Umwelthilfe kritisiert Aldi, Lidl und Co. wegen zu viel Verpackungsmüll

In deutschen Supermärkten und Discountern werde weiterhin zu viel Verpackungsmüll produziert. Zu diesem Ergebnis kommt die Deutsche Umwelthilfe nach Testbesuchen in 48 Filialen von zwölf Supermarkt-, Discounter- und Biomarktketten. Die Unternehmen setzten weiterhin zu oft auf Einwegverpackungen statt auf Mehrweglösungen und Abfallvermeidung, kritisiert die DUH.

Die Supermärkte und Discounter Aldi Nord, Aldi Süd, Norma, Lidl, Netto Marken-Discount, Penny und Kaufland erhielten nach dem Verpackungscheck der Umwelthilfe allesamt Rote Karten. Als größte Verpackungssünder macht die DUH über alle untersuchten Kategorien hinweg erneut die beiden Discounter Aldi Nord und Süd aus. Trauriger Spitzenreiter sei Aldi Nord, da in den untersuchten Filialen weiterhin mehr als 70 Prozent des Obstes und Gemüses verpackt angeboten wird. Die beiden Ketten und der Konkurrent Lidl bieten zudem ausschließlich Einweg-Verpackungen bei Getränken statt regionaler Mehrwegflaschen an, moniert die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation weiter.

Edeka und Rewe erhielten als einzige Supermärkte eine Gelbe Karte. Hier sieht die DUH aber noch deutlichen Verbesserungsbedarf in den Kategorien Obst und Gemüse, Getränkeverpackungen, Milch und Joghurt. Die Biomärkte Denns, Bio Company und Alnatura hätten hingegen erneut zufriedenstellend abgeschnitten und erhielten daher in der Bewertung der Umwelthilfe eine Grüne Karte.

Für Barbara Metz belegen die Ergebnisse der Testbesuche, dass Supermärkte und Discounter die Verpackungswende nicht aus eigener Kraft schaffen. „Sogar robuste Standardprodukte wie Karotten, Äpfel oder Paprika werden häufiger in Einweg verpackt als unverpackt angeboten. Im Vergleich zum letztjährigen Verpackungscheck gab es kaum Verbesserungen“, kritisiert die DUH-Bundesgeschäftsführerin. Umweltministerin Steffi Lemke müsse das Müllproblem daher durch verbindliche Vorgaben lösen. So soll der Verpackungsmüll bis 2027 auf jährlich 120 Kilogramm pro Kopf halbiert und eine zusätzliche Einweg-Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-Plastikflaschen, Dosen und Getränkekartons eingeführt werden. Außerdem sollte die sogenannte Plastiksteuer für nicht recycelte Plastikverpackungen auf die verantwortlichen Unternehmen umgelegt und die an die EU zu überweisende Summe nicht weiter aus dem Bundeshaushalt finanziert werden, fordert Metz weiter.

Neben dem Obst- und Gemüsesortiment sieht die DUH auch beim Getränkesortiment, bei Milch- und Joghurtprodukten sowie den Frische- und SB-Theken Nachholbedarf. Das Angebot von Mehrwegflaschen habe insgesamt deutlich unter der im Verpackungsgesetz festgelegten Quote von 70 Prozent gelegen. Für Milch und Joghurt habe man zwar in einigen Supermärkten Mehrweg vorgefunden, allerdings nur in „marginalen“ Mengen. Bei Aldi Süd, Aldi Nord oder Lidl konnte zum wiederholten Male kein Mehrwegangebot festgestellt werden.

Kaum Mehrwegbecher und -boxen an Frischetheken

Besonders verbraucherfreundliche Pool-Mehrwegbecher und -Essensboxen an Frischetheken oder für den Coffee-to-go wurden so gut wie gar nicht angeboten. Von Verbrauchern mitgebrachte Mehrwegboxen seien an der Supermarktheke, zum Beispiel bei Kaufland, sogar zurückgewiesen worden. Abfüllstationen für trockene Lebensmittel wie Reis oder Nudeln fanden die Tester der Umwelthilfe ausschließlich bei Bio Company.

