Aurubis-Konzernleitung soll zeitnah neu aufgestellt werden

Nach lange unentdeckten Millionenschäden durch Betrug und Diebstahl bei der Hamburger Aurubis AG müssen Vorstandschef Roland Harings, Finanzvorstand Rainer Verhoeven und Produktionsvorstand Heiko Arnold das Unternehmen vorzeitig verlassen. Das gab der Kupfer- und Recyclingspezialist am Dienstag nach einer Sitzung des Aufsichtsrates bekannt. „Die drei Vorstandsmitglieder tragen damit den besonderen Herausforderungen der Aurubis im abgelaufenen Geschäftsjahr Rechnung, insbesondere mit Blick auf die schwerwiegenden Betrugs- und Diebstahlsfälle im Werk Hamburg und Vorkommnisse im Bereich der Arbeitssicherheit“, heißt es in einer Unternehmensmitteilung. Die Konzernleitung soll nun zeitnah neu aufgestellt werden.

Bereits am Vortag hatten verschiedene Medien von der bevorstehenden Trennung von drei der vier Vorstandsmitglieder berichtet. Wie der Aurubis-Aufsichtsrat nun beschlossen hat, wird Produktionsvorstand Arnold den Konzern Ende Februar als erstes verlassen. Seine wesentlichen Aufgaben übernimmt Markus Kramer, der mit Wirkung vom 1. März und zunächst befristet bis 30. September vom Aufsichtsrat in den Vorstand entsandt wird. Der frühere BASF-Manager übernimmt bei Aurubis zusätzlich den Posten des Chief Transformation Officer und erhält die Gesamtverantwortung für den Bereich Personal sowie die Funktion des Arbeitsdirektors. Kramer werde die Umsetzung der bereits eingeleiteten Maßnahmen zur Stärkung der Werks-, Unternehmens- und Arbeitssicherheit sicherstellen und die Weiterentwicklung einer entsprechenden Sicherheitskultur bei der Aurubis vorantreiben, heißt es.

Auch die laufenden Vorstandsverträge von Finanzvorstand Verhoeven und CEO Harings werden vorzeitig beendet. Laut Mitteilung wird Verhoeven das Unternehmen Ende Juni und Harings zum Geschäftsjahresende am 30. September 2024 verlassen. Einzig die erst Anfang 2023 als Leiterin des Segments Multimetal Recycling neu in die Konzernführung berufene Vorständin Inge Hofkens soll ihre Aufgaben im Vorstand auch künftig fortführen. Zusätzlich werde sie die Gesamtverantwortung für den Bereich Commercial übernehmen.

„Roland Harings, Rainer Verhoeven und Dr. Heiko Arnold zeigen mit der Entscheidung hohes Verantwortungsbewusstsein und machen den Weg für eine geordnete Neubesetzung und nach vorne gerichteter Zusammenarbeit an der Unternehmensspitze frei“, kommentierte der Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Dr. Fritz Vahrenholt das mit den drei Vorständen getroffene Übereinkommen, die laufenden Verträge vorzeitig zu beenden. Wie es heißt, will der Aufsichtsrat die Vorstandspositionen nun zeitnah neu besetzen. Hierfür habe das Gremium Personalberater beauftragt.

Gleichzeitig betont der Konzern, dass die strategische Ausrichtung von Aurubis und die Umsetzung der strategischen Wachstumsinitiativen trotz der personellen Umbrüche an der Unternehmensspitze unverändert weiterverfolgt werden. „Aurubis wird keinerlei Abstriche bei den wirtschaftlichen Ambitionen für das Geschäftsjahr 2023/24 machen“, so Vahrenholt. Mit dem gestaffelten Ausscheiden von Arnold, Verhoeven und Harings sei Kontinuität in diesem Wachstumsprozess gewährleistet. Im Sinne einer guten Unternehmensführung werde dafür Sorge getragen, dass die drei Vorstandsmitglieder ihre Ressorts geordnet an die Nachfolgerinnen bzw. Nachfolger übergeben werden.

Aurubis verzichtet auf Ersatzansprüche gegen ausscheidende Vorstandsmitglieder

Wie Aurubis weiter bekannt gibt, hat der Aufsichtsrat beschlossen, nach aktuellem Stand von der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Harings, Verhoeven und Arnold abzusehen. Grundlage für diese Entscheidung sei ein umfassendes Rechtsgutachten der Kanzlei Hengeler Mueller zur Verantwortung der drei ausscheidenden Vorstandsmitglieder.

Wie berichtet, wurde Aurubis in den letzten Jahren Opfer mehrerer Betrugs- und Diebstahlfälle. Im jüngsten veröffentlichten Geschäftsbericht für das Jahr 2022/23 wurden drei Fälle von gegen das Unternehmen gerichtete kriminelle Handlungen beschrieben. Der für Aurubis entstandene finanzielle Schaden bewegte sich im dreistelligen Millionenbereich. Allein im Berichtsjahr summierten sich die negativen finanziellen Auswirkungen auf das operative Rohergebnis auf minus 169 Mio €.

Zudem war die Bilanz des vergangenen Geschäftsjahres von einem tödlichen Chemieunfall auf dem Aurubis-Werksgelände in Hamburg überschattet. Dabei war Stickstoff ausgetreten; drei Männer im Alter von 24, 49 und 53 Jahren starben an den Folgen.

Roland Harings betonte nach dem Aufsichtsratsbeschlüssen aber auch die Erfolge des Unternehmens in den letzten Jahren: „In schwierigen Zeiten hat das gesamte Aurubis Management viel für Aurubis erreicht. Darauf bin ich stolz, darauf kann das gesamte Aurubis-Team stolz sein", sagte Harings. „Wir müssen aber auch erkennen, dass die Aurubis Opfer von kriminellen Handlungen mit erheblichen Nachteilen für das Unternehmen geworden ist. Auch die tragischen Arbeitsunfälle haben uns im Vorstand tief betroffen gemacht. Hiermit ziehen wir im Vorstand die Konsequenzen. Jetzt ist es wichtig, das Unternehmen wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen und ein Vorstandsteam zu installieren, welches das uneingeschränkte Vertrauen des Aufsichtsrats hat. Es versteht sich von selbst, dass wir unseren Aufgaben vollumfänglich nachkommen, bis ein geordneter Übergang gewährleistet ist“, so Harings. (Eigener Bericht / dpa)

Anmerkung: Der Artikel wurde im Laufe des Tages aktualisiert und unter anderem durch die Zitate von Aurubis-CEO Roland Harings und des Aufsichtsratsvorsitzenden Fritz Vahrenholt ergänzt.

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