Interview: „Nach CSRD verpflichtete Unternehmen sind gut beraten, frühzeitig Vorkehrungen zu treffen“

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Seit Anfang des Jahres ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in Kraft. Diese neue europäische Richtlinie ersetzt die bisherige Non-Financial Reporting Directive (NFRD) und verlangt künftig von Unternehmen in der EU, dass sie über ihre Nachhaltigkeitsrisiken und -auswirkungen in Bezug auf Umwelt, Soziales, Governance und Menschenrechte berichten. Hierfür legt die CSRD erstmals einen einheitlichen Rahmen fest. EUWID hat mit den Geschäftsführern der ENVISIO Group, Christian Knop und Udo Weller, über die Bedeutung der CSRD für die Entsorgungsbranche gesprochen.

Welche Unternehmen der Entsorgungswirtschaft sind von der Berichtspflicht betroffen und bis wann?

Knop: Durch die CSRD erweitert sich die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung auf deutlich mehr Unternehmen als zuvor. Grundsätzlich gilt sie für Unternehmen, die eine Bilanzsumme von mehr als 25 Mio € aufweisen, einem Umsatz von mehr als 50 Mio € realisieren oder mehr als 250 Mitarbeitende beschäftigen, wobei zwei dieser drei Kriterien erfüllt sein müssen. In Deutschland sind das über 15.000 Unternehmen. Die CSRD betrifft darüber hinaus auch kleine und mittelgroße Unternehmen, wenn sie kapitalmarktorientiert sind. Außerdem fallen auch noch solche Unternehmen in den Geltungsbereich der CSRD, die zwar außerhalb der EU liegen, jedoch mindestens 150 Mio € Nettoumsatz aufweisen sowie ein Tochterunternehmen oder eine Niederlassung
in der EU haben.

Weller: Die Unternehmen werden in vier Stufen berichtspflichtig:
• Am 1. Januar 2024 Unternehmen, die bereits der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen – die wird im Allgemeinen mit NFRD oder CSR abgekürzt – unterliegen. Sie müssen im Jahr 2025 über die Daten von 2024 berichten.
• Am 1. Januar 2025 große Unternehmen, die derzeit nicht der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen unterliegen.
• Am 1. Januar 2026 börsennotierte KMU sowie für kleine und nichtkomplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen. Unternehmen, die unter diese Kategorie fallen, haben die Möglichkeit, sich bis 2028 zu entscheiden, nicht über Nachhaltigkeitsthemen nach CSRD zu berichten, sofern sie im Geschäftsbericht erklären, weshalb sie sich dagegen entschieden haben.
• Am 1. Januar 2028 Nicht-EU-Unternehmen, die unter die CSRD-Berichtspflicht fallen.

Welche Besonderheiten sind bei Entsorgungsdienstleistungen in Bezug auf die CSRD-Pflichten zu beachten und worin liegen die Schwierigkeiten im Nachhaltigkeitsreporting?

Knop: Entsorgungsdienstleistungen sind durch einige Besonderheiten gekennzeichnet und durch die CSRD zukünftig auf der Auftraggeberseite auch mit neuen Pflichtaufgaben verbunden. Bereits die Prüfung von entsorgungsbezogenen Rechnungen und Gutschriften ist zeitintensiv und setzt zum Teil spezielle Kenntnisse und Informationen voraus, etwa in steuerlicher und preislicher Hinsicht. Oftmals ist keine ausreichende Datenbasis für ein entsorgungsbezogenes Reporting vorhanden, und/oder es stehen keine Vergleichsinformationen für ein Benchmarking zur Verfügung. Die Erfassung und Kategorisierung der Daten aus Rechnungen und Gutschriften ist zeitaufwändig. Zudem existieren keine entsorgerübergreifend einheitlichen Standards zur Darstellung von Leistungspositionen.

Weller: Viele Unternehmen arbeiten aus preislichen, operativen, regionalen oder strategischen Gründen mit mehreren Entsorgungsdienstleistern zusammen. Dementsprechend liegt hier zumeist eine „zersplitterte“ Datenlage vor. Die den entsorgungsbezogenen Rechnungen/Gutschriften zu entnehmenden Angaben weisen oftmals nicht die Datenqualität auf, die für die Erstellung von Zusammenfassungen und die Durchführung von Vergleichen erforderlich ist. So werden beispielsweise unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet. Zum Teil müssen die Informationen auch mittels spezifischer Kenngrößen umgerechnet werden, zum Beispiel von Kubikmeter in Tonnen.

Mit den im Geschäftsalltag anfallenden Daten ist das Nachhaltigkeitsreporting also ohne Weiteres nicht möglich?

Knop: Die in den Rechnungen/Gutschriften und zugehören Nachweisunterlagen enthaltenen Angaben sind für ein Nachhaltigkeitsreporting gemäß CSRD/ESRS grundsätzlich nicht ausreichend, insbesondere im Hinblick auf die Treibhausgasemissionen. Die allermeisten Entsorger können ihren Kunden die für das Nachhaltigkeitsreporting erforderlichen Angaben derzeit nicht zur Verfügung stellen.

Weller: Es ist zwar in den ersten drei Jahren möglich, mit Schätzungen oder „Sektor-Durchschnitten“ zu arbeiten. Aber auch diese Angaben müssen entsprechend valide sein. Zudem müssen die Änderungen, die sich aus einem späteren Wechsel des Bezugsrahmens ergeben, wenn zum Beispiel von Schätzungen auf Ist-Zahlen umgestellt wird, auch im Hinblick auf die vorherigen Berichtszeiträume rückwirkend geändert werden. Außerdem werden sich allein schon durch die Umstellung von Schätzungen oder „Sektor-Durchschnitten“ nach Ablauf der Übergangsfrist unweigerlich Sprünge ergeben, die entsprechend erklärt werden müssen. Kurzum: Es macht viel Sinn, im Nachhaltigkeitsreporting von Anfang an mit konkreten Daten zu arbeiten.

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