Scholz will führende Rolle Deutschlands in der Kreislaufwirtschaft

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) strebt eine führende Rolle Deutschlands bei der Kreislaufwirtschaft mit langer Wiederverwendung von Rohstoffen und Materialien an. „Unser Ziel ist es, globaler Vorreiter für zirkuläre Technologien und Produkte zu werden“, sagte Scholz anlässlich eines Treffens der Allianz für Transformation am Dienstag in Berlin. Es handelte sich um das vierte Treffen von Bundesregierung und Spitzen aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Verbänden, der Wissenschaft und Zivilgesellschaft.

Scholz nannte als Beispiele für Kreislaufwirtschaft Batterien und den Bau. „Aktuell erarbeiten wir deshalb eine nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie, die wir sehr bald auf den Weg bringen werden“, so der Kanzler.

„Nicht nur Mülltrennung und Dosenpfand“

„Da geht es längst nicht mehr nur um Mülltrennung oder Dosenpfand“, sagte Scholz. „Die Kreislaufwirtschaft bietet die Chance, weniger vom Import wichtiger Rohstoffe abhängig zu werden, indem wir mehr wiederverwenden.“ Der russische Überfall auf die Ukraine sowie die aktuelle Krise im Nahen Osten belegten nachdrücklich, welche Folgen solche Krisen auf Energiepreise, Versorgungssicherheit und die Weltwirtschaft hätten.

„Das Potenzial der Kreislaufwirtschaft ist enorm“, hielt Scholz dem entgegen. „Laut Studien ließen sich mit einer Kreislaufwirtschaft bis 2030 jährlich rund zwölf Mrd € zusätzliche Bruttowertschöpfung erzielen und neue Arbeitsplätze schaffen.“ Deutschland verfüge dank hoher Verwertungsquoten und einer Vorreiterrolle bei Forschung, Technologie und industriellem Know-how über sehr gute Voraussetzungen, um bei der Kreislaufwirtschaft weltweit führend zu werden.

Die Mitglieder der Allianz für Transformation haben sich im Rahmen des Spitzentreffens zudem in einem Kommuniqué darauf verständigt, gemeinsam die Kreislaufwirtschaft in Deutschland systematisch zu stärken. Dies erfordere das Zusammenwirken aller Beteiligter – Politik, Sozialpartnern, Wissenschaft und Zivilgesellschaft.

Konkret wollen die Mitglieder der Allianz die Entstehung und Verbreitung von technologischen und sozialen Innovationen in der Kreislaufwirtschaft fördern und die Entwicklung und Skalierung zirkulärer Geschäftsmodelle unterstützen. Außerdem sollen Ziele und Anreize etabliert werden, um die Marktbedingungen für zirkuläres Wirtschaften und die Wettbewerbsfähigkeit zirkulärer Produkte und sekundärer Rohstoffe zu verbessern, heißt es in dem Kommuniqué.

Darüber hinaus sollen Netzwerke und Kooperationen unterstützt werden, um in verschiedenen Regionen und entlang der gesamten Wertschöpfungskette „innovative Ökosysteme für zirkuläre Wertschöpfung“ möglich machen. Insbesondere die frühe Verortung des Zirkularitätsprinzips im Produktdesign verlange neue Formen der Zusammenarbeit.

Auch auf Normen und Standards wollen die Beteiligten ein Augenmerk legen. Diese sollten entwickelt beziehungsweise vereinheitlicht werden, um die Interoperabilität und rechtssichere Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren sowie neue digitale Geschäftsmodelle frühzeitig und verlässlich zu ermöglichen und unnötige bürokratische Hemmnisse abzubauen. Außerdem gelte es auch mit Blick auf etwaige Strukturbrüche das Bewusstsein für die Potenziale der Kreislaufwirtschaft in der Breite der Gesellschaft, Verwaltung und Wirtschaft zu stärken und für die Erarbeitung und die Vermittlung entsprechender Kompetenzen in Aus- und Weiterbildung zu sorgen.

Die Mitglieder der Allianz, zu denen neben verschiedenen Bundesministerien auch Industrie-, Arbeitgeber- und Handwerksverbände sowie Gewerkschaften, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen und Naturschutzverbände gehören, wollen sich auch bei der Erarbeitung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie einbringen. Dabei sollen auch Fragen der passenden Rahmensetzung adressiert werden. Die Kreislaufwirtschaftsstrategie soll in diesem Jahr verabschiedet werden und verbindliche und ambitionierte Ziele sowie Maßnahmen bis zum Jahr 2045 enthalten. Die Bundesregierung handele dabei im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten, heißt es in dem Kommuniqué weiter.

