte in Kombination mit der Mitgliedschaft in einer Güteüberwachungsgemeinschaft der Produktstatus für alle mineralischen Ersatzbaustoffe und deren gegebenenfalls verschiedenen Materialklassen vertretbar sein. So sei durch die in der EBV festgelegten Anforderungen für jeden mineralischen Ersatzbaustoff bzw. jede Materialklasse in einer spezifischen zulässigen Einbauweise gewährleistet, dass keine schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt auftreten könnten, argumentieren QRB und ISTE.

Einbaubeschränkungen auf Kiesschichten: ISTE warnt vor rückläufiger Baustoffrecycling-Quote

Als weitere „massive Fehlstelle“ in der Ersatzbaustoffverordnung bezeichnet Beißwenger die jetzt neu geltenden Anforderungen an den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe auf kiesigem Untergrund. Wie auch BDE, BRB und IGAM kritisiert der ISTE-Geschäftsführer, dass eine Verwendung von RC-1-Recyclingbaustoffen in nahezu allen Flussgebieten Deutschlands sowie auf Karstböden und Grundgestein künftig ausgeschlossen ist bzw. einer Einzelfallbeurteilung durch die zuständigen Behörden unterliegt. In Baden-Württemberg betreffe dies rund 20 Prozent der Landesfläche. Beißwenger geht davon aus, dass sich damit die bislang erreichte Quote beim Baustoffrecycling von über 90 Prozent nicht halten lässt. „Die jetzige Fassung der EBV sorgt dafür, dass sich diese Quote verringert. Das müssen wir unbedingt verhindern“, fordert Beißwenger die Politik zum Handeln auf.

Die Bundesländer sind sich der Problemlage beim Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe auf kiesigem Untergrund bewusst. In einer im Zusammenhang mit der Abstimmung zur EBV-Novelle Anfang Juli beschlossenen Entschließung konstatierte der Bundesrat, dass die diesbezüglichen Regelungen in der EBV bislang „nicht hinreichend“ sind und dringend einer Ergänzung bedürfen. Die Bundesregierung wurde daher gebeten, kurzfristig Anpassungen an der EBV mit einer weiteren Änderungsverordnung vorzunehmen.

Bayern kündigt „praktikable Lösungen“ an

Noch hat sich die Bundesregierung nicht geäußert, ob und wann die Ersatzbaustoffverordnung erneut geändert werden soll. Es könnte daher darauf hinauslaufen, dass die Bundesländer im Verordnungsvollzug zunächst selbst nach Lösungen für die von der Entsorgungswirtschaft beklagten Probleme suchen. So kündigte Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) kürzlich auf einer vom bvse-Tochterverband Baustoff Recycling Bayern in Ingolstadt ausgerichteten Tagung die Veröffentlichung eines FAQ-Katalogs zur Ersatzbaustoffverordnung an. Dieser werde „praktikable Lösungen, u.a. zum Abfallende und zum Einbau auf kiesigen Deckschichten, beinhalten“, zitiert der bvse den Minister in einer Verbandsmitteilung.

Glauber zufolge soll in den bayerischen FAQ auch explizit ein Hinweis auf das vom bvse mitinitiierte Qualitätssicherungssystem der QUBA GmbH erfolgen. „QUBA-zertifizierten Sekundärbaustoffen wird zukünftig der Produktstatus zuerkannt. Wir werden die Regelungen so gestalten, dass sie am Ende gut damit arbeiten können“, erklärte der Umweltminister auf der Veranstaltung.

Bayerischer Verfüll-Leitfaden fortgeschrieben

Dass Bayern mitunter gewillt ist, auch eigene Wege zu gehen, wurde im Rahmen der 18-jährigen Arbeiten an der Mantelverordnung vor allem beim Thema Grubenverfüllungen deutlich. So wurde auf Drängen der bayerischen Regierung eine Länderöffnungsklausel in die novellierte Bundes-Bodenschutzverordnung aufgenommen, die es den Ländern ermöglicht, weiterhin eigene Regelungen für die Verfüllung zu treffen. Zeitlich abgestimmt auf das Inkrafttreten der Mantelverordnung hat das bayerische Umweltministerium daher kürzlich den seit vielen Jahren im Freistaat angewendeten „Leitfaden für die Verfüllung von Gruben, Brüchen und Abgrabungen“ fortgeschrieben, der als ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift die Grundlage für die Genehmigung von Verfüllungen in Bayern bilden soll. Als Neuerung, um das Recycling von Bauschutt zu fördern, müssen Abfallerzeuger oder -besitzer nunmehr den Nachweis der Unmöglichkeit einer im Vergleich zu Verfüllung höherwertigeren Verwertung erbringen.

Schmidmeyer: „Müssen EBV nicht als Problem, sondern als Chance sehen“

Angesichts dieser „positiven Botschaften“ des bayerischen Umweltministers überwiegen aus Sicht von Baustoff Recycling Bayern letztendlich doch die positiven Aussichten zum EBV-Umsetzungsstichtag. „Wir müssen die Ersatzbaustoffverordnung nicht als Problem, sondern als Chance sehen“, betonte Verbandsgeschäftsführer Stefan Schmidmeyer. „Mit der EBV haben wir eine Verordnung, die gleiche Marktbedingungen für alle schafft und Wettbewerbsverzerrungen verhindert. Darüber hinaus sind Qualitätssicherung und Zertifizierung, die das QUBA-Qualitätssiegel garantiert, der Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg."

Die QUBA-Geschäftsführer Thomas Fischer und Daniel Rutte sind überzeugt davon, dass die Ersatzbaustoffverordnung mehr Einbau- und damit auch mehr Absatzmöglichkeiten eröffnen wird. „QUBA-zertifizierte Sekundärbaustoffe sind EBV-konform und erfüllen alle Kriterien an das Abfallende. Der Produktstatus für diese güteüberwachten Ersatzbaustoffe ist längst überfällig und wird noch einmal das Bewusstsein für die Gleichwertigkeit zwischen Primär- und Sekundärbaustoffen in der öffentlichen Wahrnehmung stärken“, so Fischer und Rutte.

Remex fordert mehr Engagement der öffentlichen Hand und MwSt-Halbierung

Auch für Michael Stoll, Geschäftsführer der Remondis-Tochter Remex, sind die bisher fehlenden Bestimmungen zum Ende der Abfalleigenschaft von Ersatzbaustoffen der „Knackpunkt“, um ihre Attraktivität für private und öffentliche Bauträger zu erhöhen. In einer Unternehmensmitteilung fordert Stoll zudem mehr Engagement der öffentlichen Hand bei der Beschaffung. Auch eine Mindesteinsatzquote in neuen Bauprodukten hält er für denkbar. Diese könnte durch eine Selbstverpflichtung von Bauproduktherstellern umgesetzt werden. Darüber hinaus regt Stoll eine Halbierung der Mehrwertsteuer für Bauprodukte mit „minimum recycled content“ an. Dies könnte die Kreislaufwirtschaft spürbar stärken, ist Stoll überzeugt.

- Anzeige -

Themen des Artikels
Kategorie des Artikels
- Anzeige -