„Neben zahlreichen Negativbeispielen zeigt unser Verpackungscheck auch Akteure, die vormachen, wie Verpackungsabfälle konsequent vermieden werden können. Die Biomärkte Denns Biomarkt, Bio Company und Alnatura schnitten in allen untersuchten Produktkategorien besser ab als Supermarkt- und Discounterketten. Besonders bei Obst und Gemüse sowie Getränken haben sie weitestgehend auf unverpackte Ware und Mehrweglösungen gesetzt – beginnend bei der klassischen Mehrwegflasche, dem Mehrweg-Coffee-to-go-Becher bis zur Befüllung mitgebrachter Behältnisse an der Frischetheke“, lobt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft, Thomas Fischer. „Die großen Lebensmitteleinzelhändler müssen jetzt endlich nachziehen, wenn Sie es mit Umweltschutz ernst meinen“, fordert er.

Handelsverband und Verpackungsindustrie weisen Kritik zurück

Der Handelsverband HDE teilte mit, dass sich der Lebensmittelhandel bereits aktiv für die Reduzierung von Verpackungsmüll einsetze. „So haben etwa alle großen Lebensmittelhändler Mehrwegnetze im Obst- und Gemüsebereich eingeführt, um die Menge an sehr leichten Tüten zu verringern. Auch die Materialreduktion bei Eigenmarkenverpackungen durch dünnwandigere Milchverpackungen oder Getränkeflaschen trägt dazu bei, dass weniger Verpackungen im Umlauf sind“, sagte Antje Gerstein, HDE-Geschäftsführerin Europapolitik und Nachhaltigkeit, laut Mitteilung. Zudem sei das Sammelsystem für pfandpflichtige Einweggetränkeverpackungen sehr effektiv.

Auch das Deutsche Verpackungsinstitut (DVI) weist auf die bereits erfolgten Bestrebungen zur Reduzierung des Verpackungsaufkommens hin. So konnten beispielsweise seit 1991 alleine durch leichtere Verpackungen mehr als 23 Mio Tonnen Material eingespart werden, erklärt DVI-Geschäftsführerin Kim Cheng. „Dass es trotzdem bis 2021 einen stetigen Zuwachs an Verpackungen gab, liegt vor allem am steigenden Konsum und der steigenden Zahl verkaufter Produkte. Der steigende Konsum hat alleine im Jahr 2020 zu einem Mehraufwand von 22,2 Prozent gegenüber 1991 geführt.“ Dafür die Verpackung verantwortlich zu machen, geht an den eigentlichen Ursachen vorbei, denn pro Produkt werde immer weniger Verpackung benötigt, so Cheng.

Aus Sicht der DVI‐Geschäftsführerin spielen Verpackungen eine zentrale Rolle für den Klima‐ und Umweltschutz sowie die Ressourcenschonung. „Im Durchschnitt entstehen beispielsweise nur drei Prozent der Klimawirkungen verpackter Lebensmittel durch die Verpackung. 97 Prozent des Fußabdrucks stecken im Produkt. Wenn Lebensmittel verderben oder frühzeitig ungenießbar werden, weil sie unzureichend verpackt sind, dann gehen alle Ressourcen, die wir von der Saat über die Ernte bis hin zur Verarbeitung hineingesteckt haben, verloren.“ Die ökologischen Vorteile der Verpackung würden aber immer noch „massiv unterschätzt“. Pauschale Aussagen, dass das Verpacken von Obst und Gemüse unnötig sei, kritisiert Cheng als „nicht belegte Vereinfachungen“.

Kritisch sieht das von der Verpackungswirtschaft getragene Institut auch die Aussagen zu Einweg und Mehrweg. „Beides hat Vor‐ und Nachteile. Es kommt auf das Produkt und den jeweiligen Anwendungsfall an“, so Cheng. Mehrweg könne eine „großartige Lösung“ sein, aber das sei kein Naturgesetz. Recyclingfähige Einwegverpackungen könnten in vielen Fällen die ökologisch bessere Wahl sein – auch im Getränkebereich.

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