Für BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner machte das Spitzengespräch deutlich, „dass die Kreislaufwirtschaft kein Randthema, sondern ein strategisches Thema darstellt“. Die Partner der Allianz seien sich einig, dass man hier schneller und koordinierter vorankommen müsse, erklärte sie im Anschluss an das Treffen auf einer Pressekonferenz.

Kai Weber, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften Acatech, äußerte sich ebenfalls optimistisch. Die Spitzenforschung in Deutschland etwa bei Autobatterien biete gute Voraussetzungen dafür, das Thema Kreislaufwirtschaft zum Wohle aller weiter voranzubringen.

„Nur wenn wir es schaffen, von der Idee bis zum Produktende in Kreisläufen zu denken, wird es uns gelingen, auch langfristig Wohlstand zu sichern“, betonte der Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Kai Niebert in Berlin. Die Allianz könne ein sehr guter Raum sein, miteinander über Lager hinweg und mit viel Expertise „die Untiefen der Transformation“ zu diskutieren und gangbare Wege zu finden.

DGB mehr Unterstützung für Kreislaufwirtschaft nötig

DGB-Chefin Yasmin Fahimi sagte, Kreislaufwirtschaft sei mit Blick auf den Umweltschutz wichtig. „Aber es ist wichtig auch, weil kritische Rohstoffe nicht beliebig zur Verfügung stehen werden.“ Kosten- und Lieferketten-Risiken könnten verkleinert werden. „Wir brauchen auch in diesen Fragen noch mehr Dynamik, noch mehr Förderung und Unterstützung und eine Senkung der Energiepreise, damit das insgesamt tatsächlich als Verbundstandort auch gelingen kann“, mahnte die Gewerkschaftschefin.

Der Verband Deutscher Metallhändler und Recycler begrüßt die Aussagen von Kanzler Scholz. In einer ersten Reaktion betont der VDM die zentrale Rolle der Metallrecyclingplätze als unverzichtbare Säule der Kreislaufwirtschaft. „Unsere Betriebe stellen durch das Sammeln und Sortieren von Schrotten sicher, dass der heimischen Industrie ausreichend Metalle in der benötigten Menge und Qualität zur Verfügung stehen. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Krisenresilienz unseres Wirtschaftsstandortes.“

Die Fokussierung auf die Kreislaufwirtschaft durch Bundeskanzler Scholz sei ein „entscheidender Schritt in die richtige Richtung“. Durch die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen könnten Umwelt-, Klima- und Wirtschaftspolitik gleichzeitig vorangebracht werden. Nach Ansicht des VDM müssten dabei allerdings einige Punkte berücksichtigt werden, die auch in der geplanten Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie Anklang finden müssen.

VDM fordert bessere Rahmenbedingungen für Kreislaufwirtschaft

So sollte der Einsatz von Recyclingrohstoffen durch gezielte Anreize gefördert werden, etwa durch eine bevorzugte Berücksichtigung bei öffentlichen Ausschreibungen, fordert der Verband. Gleichzeitig müssten aber auch die internationalen Absatzmärkte gesichert werden. Dafür sollten Rohstoffpartnerschaften nicht nur bei Erzen intensiviert, sondern auch bei Stahl- und Metallschrotten vorangetrieben werden. Die Etablierung bilateraler Abkommen und Partnerschaften sei unerlässlich, um die globale Kreislaufwirtschaft nachhaltig zu stärken, schreibt der VDM weiter.

Darüber hinaus erneuert der VDM die Forderung der Recyclingwirtschaft nach einer Ausnahmeregelung für Abfälle im EU-Lieferkettengesetz. Die weiteren Forderungen des Verbands zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft beziehen sich neben einer Verbesserung der energiepolitischen Rahmenbedingungen, auch auf den Abbau der Bürokratie sowie der Stärkung des Vollzugs: „Statt immer neuer Novellierungen muss der konsequente Vollzug bestehender Gesetze im Vordergrund stehen.“

Außerdem drängt der VDM auf eine Anpassung der Zuständigkeiten in der Bundesregierung. Das Thema Kreislaufwirtschaft müsse deutlich stärker unter ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet werden und sollte daher künftig im Wirtschaftsministerium angesiedelt werden.

Anmerkung der Redaktion: Wir haben die Meldung am 25.1. um Details aus dem Kommuniqué der Allianz für Transformation ergänzt.

- Anzeige -

Themen des Artikels
Kategorie des Artikels
- Anzeige -