BDE und VKU begrüßen Einigung im Trilog auf EU-Verpackungsverordnung

IK kritisiert Sonderregeln zu Lasten von Kunststoffverpackungen

Die Einigung der Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Länder auf die EU-Verpackungsverordnung (PPWR) am Montagabend in Brüssel trifft auf ein unterschiedliches Echo. Die neuen Regeln müssen noch von den Ländern und dem EU-Parlament formell angenommen werden. Sie sollen dann 18 Monate nach Inkrafttreten der PPWR gelten. Indes geht die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen von einer Verabschiedung zu Beginn des nächsten Jahres aus.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) äußerte sich zum gefundenen Kompromiss positiv. „Der historische Höchststand bei Verpackungsabfällen kann nur durch eine stringente Abfallvermeidung und der Förderung von Wiederverwendung und Recycling verringert werden“, sagte Vizepräsident Patrick Hasenkamp. „Wir begrüßen die Einigung auf europäischer Ebene und fordern zwingend eine schnelle Bestätigung des Kompromisses durch das EU-Parlament und den Rat der EU – insbesondere auch durch die deutsche Bundesregierung. Auf den letzten Metern darf es nicht noch eine Blockade geben“, so Hasenkamp weiter.

Die Ziele zur Rezyklierbarkeit bis 2030 wären voraussichtlich unerfüllbar, sollte der Gesetzgebungsprozess nicht noch in dieser EU-Legislaturperiode abgeschlossen werden können. Deutschland müsse sich dafür ambitioniert und unterstützend in der Verpackungsverordnung in Brüssel zeigen und ein verlässlicher und konstruktiver Partner auf europäischer Ebene sein, fordert der VKU-Vizepräsident.

BDE appelliert an Ampel, Kompromiss nicht zu torpedieren

Auch der Entsorgerverband BDE reagierte „sehr erleichtert“ auf die vorläufige Einigung zur EU-Verpackungsverordnung. Dies sei ein „richtiges und wichtiges Votum“, erklärte der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft. Die EU-weit geltenden neuen Regeln für Verpackungen seien dringend notwendig, um die hochwertige ressourcen- und klimaschonende Kreislaufführung von Verpackungsabfällen weiterzuentwickeln. „Genau dies ist wichtig“, sagte BDE-Hauptgeschäftsführer Andreas Bruckschen am Dienstag in Berlin.

In der vorläufigen Einigung werden auch Rezyklateinsatzquoten in Kunststoffverpackungen für 2030 und 2040 festgelegt. Die Kommission wird die Umsetzung der Quoten für 2030 überprüfen und die Quoten für 2040 im Rahmen einer Revision eventuell anpassen. Nach Informationen des BDE müssen der vorläufigen Einigung zu Folge die verwendeten Rezyklate zur Erreichung der Einsatzquoten für Kunststoffverpackungen aus Abfällen gewonnen werden, die zuvor als Produkt innerhalb der EU in Verkehr gebracht worden und dort als Abfall angefallen sind.

Die Kommission hatte diesbezüglich in letzter Minute Bedenken handelsrechtlicher Natur geäußert, die Parlament und Rat aber nicht teilen. Bislang haben niedrige Preise für Primärkunststoffe und zunehmend auch Importe vermeintlicher Kunststoffrezyklate den bereits sehr angespannten Markt für Rezyklate erheblich unter Druck gesetzt und bereits zu Stilllegungen von Kunststoffrecyclinganlagen in Deutschland geführt.

Daher begrüßt der BDE außerordentlich, dass sich Rat und Parlament über die Bedenken der Kommission hinweggesetzt haben. „Nach dieser nun gefundenen Einigung ist es wichtig, dass die Kompromisse, auf die sich die Verhandlungsführer am Montagabend geeinigt hatten, im Rat von einzelnen Mitgliedstaaten nicht im Nachhinein in Frage gestellt werden. Wir appellieren daher noch einmal ausdrücklich an die Bundesregierung, die Verpackungsverordnung nicht zu torpedieren, sondern zu unterstützen. Das Gesetzgebungsverfahren muss jetzt abgeschlossen werden, damit wir zügig die Kreislaufführung von Verpackungen erreichen“, so BDE-Hauptgeschäftsführer Bruckschen.

IK kritisiert Sonderregeln

Die Hersteller von Kunststoffverpackungen kritisieren indes die zahlreichen Sonderregeln für Verpackungen aus Kunststoff und Ausnahmen für Papier- und Kartonverpackungen. „Anstatt die Menge an Verpackungsabfällen wirksam zu reduzieren und der Wirtschaft klare und umsetzbare Regeln zu geben, würden die gestern beschlossenen Regelungen zu mehr Verpackungsabfällen, schlechter recycelbaren Verpackungen und einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen“, meint die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen. Sie ruft daher Kommission, Rat und Parlament dazu auf, bei der juristischen Überprüfung für faire und effektive Regeln für alle Verpackungsmaterialien zu sorgen.

