Weg wohl frei für EU-Verpackungsverordnung

Die Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten haben heute in Brüssel den Kompromisstext zur Verpackungsverordnung zwischen EU-Rat, EU-Kommission und EU-Parlament angenommen. Um 13 Uhr verkündete die belgische Ratspräsidentschaft den Durchbruch.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke sagte, die Verordnung biete die Chance, die Verpackungsflut wirksam zu reduzieren. „Hersteller müssen künftig ihre Verpackung so gestalten, dass die Verpackung selbst und ihre Materialien immer wieder verwendet werden können“, sagte die Grünen-Politikerin. Das sei ein großer Fortschritt. „Die Verpackungsbranche bekommt EU-weit einheitliche Spielregeln und damit die nötige Planungssicherheit, die sie seit Langem fordert.“

Der CDU-Abgeordnete Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP), begrüßte die Entscheidung. „Die Verpackungsverordnung war in ihrer Ursprungsversion ein bürokratisches Monstrum und konnte deshalb so nicht akzeptiert werden. Wir haben es allerdings sowohl im Europäischen Parlament als auch in den Trilogverhandlungen geschafft, sie substanziell umzuschreiben. Nicht nur die deutsche Entsorgungswirtschaft, sondern insbesondere auch die Hersteller von Papier und Pappe sind nach substanziellen Änderungen jetzt mit dem Vorschlag einverstanden. Deshalb hat meine Fraktion vor, dem Text am kommenden Dienstag im Umweltausschuss zuzustimmen“, so Liese in einer ersten Reaktion.

Die Europaabgeordnete Delara Burkhart von der SPD sagte, „unsere harte Verhandlungsführung hat Früchte getragen. In Nachverhandlungen zur EU-Verpackungsverordnung konnten wir die Zustimmung Italiens zur Verpackungsverordnung und zum Lieferkettengesetz sichern. Die Schatten-Diplomatie der FDP gegen die Bundesregierung ist gescheitert.“

Zuvor war spekuliert worden, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) Deutschlands Zustimmung zur EU-Verpackungsverordnung blockieren wolle. Umweltministerin Steffi Lemke betonte zuvor beim DVI-Verpackungskongress gestern hingegen, die Regierung habe alle ihre Forderungen in den Abstimmungen im EU-Trilog durchgesetzt. „Wir brauchen ein wirksames Instrument gegen die Verpackungsflut", sagte die Grünen-Politikerin und warnte vor einer Blockade.

Die Bundesregierung hat sich Regierungskreisen zufolge am Donnerstagabend in Spitzengesprächen auf ein Ja zur EU-Verpackungsverordnung geeinigt. Deutschland sprach sich dann bei der Abstimmung für die neue Verordnung aus, hat aber Bedenken wegen einer sogenannten Spiegelklausel, diese sei „aus deutscher Sicht handelspolitisch problematisch, da sie als protektionistisches Instrument Handelshemmnisse schafft“, heißt es in einer Protokollerklärung.

Die FDP hatte Bedenken wegen einer Belastung der Wirtschaft durch das EU-Vorhaben. So sieht die Verordnung Mehrweg-Mindestquoten etwa bei Industrieverpackungen vor, die über die Jahre erhöht werden sollen. Einweg-Verpackungen werden zu großen Teilen nach 2030 komplett verboten. Dies sei eine erhebliche Ausweitung gegenüber dem Ursprungsvorschlag der Kommission, beklagten Verbände der Verpackungs- und Ernährungsindustrie, in einem Brief an das Umweltministerium.

Umweltministerin Lemke verwies darauf, dass ein Trilog-Ergebnis in der EU immer ein Kompromiss sei. „Ich halte es deshalb für fahrlässig, diese intensive fachpolitische Arbeit und diplomatische Leistung von mehreren Monaten Arbeit von 27 Mitgliedstaaten der EU aufs Spiel zu setzen. Auf den letzten Zentimetern". Auch die Umweltseite habe nicht alle Punkte durchsetzen können. Eine nicht perfekte Verordnung sei aber besser als gar keine.

