Rat und Parlament erzielen Einigung über Abfallverbringungsverordnung

Alle Altkunststoff-Lieferungen in Nicht-OECD-Staaten vorerst verboten

Vertreter des Europäischen Parlaments und des Rats haben am Donnerstag ihre Trilog-Verhandlungen über die Änderung der EU-Verordnung über die Verbringung von Abfällen (VVA) abgeschlossen. Ihr vorläufiger Kompromiss, der noch vom EU-Rat und dem Plenum des Parlaments bestätigt werden muss, sieht unter anderem ein Verbot der Ausfuhr nicht gefährlicher Kunststoffabfälle (B3011) in Nicht-OECD-Staaten vor. Exporte anderer Altkunststoffe in diese Länder sind bereits verboten. Die Lieferungen von B3011-Material sollen zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten der geänderten Verordnung unzulässig werden. Zu den betroffenen Staaten, die aktuell noch größere Mengen Kunststoffabfall aus der EU beziehen, gehören unter anderem Indonesien, Malaysia und Vietnam. 

Jedoch ist die Möglichkeit vorgesehen, dass Nicht-OECD-Staaten frühestens fünf Jahre nach Inkrafttreten der geänderten VVA ein Ersuchen an die EU-Kommission richten und sich bereit erklären können, Altkunststoffe aus der EU einzuführen. Damit dem Antrag stattgegeben werden kann, müssen hohe Standards bei der Abfallbewirtschaftung im Bestimmungsland nachgewiesen werden. Falls die Kommission den Antrag positiv bewertet, kann sie das Exportverbot für das betreffende Land durch einen delegierten Rechtsakt aufheben.

Diese Vorgehensweise entspricht in groben Zügen den Regelungen im ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission für die Ausfuhr aller Arten von Abfällen der grünen Liste zur Verwertung in Nicht-OECD-Staaten, nicht jedoch dessen Zeitplan. Für alle anderen Abfälle der grünen Liste wurde jedoch im Trilog-Kompromiss nach Auskunft aus dem Rat der zeitliche Ablauf des Kommissionsvorschlags beibehalten.

Dieser sieht vor, dass das Exportverbot drei Jahre nach dem Datum des Inkrafttretens der Verordnung zur Anwendung kommt. Länder, die weiterhin Abfälle der grünen Liste zur Verwertung aus der EU beziehen wollen, können innerhalb von neun Monaten nach Inkrafttreten der geänderten VVA einen entsprechenden Antrag für die spezifischen gewünschten Abfallarten an die Kommission senden können. Die Kommission sollte nach Prüfung und Bewertung der Anträge spätestens 30 Monate nach Inkrafttreten der geänderten VVA durch einen delegierten Rechtsakt eine Liste der Nicht-OECD-Staaten erlassen, in die Ausfuhren zulässig sind.

Beginnend ein halbes Jahr später, also drei Jahre nach Inkrafttreten, sollten dann nur noch Lieferungen von Abfällen der grünen Liste in diejenigen Nicht-OECD-Staaten zulässig sein, die auf dieser Liste stehen. Für Staaten, die die geforderten Nachweise erbringen können, dass sie die Importe umweltgerecht und ohne Verdrängung von Abfällen aus dem Inland verwerten können, würde also bei Einhaltung aller Fristen des ursprünglichen Vorschlags keine Unterbrechung bei der Belieferung bestehen. Als zusätzliches Bewertungskriterium für alle Anträge wurde nach Angaben der EU-Institutionen die Einhaltung der internationalen Übereinkommen über Arbeits- und Arbeitnehmerrechte in die VVA aufgenommen.