Aus Sicht der IK müsse es gleiche Regeln für alle Materialien geben. Viele Regeln würden nur für Kunststoffverpackungen gelten oder sehen Ausnahmen für andere Verpackungsmaterialien vor, was mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen den EU-rechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße. „Wir fordern die Entscheider auf, die unrechtmäßigen Sonderregeln zu streichen und gleiche Regeln für alle Verpackungsmaterialien zu schaffen“, fordert Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer der IK. „Die EU-Kommission prüft derzeit, ob sie der vorläufigen Einigung zustimmen kann. Wir sehen in der Überprüfung des Kompromisses die Chance, klare und vor allem rechtssichere Regelungen zu treffen“, so Engelmann.

Verbote und Wiederverwendungsvorgaben gebe es ausschließlich für Kunststoffverpackungen, was lediglich zu einem Ausweichen auf Einwegverpackungen aus anderen Materialien, z.B. Papier- und Kartonverpackungen führe, die im Vergleich zu Kunststoffverpackungen oft weniger nachhaltig sind. „Außerdem sorgt die Ausnahme von Verpackungen mit weniger als fünf Prozent Kunststoffanteil von den Rezyklateinsatzquoten dafür, dass reine Kunststoffverpackungen durch schlecht recyclebare kunststoffbeschichtete Kartonagen ersetzt werden“, kritisiert Isabell Schmidt, Geschäftsführerin Kreislaufwirtschaft in der IK. Insgesamt begünstigten die Sonderregelungen eine Verschiebung hin zu dickeren und schwereren Verpackungsmaterialien und damit zu mehr Verpackungsmüll und mehr CO2-Emissionen.

IK: Endgültige Verabschiedung wohl erst 2025

IK-Hauptgeschäftsführer Engelmann geht davon aus, dass die neue Verordnung wohl erst Anfang 2025 vom neuen EU-Parlament verabschiedet wird. Grund dafür sei, dass die finale Vereinbarung noch von den Juristen geprüft werden muss. Daher könnte zwar das aktuelle Parlament in seiner letzten Sitzungswoche Ende April noch über den vorläufigen Kompromiss abstimmen. Wegen der noch ausstehenden juristischen Prüfung und der zu erwartenden Änderungen wird allerdings die letzte Entscheidung bei dem neu gewählten Parlament liegen, das sich vermutlich erst Anfang 2025 mit der PPWR befassen wird.

Die SPD-Europaabgeordnete Delara Burkhardt nannte die Entscheidung einen wichtigen „Schritt hin zu einer nachhaltigeren Zukunft für Europa“. Die Reform bedeute mehr Umweltschutz, weniger Müll und stärkere Rechte für Verbraucherinnen und Verbraucher. Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese sprach von einer „Zeitenwende in der EU-Politik“ und betonte, dass Recycling und Wiederverwendung in der Einigung gleich behandelt werden. Mehrweg müsse nicht automatisch das Beste für die Umwelt sein. Liese zufolge werden mit den neuen Regeln für Verpackungen nicht nur die wachsende Flut an Plastikmüll bekämpft, sondern auch Ressourcen geschont und der Kreislaufwirtschaft einen Kick gegeben. Einige wichtige Elemente des Kommissionsvorschlags, wie detaillierte und übertriebene Verbote, seien allerdings bei vielen Unternehmen und der Mehrheit der Europaabgeordneten auf massive Kritik gestoßen. Diese seien jedoch klar entschärft worden.

„Ich bin besonders froh, dass das Verbot von Kleinstverpackungen aus Papier wie Zuckertütchen und ähnlich überdetaillierte Regeln aus der Feder des ausgeschiedenen Kommissars Frans Timmermans vom Tisch sind. Auch Recycling und Wiederverwendung werden in der Einigung gleich behandelt. Schließlich muss Mehrweg nicht automatisch das Beste für die Umwelt sein. Damit sind viele Kernforderungen der EVP aufgenommen worden.“ Einige Details der Einigung lägen noch nicht schriftlich vor. Deshalb könne eine abschließende Bewertung natürlich erst geschehen, wenn die Fraktion darüber beraten hat, „aber ich sehe das Ergebnis insgesamt positiv“, erklärte der Europaabgeordnete.

Kritik kommt indes vom Wirtschaftsrat der CDU. Die neuen Regeln bei Verpackungen werden Unternehmen vor kaum lösbare Probleme stellen, sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger. Auch für Verbraucher werde die gegenwärtige Verordnung „unerfreuliche Folgen“ haben. „Die steigenden Preise für Umverpackungen werden an den Supermarktkassen deutlich zu spüren sein“, sagte Steiger. „Während viele der angedachten Recyclingquoten in Deutschland bereits ohne ordnungsrechtliche Vorgabe erreicht werden, sind andere Ziele praxisfern und öffnen die Tür für ungewollte Fehlentwicklungen“, befürchtet der Generalsekretär des Wirtschaftsrates. Der vorgesehene Einsatz von Rezyklaten bei Lebensmittelverpackungen werde die Unternehmen vor kaum lösbare Probleme stellen. „Jeder, der sich nur ansatzweise mit Lebensmittrecht beschäftigt hat, weiß, dass es kaum ausreichend zugelassene Rezyklate zur Erfüllung der strikten Verpackungsvorgaben in diesem sensiblen Bereich gibt. Dass derartige Stimmen kein Gehör finden, ist vollkommen unverständlich. In der Konsequenz reguliert man fröhlich an der Praxis vorbei“, so Steiger.      

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