Gasmangel: Bundestag beschließt BImSchV-Ausnahmen für mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlagen

Angesichts der aktuellen Gasmangellage will die Bundesregierung immissionsschutzrechtliche Ausnahmen insbesondere für die Abgasreinigung von mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen (MBA) ermöglichen. Der Bundestag hat gestern einem entsprechendem Verordnungsentwurf zugestimmt. Betroffen hiervon sind rund 30 MBA.

Durch den aktuellen Gasmangel könne nicht ausgeschlossen werden, dass dadurch der ordnungsgemäße Betrieb dieser Anlagen gefährdet wird. Insbesondere könnte das für den Betrieb der Abgasreinigung erforderliche Gas infolge von Rationierungen in der Notfalllage nach dem Notfallplan Gas knapp werden oder fehlen, heißt es im Verordnungsentwurf. In Fällen eines solchen Versorgungsnotstandes sei die Zulassung von Ausnahmen die einzige Alternative zur Stilllegung der Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen, da dann die genehmigten Emissionswerte nicht mehr eingehalten werden können. Eine kurzfristige Stilllegung dieser Anlagen sei jedoch im Regelfall nicht möglich, da sie zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit benötigt werden und prozessbedingt die teils mehrwöchige Behandlung der bereits in den Anlagen befindlichen Abfälle abgeschlossen werden muss.

Ziel der angestrebten Änderung ist es daher, den zuständigen Behörden – beschränkt auf die Gasmangellage – über zusätzliche Ausnahmemöglichkeiten weitere Instrumente an die Hand zu geben, um angemessen und flexibel auf derzeit noch nicht vollständig absehbare Konsequenzen einer möglichen Notfalllage für mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlagen reagieren zu können. Die vorgesehenen Ausnahmeregelungen sollen direkt nach Veröffentlichung der Verordnung in Kraft treten, aber nur für zwei Jahre gelten.

Umweltausschuss für Ausnahmeregelung wegen Sondersituation

Der Bundestag folgte in der gestrigen Abstimmung der Empfehlung des zuständigen Umweltausschusses. Dort hatten Vertreter nahezu aller Fraktionen eine Zustimmung zu der Verordnung empfohlen – lediglich die Linken enthielten sich der Stimme. Die SPD-Vertreter im Ausschuss bezeichneten die in der Verordnung geplanten Ausnahmen zwar als „bedauerlich“, angesichts des Gasmangels sei dieser Schritt aber leider notwendig, um für den Fall der Fälle vorbereitet zu sein.

Die Grünen betonten, dass es bei den Ausnahmen nicht um wirtschaftliche Erleichterungen gehe, sondern um Maßnahmen, die der außergewöhnlichen Situation geschuldet seien. Die materiell-rechtlichen Schutzziele des Bundes-Immissionsschutzgesetz würden nicht abgesenkt. Angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine befinde man sich in einer absoluten Notsituation. Auf diese besondere Situation müsse die Bundesregierung notgedrungen reagieren. Dazu gehöre auch die Sicherstellung der Entsorgungssicherheit.

Linke beklagen unklare Definition

Die Linken erachten die vorgesehene Ausnahmereglung zwar ebenfalls für sinnvoll und notwendig. Problematisch sei jedoch, dass in der Verordnung nicht klar genug definiert sei, wann die Ausnahme greifen solle. Dadurch könnten Anlagenbetreiber nicht nur aus einer Notlage heraus von der Ausnahme Gebrauch machen, sondern auch aus rein wirtschaftlichen Gründen, befürchtet die Fraktion. Die Verordnung definiert als Voraussetzung für eine Ausnahme eine „durch eine ernste und erhebliche Gasmangellage ausgelöste Notwendigkeit“. Das seien dehnbare Rechtsbegriffe, die zu viel Spielraum ließen, begründen die Linken ihre Enthaltung im Umweltausschuss.

Die Arbeitsgemeinschaft Stoffspezifische Abfallbehandlung (ASA) hatte bereits vor Wochen auf die Konsequenzen der Gasmangellage hingewiesen und betont, dass eine kurzfristige Stilllegung von MBA aufgrund fehlender Abluftreinigung auf jeden Fall nicht möglich sei, da sie zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit benötigt würden. Darüber hinaus müsste die Behandlung der bereits in den Anlagen befindlichen Abfälle abgeschlossen werden.

„Im Notfall ist die einzige Alternative zur Stilllegung der betroffenen MBA-Anlagen somit eine Zulassung von Ausnahmen im Immissionsschutzrecht und/oder im Abfallrecht“, betonte etwa Katrin Büscher, Geschäftsführerin und Juristin der ASA. Die Ausnahmen seien notwendig, da die genehmigten Emissionswerte in den Anlagen ohne den Einsatz von Erdgas in der Abluftreinigung in der Notfalllage nicht mehr eingehalten werden können, bestätigte auch Johanna Weppel, Referentin und Umweltingenieurin bei der ASA.

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