In Deutschland werden zurzeit mehrere Anlagenprojekte zur thermischen Behandlung von teerhaltigem Straßenaufbruch vorangetrieben. Im Harz hat die Industriepark und Verwertungszentrum Harz GmbH (IVH) in Zusammenarbeit mit der Umweltdienste Kedenburg GmbH nun erstmals einen Genehmigungsantrag beim Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig eingereicht. Die Anlage am Standort Bad Harzburg im Landkreis Goslar soll über eine Jahreskapazität von 135.000 Tonnen verfügen. Die Bettels-Gruppe als Mutterkonzern der Umweltdienste Kedenburg und IVH arbeitet zudem schon an der Realisierung weiterer Anlagen an anderen Standorten.
Das jetzt beantragte Projekt trägt den Namen „Rohstoffrückgewinnung durch innovative Asphaltaufbereitung im Harz“, abgekürzt „RiA.H“. Zweck der Anlage seien die schadlose Entfernung der Schadstoffgruppe Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) aus regionalem Straßenaufbruch sowie die Rückgewinnung der ursprünglichen mineralischen Rohstoffkomponenten zur Wiederverwendung, erklären IVH und die Umweltdienste Kedenburg in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Die gesteinsschonende thermische Behandlung werde mit einem patentierten Verfahren der baden-württembergischen Firma Eisenmann Environmental Technology erfolgen. Dieses wurde von der Bettels-Gruppe gemeinsam mit dem Patentinhaber über vier Jahre in mehreren Studien sowie (großtechnischen) Versuchen entwickelt und an die Bedingungen für den beantragten Standort in Bad Harzburg – Harlingerode angepasst.
Thermische Behandlung bei 600 Grad Celsius
Das Verfahren sieht eine thermische Behandlung des teerhaltigen Straßenaufbruchs bei ca. 600 Grad Celsius vor. Hierbei werden die PAK-Schadstoffe und die Bindemittel im Asphalt ausgetrieben und exotherm oxidiert. Die regenerierten, von Schadstoff und Organik befreiten mineralischen Grundstoffe werden direkt klassiert, qualitätsüberwacht und sollen als wiederverwendungsfähige Rohstoffe in Baustoffen wie Asphaltmischgut oder Beton erneut ihren hochwertigen Einsatz finden.
Wie es heißt, konnte in einem Forschungsvorhaben der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) sowie durch Untersuchungen eines akkreditierten Prüfinstituts die uneingeschränkte Wiederverwendung der thermisch behandelten Gesteinskörnungen im Straßen- und Betonbau nachgewiesen werden. Dies sei ein deutlicher Fortschritt in der Ressourcenschonung und dem Umweltschutz im Straßen- und Betonbau in Deutschland. Die Behandlungsanlage werde somit künftig einen wesentlichen Beitrag zum Stoffkreislauf leisten.
Aktuell fallen in Deutschland jedes Jahr über drei Mio Tonnen als gefährlich eingestufter teerhaltiger Straßenaufbruch an. Die Entsorgung dieser Abfälle gilt als problematisch. Seit 2018 ist die direkte Verwertung in hydraulisch gebundenen Tragschichten von Bundesfernstraßen untersagt. Stattdessen empfiehlt die Bundesregierung thermische Behandlungsverfahren mit anschließender stofflicher Verwertung des Mineralkorns. Eine solche Anlage betreibt bisher allerdings nur das niederländische Unternehmen Reko in Rotterdam, weswegen die deutschen Ausfuhren von PAK-Straßenaufbruch in den letzten Jahren stark angestiegen sind.
Bisher drei bekannte Anlagenprojekte in Deutschland
Die von der Hildesheimer Bettels-Gruppe nun im Harz geplante Anlage ist eines von aktuell drei bekannten Projekten, auch in Deutschland thermische Behandlungsanlagen für teerhaltigen Straßenaufbruch zu realisieren. Die beiden anderen Anlagen – das Projekt NovoRock von Strabag und Paul Kleinkneck sowie das Projekt VESTA des Baustoffrecyclers Fischer Weilheim – sollen in Baden-Württemberg entstehen. Noch wurden für diese Anlagen aber keine Genehmigungsanträge gestellt.
Darüber hinaus arbeitet die niedersächsische Unternehmensgruppe Bettels schon an weiteren Anlagenprojekten. Man sei mit potenziellen Partnern im Gespräch, um das Verfahrenskonzept „RiA“ auch an anderen Standorten zu realisieren. Diese könnten sich auch in anderen Bundesländern befinden.
