Aurubis-Aufsichtsrat erwägt nach Millionenbetrug personelle Konsequenzen

Nach den Millionenschäden durch Betrügereien beim Hamburger Kupferhersteller Aurubis könnten der Chefetage des Unternehmens personelle Konsequenzen drohen. „Der Aufsichtsrat kann derzeit weder ausschließen, dass die amtierenden Vorstandsmitglieder unverändert ihr Amt fortführen, noch kann er ausschließen, dass es zu einer vorzeitigen Trennung von einzelnen oder mehreren Vorstandsmitgliedern kommt beziehungsweise der Vorstand umstrukturiert wird“, teilte die Aurubis AG am Dienstag nach einer Sitzung des Aufsichtsgremiums mit. „Er wird hierüber voraussichtlich im Januar oder Anfang Februar 2024 beschließen.“

Der Aufsichtsrat habe sich in der Sitzung intensiv mit Vorstandsangelegenheiten befasst, aber noch keine Entscheidungen getroffen. Der Aufsichtsrat will demnach zunächst das Ergebnis einer von ihm in Auftrag gegebenen Untersuchung einer Anwaltskanzlei zur Verantwortung des Vorstands im Zusammenhang mit den bekannt gewordenen Straftaten abwarten. Der Bericht werde für Mitte Januar 2024 erwartet.

Wie berichtet, wurde Aurubis in den letzten Jahren Opfer mehrerer Betrugs- und Diebstahlfälle. Im aktuell veröffentlichten Geschäftsbericht für das Jahr 2022/23 werden drei Fälle von gegen das Unternehmen gerichtete kriminelle Handlungen beschrieben. Der für Aurubis entstandene finanzielle Schaden bewegte sich im dreistelligen Millionenbereich. Allein im Berichtsjahr summierten sich die negativen finanziellen Auswirkungen auf das operative Rohergebnis auf minus 169 Mio €.

Bei der Präsentation der Geschäftszahlen sprach Vorstandschef Roland Harings von einer völlig neuen Bedrohungslage durch die organisierte Kriminalität. „Edelmetalle, Gold und Silber und besondere Metalle waren und sind immer extrem geschützt gewesen“, so Harings. Mittlerweile seien aber auch edelmetallhaltige Zwischenprodukte für Straftäter attraktiv, „weil hier offensichtlich Verarbeitungskapazitäten von organisierten Kriminellen aufgebaut wurden“.

Harings: Kriminelle Akteure verfügen über metallurgische Kompetenz und Anlagen

Harings sprach von einem enormen Ausmaß der Organisation und einer hohen Professionalität der kriminellen Akteure. „Sie brauchen ganz klar metallurgische Kompetenz und auch Anlagen“, so der Aurubis-Chef. „Und es gibt Erkenntnisse, dass hier die organisierte Kriminalität solche Fähigkeiten aufgebaut hat.“ Weiterhin ist der Aurubis-Vorstand überzeugt, dass es „Innentäter“ gab. Harings: „Es hat Mitarbeiter gegeben, die sich insbesondere an dem Betrug und auch an den Diebstahlfällen mit beteiligt haben.“ Es gebe auch „klare Erkenntnisse, um welche Personen es sich hier handelt“.

Zu seiner eigenen Zukunft an der Aurubis-Spitze wollte sich Harings mit Blick auf die vom Aufsichtsrat angedeuteten personellen Konsequenzen nicht explizit äußern. Seine persönliche Erwartung sei, „dass die Untersuchungen ergeben, dass wir hier mit allen Sorgfaltspflichten und mit aller Verantwortung das Unternehmen geführt haben“.

Dass Aurubis nochmals in dieser Form bestohlen oder betrogen werden kann, hält Harings zudem für äußerst unwahrscheinlich. So habe der Konzern seine Sicherheitsvorkehrungen massiv verschärft. „Insbesondere die ergriffenen Maßnahmen zur Werksicherheit, aber auch zur Prozesssicherheit, die wir jetzt ergriffen haben, lassen uns mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass eine solche Thematik uns in den kommenden Jahren noch weiter behelligen wird“, sagte der Vorstandschef.

Auf die Sicherheit entscheidend einzahlen werde künftig auch der kürzlich bekannt gegebene Bau einer neuen Anlage zur Verarbeitung von Edelmetallen am Standort Hamburg. Mit der für Ende 2026 geplanten Inbetriebnahme der 300 Mio-€-Investition namens Precious Metals Refinery (PMR) bildet Aurubis den Angaben zufolge die gesamte Prozesskette der Edelmetallverarbeitung in einem abgeschlossenen Sicherheitsbereich ab. Beim Anlagen-Design wurden dabei auch die Erkenntnisse aus den umfangreichen Untersuchungen im Zusammenhang mit den kriminellen Handlungen gegen Aurubis berücksichtigt. (dpa / eigener Bericht)

Aktualisierung 21.12.2023:  Im Nachgang der von Aurubis am Mittwochnachmittag ausgerichteten Analysten-Konferenz hat EUWID den obigen Artikel nochmals aktualisiert. Der Artikel wurde u.a. um Aussagen von Konzernchef Roland Harings zur neuen Bedrohungslage durch die organisierte Kriminalität sowie zu den von Aurubis dagegen unternommenen Sicherheitsmaßnahmen ergänzt. Auch wurde die Höhe des von Aurubis im Geschäftsjahr 2022/23 durch manipulierte Metall-Proben erlittenen Schadens korrigiert. Der Metall-Fehlbestand summierte sich auf 169 Mio € und nicht wie ursprünglich kommuniziert auf 185 Mio €.

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