In einer EUWID vorliegenden Bewertung der vorläufigen politischen Einigung nach dem Trilog hielt das federführende Verkehrsministerium von Volker Wissing (FDP) das Ergebnis für nicht zustimmungsfähig. Problematisch sei die Aufnahme einer „Mirror Clause“ für Rezyklatimporte von außerhalb der EU sowie eine nicht ausreichende Berücksichtigung von Ökobilanzen. Die Bundesregierung habe sich darauf verständigt, dass verbindliche Quoten für 2040 nur festgelegt werden können, wenn diese auf Grundlage der Evaluierung mittels Ökobilanzen ökologisch sinnvoll und erfüllbar sind. Die jetzige Evaluationsklausel der EU-Verordnung sehe aber eine solche Evaluierung von Quoten mittels Ökobilanzen nicht vor. Weitere kritische Regelungen seien kritische und die Wirtschaft belastende Regelungen wie die Beschränkungen zu PFAS sowie das Verbot des Inverkehrbringens von Schrumpffolien und auch die Ausweitung und Erhöhung der Mehrwegquoten für Industrieverpackungen.

Erleichterung beim BDE

Mit Erleichterung reagierte der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft auf die Einigung im Rat der Ständigen Vertreter mit qualifizierter Mehrheit auch durch Unterstützung Deutschlands. „Das stimmt uns zuversichtlich für die förmliche Annahme im Ministerrat, die noch aussteht. Die hier richtig gesetzten verpflichtenden Rezyklateinsatzquoten sind genau das Instrument, das wir brauchen, um zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe zu kommen und die Klimaziele der EU zu erreichen“, erklärte BDE-Hauptgeschäftsführer Andreas Bruckschen am Freitag in Berlin.

Belgiens EU-Ratspräsidentschaft habe bis zuletzt daran gearbeitet, einen für alle gangbaren Kompromiss zu finden. Um dies zu erreichen, hat Belgien weitere Änderungen und Klarstellungen am Text der politischen Einigung, die am 04. März erzielt worden war, vorgenommen. Sie zielen insbesondere auch darauf ab, einen Kompromiss für die Regelungen bezüglich der für die Mindestrezyklateinsatzquoten anrechenbaren Rezyklate, die zuletzt für Unstimmigkeiten bei der Europäischen Kommission geführt hatten, zu erzielen. Änderungen nach Trilogen sind ungewöhnlich. Um diese dennoch vornehmen zu können, musste die Ratspräsidentschaft das Parlament konsultieren, das sein grünes Licht gab. Nach der sogenannten Spiegelklausel darf das künftig in Kunststoffverpackungen einzusetzende Rezyklat sowohl aus der EU stammen oder außerhalb der EU recycelt worden sein, wenn es europäischen Qualitäts- und Nachhaltigkeitsanforderungen für Rezyklate entspricht. Der hierfür benötigten Kunststoffabfälle können ebenfalls sowohl in der EU als auch in Drittstaaten gesammelt worden sein. Allerdings müssen in Drittstaaten bei der Sammlung und dem Recycling Umweltstandards eingehalten werden, die den in der EU geltenden Standards entsprechen. Damit konnten handelsrechtliche Bedenken ausgeräumt werden.

„Das heute auch mit der Stimme Deutschlands erzielte Ergebnis muss unbedingt auch bei der finalen Abstimmung im Rat erreicht werden. Die Kreislaufwirtschaft braucht zügig klare Regeln für Verpackungen, um die ambitionierten Ziele beim Verpackungsdesign und der Stabilisierung der Rezyklatmärkte zu erreichen“, sagte BDE-Hauptgeschäftsführer Bruckschen.

Im nächsten Schritt muss nun der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments am 19. März und dann das Plenum des Europäischen Parlaments am 24. April über den Gesetzestext entscheiden, bevor die EU-Umweltminister im Umweltrat die formelle Zustimmung erteilen, was als Formsache gilt.         

 

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