Bundestag beschließt Abgabensätze für Einwegkunststofffonds

Der Bundestag hat gestern die Höhe der Abgabensätze für den neuen Einwegkunststofffonds beschlossen. Mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP stimmte das Parlament der vom Bundesumweltministerium vorgelegten Einwegkunststofffondsverordnung ohne Änderungen zu. Damit wurde nicht nur die Höhe für die von Herstellern zu zahlende Einwegkunststoffabgabe verbindlich festgelegt, sondern auch das Punktesystem für die Auszahlung der Mittel zur Beseitigung des Litterings an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger definiert.

Die Abgabensätze wurden im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie des Umweltbundesamtes für neun verschiedene Gruppen von Einwegkunststoffprodukten ermittelt. Die Höhe je Kilogramm für in Verkehr gebrachte Produkte reicht dabei von 0,1 Cent für Getränkebehälter mit Pfand bis zu 8,97 € für Tabakfilter – alle Abgabensätze für die verschiedenen Produktgruppen lesen Sie unten.

Aus diesen Abgabesätzen und der in Verkehr gebrachten Menge ergibt sich die konkrete Belastung der einzelnen Unternehmen. Die Hersteller müssen die Abgabe erstmals ab dem Frühjahr 2025 leisten. Basis dafür ist die im Kalenderjahr 2024 in Verkehr gebrachte Menge. Zur Abwicklung des Einwegkunststofffonds entwickelt das UBA derzeit die erforderlichen Datenbanken, erklärt das Bundesumweltministerium. Die Registrierung der Hersteller und Anspruchsberechtigen soll pünktlich zum 1. Januar 2024 starten.

Die Regierung rechnet damit, dass über die Abgabe jährlich 436 Mio € zusammenkommen. Mit dieser Summe sollen die Kommunen für ihre Anstrengungen zur Beseitigung der Littering-Folgen entschädigt werden. Die Erstattung der bei den Kommunen anfallenden Kosten für erbrachte Reinigungs-, Sammlungs-, Entsorgungs- und Sensibilisierungsleistungen erfolgt dabei anhand eines Punktesystems. Man habe darauf geachtet, dass die von den Anspruchsberechtigten anzugebenden Kennzahlen so genau wie nötig, aber so unbürokratisch wie möglich festgelegt wurden, betont das Umweltministerium.

So müssen die Kommunen beispielsweise das Papierkorbvolumen, die gefahrenen Reinigungskilometer und die entsorgte Abfallmenge angeben. Für das Reinigen von Strecken erhalten die Kommunen dann pro Kilometer zehn Punkte, für gereinigte Flächen drei Punkte je 1.000 Quadratmeter und für die Entsorgung einer Tonne Abfall 31,5 Punkte.

Die Abgabesätze und das Punktesystem müssen künftig alle drei Jahre durch die Bundesregierung überprüft werden. Das UBA werde dazu erneut eine Studie zur Ermittlung der notwendigen Daten in Auftrag geben, heißt es vom Ministerium weiter. Bei der Konzeptionierung dieser Studie und der anschließenden Änderung der Verordnung werde auch die neue Einwegkunststoffkommission beteiligt. Die Kommission setzt sich aus Vertretern der betroffenen Hersteller, der Kommunen sowie der Umwelt- und Verbraucherverbände zusammen und hat gestern das erste Mal getagt. Dabei wurden Thorsten Plutta von der Pro-S-Pack Arbeitsgemeinschaft für Serviceverpackungen als Vorsitzender sowie Holger Thärichen vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) zu seinem Stellvertreter gewählt, wie das Umweltbundesamt im Nachgang zu der Sitzung mitteilte.

„Zigarettenkippen, To-Go-Becher und Einmal-Essensbehälter landen viel zu oft an Straßenrändern, in unseren Parks und Wäldern und sind Ausdruck der Verschmutzungskrise. Die Kosten für Reinigung und Entsorgung des achtlos weggeworfenen Wegwerfplastiks trägt bislang die Allgemeinheit. Das wird sich ab 2024 ändern. Wer sein Geschäft darauf stützt, Wegwerfprodukte aus Plastik auf den Markt zu bringen, wird sich dann an den Sammlungs- und Reinigungskosten der Kommunen beteiligen“, erklärte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) im Anschluss an die Bundestagsentscheidung.

Union kritisiert zusätzliche Bürokratie, Linke finden Abgabensätze zu niedrig

Auf Ablehnung stößt die Verordnung bei der Opposition im Bundestag. Die Union kritisiert das Vorhaben vor allem wegen der zusätzlichen Bürokratiekosten, die durch die Verwaltung des Fonds beim Umweltbundesamt entstehen. Die Regierung hätte lieber auf eine privatwirtschaftliche Lösung unter Einbeziehung der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) setzen sollen, forderte die Fraktion von CDU/CSU bei der Diskussion der Verordnung im zuständigen Bundesumweltausschuss. Die Union verweist dabei auf 30 neue Planstellen beim UBA und zusätzliche Verwaltungskosten von rund 3,3 Mio € im Jahr. „Dieses Geld steht den Kommunen dann nicht zu und belastet die Steuerzahler zusätzlich“, erklärte der CDU-Bundestagsabgeordnete Björn Simon gestern während der Debatte im Bundestag.

Die Linken kritisierten, dass die Verordnung keine Anreize zur Vermeidung von Einwegkunststoffen vorsehe. Die auf die Stückzahlen bezogenen Abgabensätze seien „lächerlich und viel zu niedrig“, sagte der Abgeordnete Ralph Lenkert im Bundestag. Außerdem verpasse man die Chance, einen Beitrag zum Aufbau von Mehrwegstrukturen zu leisten, erklärte die Fraktion im Umweltausschuss. Das Ziel der Einwegkunststoffrichtlinie, die Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt zu vermindern, werde daher verfehlt.

Abgabensätze der Einwegkunststoffverordnung

Je Kilogramm in Verkehr gebrachte Produkte müssen die Hersteller künftig folgende Abgaben zahlen:
• Tabakfilter: 8,972 €
• To-Go-Getränkebecher: 1,236 €
• To-Go-Lebensmittelbehälter: 0,177 €
• Tüten und Folienverpackungen: 0,876 €
• Getränkebehälter ohne Pfand: 0,181 €
• Getränkebehälter mit Pfand: 0,001 €
• leichte Plastiktüten: 3,801 €
• Feuchttücher: 0,061 €
• Luftballons: 4,340 €

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