Bundestag beschließt EBV-Novelle ohne weitere Änderungen

Am 1. August 2023 tritt die neue Ersatzbaustoffverordnung (EBV) in Kraft, die die Verwertung mineralischer Abfälle erstmals bundeseinheitlich regeln soll. Um den Vollzug zu verbessern, will die Bundesregierung die Verordnung zuvor allerdings nochmals ändern. Gestern Abend stimmte der Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Koalition der kürzlich vom Bundeskabinett beschlossenen Änderungsverordnung zu. Ein Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion, der von der Entsorgungswirtschaft zuvor geäußerte Kritikpunkte aufgriff, hatte bereits zuvor in den Ausschüssen keine Mehrheit gefunden. Als nächstes wird sich der Bundesrat mit der Änderungsverordnung befassen.

Einen der Schwerpunkte der geplanten Änderungen stellt die Aufnahme von Kriterien zur Anerkennung sogenannter Güteüberwachungsgemeinschaften dar. Damit soll die Gütesicherung der hergestellten Ersatzbaustoffe gestärkt werden. Darüber hinaus sollen mit der Änderungsverordnung Korrekturen im Nebenstrafrecht vorgenommen und Normen an den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik angepasst werden, erläuterte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums (BMUV) anlässlich der Kabinettsentscheidung Anfang April.

Für Diskussionen in der Entsorgungswirtschaft sorgte indes eine auf den ersten Blick klein erscheinende Änderung im Anwendungsbereich. So sieht der vom Kabinett vorgelegte und jetzt vom Bundestag beschlossene Verordnungstext vor, dass § 1 Abs. 1 Nr. 3 EBV gestrichen wird. Dieser besagt, dass die ordnungsgemäße Herstellung, Güteüberwachung und Verwendung mineralischer Ersatzbaustoffe gemäß EBV nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes führt. Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) kritisierte die Streichung dieses Passus als „fatales politisches Signal“. Da die EBV derzeit keine Regelungen zum Abfallende mineralischer Ersatzbaustoffe enthält, sollte § 1 Abs. 1 Nr. 3 EBV aus BDE-Sicht als Platzhalter bis zum Inkrafttreten der vom BMUV separat geplanten Abfallende-Verordnung fortbestehen, um so die Akzeptanz für mineralische Ersatzbaustoffe zu erhöhen.

Mit einem Änderungsantrag zur EBV-Novelle hatte die Fraktion der CDU/CSU in den Bundestagsausschüssen versucht, den besagten Paragraphen in der EBV beizubehalten. Weiterhin warnten die Unionsparteien vor einem Ausschluss der Verwendung von Baustoffrecyclingmaterial auf kiesigem Untergrund und forderten in ihrem Antrag daher Änderungen in § 19 und Anlage 2 der EBV.

CDU sieht Existenz zahlreicher Recyclingbetriebe gefährdet

So kritisiert die CDU/CSU-Fraktion, dass die bisher von der EBV vorgesehenen Einbaubeschränkungen die Verwendung mineralischer Ersatzbaustoffe (mit Ausnahme von unbelastetem Bodenmaterial und Baggergut) in nahezu allen Flussgebieten Deutschlands, auf Karstböden oder Grundgestein selbst dann ausschließen, wenn diese unter einer dichten Asphalt-Straßendecke eingebaut würden. Diese Einschränkung geht aus Sicht der Union weit über die noch geltenden Länderregelungen hinaus und würde das Baustoffrecycling zumindest in den vorgenannten Regionen gegenüber dem bisherigen Stand erheblich reduzieren, wenn nicht gar ganz beenden und somit die Existenz zahlreicher Recyclingbetriebe gefährden, heißt es in der Begründung zum Änderungsantrag.

Thews hat kein Verständnis für Unionsantrag: Die Branche brauche jetzt Planungssicherheit

Der federführende Umweltausschuss lehnte am Mittwoch mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP den Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion ab und stimmte gegen die Stimmen der drei Oppositionsparteien für die EBV-Novelle ohne weitere Änderungen. Diesem Votum schloss sich gestern auch der Bundestag mit gleicher Stimmenverteilung an. Der abfallpolitische Sprecher der SPD, Michael Thews, zeigte in der Plenarsitzung Unverständnis für den Änderungsantrag von CDU und CSU. Über 18 Jahre sei über diese Verordnung diskutiert worden, nun brauche es Planungssicherheit und keine weitere – unter Umständen jahrelange – Verlängerung des Verordnungsprozesses. „Das hilft weder der Bauindustrie, noch irgendwem anderes“, so Thews.