EU-spezifische Einträge für Kunststoffabfälle beibehalten

Das EU-Parlament hatte in seinem Verhandlungsmandat auch gefordert, bei der Verbringung von Kunststoffabfall innerhalb der EU keine Abweichungen von den Vorschriften des Basler Übereinkommens zuzulassen, und hatte für die Streichung der spezifischen Abfalllisteneinträge EU3011 und EU48 gestimmt. Dies hätte Lieferungen von nicht gefährlichen PVC- und PTFE-Abfällen innerhalb der EU dem Notifizierungsverfahren unterworfen, und die Einträge unterscheiden sich auch in anderen Aspekten. Im Trilog-Kompromiss wurden jedoch nach Auskunft aus dem Rat die beiden EU-spezifischen Einträge beibehalten, was die Verbringung aller unter Eintrag EU3011 gelisteten Altkunststoffe innerhalb der Union ohne Notifizierungsverfahren ermöglicht.

In Hinblick auf die Ausfuhr von Kunststoffabfällen aus der EU in andere Mitgliedstaaten der OECD einigten sich die Vertreter von Rat und Parlament den Angaben zufolge darauf, diese dem Verfahren der Vorab-Notifizierung und Genehmigung zu unterwerfen. Wie bereits im ursprünglichen Vorschlag vorgesehen wird die Kommission außerdem verpflichtet, die Exporte in OECD-Staaten zu überwachen um sicherzustellen, dass die Abfälle im Bestimmungsland umweltgerecht verwertet werden und sich die Lieferungen nicht signifikant auf Umwelt und menschliche Gesundheit auswirken. Hintergrund für diese Regelung ist unter anderem der große Anteil der EU-Altkunststoffexporte, der in das OECD-Mitgliedsland Türkei geliefert wird.

Das Europäische Parlament hatte in seiner Positionierung für die Verhandlungen gefordert, alle Exporte von Kunststoffabfällen aus der EU in Länder außerhalb der Union zu verbieten. Lieferungen in Nicht-OECD-Staaten sollten nach dem Willen des Parlaments ab Inkrafttreten der geänderten VVA nicht mehr zulässig sein, Ausfuhren in OECD-Staaten, die nicht Mitglied der EFTA sind, vier Jahre danach.

Zentrale elektronische Schnittstelle innerhalb von zwei Jahren

In den Trilogverhandlungen wurde außerdem vereinbart, dass zwei Jahre nach Inkrafttreten der geänderten VVA der Austausch von Informationen und Daten über die Verbringung von Abfällen in der EU über eine zentrale elektronische Schnittstelle digitalisiert wird. Dies soll die Transparenz und Berichterstattung verbessern.

Der Kompromiss sieht außerdem den Angaben zufolge für alle Verbringungen in Länder außerhalb der EU vor, dass die Verwertungsanlage im Bestimmungsland einem unabhängigen Audit unterzogen werden muss. Dabei soll geprüft werden, ob die Anlage Abfälle auf umweltverträgliche Weise behandelt. Die EU-Kommission soll ein Register einrichten, das aktuelle Informationen über Anlagen enthält, die einem solchen Audit unterzogen wurden, um Abfallexporteuren die Vorbereitung von Verbringungen zu erleichtern.

Bessere Kooperation der Mitgliedstaaten beim Vollzug des Verbringungsrechts

Des Weiteren ist die Schaffung einer Gruppe für den Vollzug der VVA vorgesehen, welche die Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten bei der Verhinderung und Aufdeckung illegaler Verbringungen verbessern soll. Die Länder werden außerdem verpflichtet, für Verstöße gegen die Bestimmungen der VVA „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen“ festzulegen, zu denen Geldstrafen und der Widerruf oder die vorübergehende Aussetzung von Genehmigungen gehören können. Die EU-Kommission wird die Berechtigung erhalten, in Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden Inspektionen durchzuführen, wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass illegale Abfallverbringungen stattfinden.

Der vollständige von den Verhandlungsdelegationen vereinbarte Gesetzestext ist noch nicht öffentlich verfügbar. Der Kompromiss muss nun sowohl vom Parlament als auch dem Rat förmlich bestätigt werden, damit er endgültig verabschiedet ist und nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft tritt. Diese Bestätigung gilt normalerweise als Formsache.

Dieser Artikel wurde am 21.11.2023 aktualisiert mit Informationen über den zeitlichen Ablauf für andere grün gelistete Abfälle als B3011-Kunststoffabfall und über die Abfalllisten-Einträge für Altkunststoffe.

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