Jan-Niclas Gesenhues von den Grünen forderte in seiner Plenarrede eine „Bauwende“ – eine Wende hin zu mehr Kreislaufwirtschaft im Bau, um Rohstoffressourcen zu schonen sowie Natur- und Klimaschutz zu stärken. Die Ersatzbaustoffverordnung sei hierfür genau der richtige Schritt, da sie das Recycling und die in dieser Branche tätigen Unternehmen fördere. „Dieser Markt muss gestärkt werden. Dafür braucht es einen fairen Wettbewerb, Rechtssicherheit und Planungssicherheit. Genau auf diese Ziele zahlt die Ersatzbaustoffverordnung ein, weil wir hiermit den Markt für Ersatzbaustoffe wirksam stärken.“

Richtig sei aber, dass weitere Schritte folgen müssen, dazu gehöre, dass qualitätsgesicherte Ersatzbaustoffe aus dem Abfallrecht entlassen werden und sie einen Produktstatus bekommen. Dafür brauche es rechtlich aber eine eigene Verordnung, woran die Bundesregierung derzeit arbeite, so Gesenhues weiter.

Kritik kam von Björn Simon. Der CDU-Abgeordnete monierte in seiner Rede, dass es die Ampel-Koalition versäumt habe, eine Regelung zum Ende der Abfalleigenschaft noch vor Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung im August vorzulegen. Aus seiner Sicht wäre die jetzt beschlossene Novelle der EBV eine „optimale Gelegenheit“ hierzu gewesen. Die in der jetzigen Verordnung schon vorhandenen Regelungen zum Abfallende durch die besagte Änderung des Anwendungsbereichs (Aufhebung von § 1 Abs. 1 Nr. 3 EBV) rauszustreichen sei der falsche Weg und ein fatales Signal an die Branche.

Auch die Ablehnung der zweiten im Ausschussantrag geforderten Änderung hinsichtlich der Verwendung von Ersatzbaustoffen auf kiesigem Untergrund kritisierte Simon in seiner Rede harsch. Es bestehe die Gefahr, dass das Baustoffrecycling in Gebieten wie dem Rhein, der Donau, der Schwäbischen Alb, dem Harz, dem Taunus und dem Schwarzwald gegenüber dem bisherigen Stand erheblich reduziert, wenn nicht ganz beendet werde. Dies könne die Existenz zahlreicher Mittelstandsbetriebe gefährden, warnte Simon. „Das kann und darf nicht Sinn dieser Verordnung sein.“

Die Arbeit an der Ersatzbaustoffverordnung sei mit ihrem Inkrafttreten im August daher nicht beendet, so Simon weiter. „Durch einen umfangreichen Evaluierungs- und Monitoring-Prozess müssen wir die Verordnung eng und dynamisch mitbegleiten.“ Mit Blick auf mögliche Stoffstromverschiebungen sowie vor dem Hintergrund der Praktikabilität und absehbarer Kostensteigerungen im Bausektor gelte es, die Ersatzbaustoffverordnung und die gesamte Mantelverordnung zu überprüfen und immer weiter zu optimieren, sagte Simon.

FDP-Umweltsprecherin Judith Skudelny verteidigte die von der Ampel-Koalition beschlossene Streichung von § 1 Abs. 1 Nr. 3 EBV. Da es bisher keine Abfallende-Verordnung für mineralische gebe, verweise der Passus auf etwas, was bisher nicht existiere. „Deswegen ist es richtig, dass wir es dort streichen.“ Sie versicherte, dass die Bundesregierung intensiv an einer eigenständigen Verordnung zum Ende der Abfalleigenschaft arbeite, deren Fertigstellung aber noch circa ein bis eineinhalb Jahre dauern werde.

Beim zweiten Punkt des Änderungsantrags von CDU und CSU sieht Skudelny ihre und die Unionsfraktion inhaltlich gar nicht so weit voneinander entfernt. Dass mehr Ersatzbaustoffe ins Recycling kommen, sei genau das, was auch die Bundesregierung wolle. Der Bundesrat habe an diesem Punkt aber eine weitergehende Anwendung auf kiesigem Untergrund verhindert.

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