Fraunhofer-Projekt soll Kunststoffrecycling optimieren und Verfahren vergleichbar machen

In dem bereits seit 2021 laufenden Leitprojekt „Waste4Future“ entwickeln derzeit acht Fraunhofer-Institute neue Konzepte und Verfahren, um das werkstoffliche Recycling von Kunststoffen signifikant zu erhöhen. Das Projekt umfasst alle Schritte von der Rohstoffbasis über die Stoffströme und Verfahrenstechnik bis zum Ende des Lebenszyklus eines Produkts. Bis zum Projektende im Dezember 2024 sollen nicht nur verbesserte Sortiermöglichkeiten für Kunststoffe entwickelt werden, sondern auch verschiedene Recyclingverfahren miteinander und aus alten Kunststoffen hergestellte Bauteile mit Neuware verglichen werden können, teilte die für Projektkoordination zuständige Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie (IWKS) letzte Woche mit.

„Kunststoffe bestehen aus Kohlenwasserstoffen. An ihrem Lebensende landen sie in der gelben Tonne und werden anschließend sortiert. Minderwertige Fraktionen, die etwa zu sehr verschmutzt sind, werden verbrannt, hochwertige Fraktionen werden unter anderem nach ihrer Farbe aussortiert und als Rezyklate verkauft. Doch das sortenreine Recycling dieser wertvollen Stoffe ist komplex“, erklärt Gert Homm, Leiter eines Teilprojekts und Wissenschaftler am Fraunhofer IWKS in Alzenau. „So werden viele Verpackungen in den Sortieranlagen erst gar nicht als recycelbar eingestuft und kommen als Restmüll in die Verbrennungsanlage. Schwarzes Plastik erkennen viele der aktuellen Sensoriken nicht, und auch Joghurtbecher mit Aludeckel landen irrtümlicherweise beim Aluminium und dann im Restmüll.“

Hier setzt das Projekt an und entwickelt eine Sensorsuite für Sortieranlagen, die unter anderem schwarze Abfallpartikel erkennen soll. Eine Kombination aus verschiedenen Sensoriken soll sowohl die Stoffparameter für eine möglichst reine Sortierung als auch die Alterung der Probe bestimmen. Das Alter der Probe sei relevant, um einzuschätzen, ob und wie sich diese für das werkstoffliche Recycling eignet. Ist eine Fraktion zu stark beschädigt, lasse sie sich nicht mehr mechanisch, sondern nur noch chemisch verwerten. Beide Aspekte sollen mit der Sensorsuite erkannt werden.

Die Sensorsuite zur Charakterisierung des Abfalls soll dabei nicht nur Kunststoffe sortieren, sondern auch unerwünschte Störstoffe für das mechanische oder chemische Recycling aussortieren. Ein Störstoff für das chemische Recycling könne etwa chlorierter Kunststoff wie PVC sein. Das enthaltene Chlor führe gerade im chemischen Recycling zu erheblicher Korrosion der dazu nötigen Anlagen, so das IWKS.

Bewertungsmodell soll Recyclingoptionen vergleichbar machen

Die im Rahmen des Projekts erfassten Daten werden mittels Verfahren des maschinellen Lernens verknüpft und ausgewertet. „Digitale Zwillinge helfen, den Wust an Daten auf die elementaren Kerndaten zu reduzieren und diese an ein Bewertungsmodell weiterzugeben, das wir im Projekt entwickeln und das die bislang prozessgeführte Recyclingkette zu einer stoffgeführten Kette reorganisiert“, sagt Homm.

Dabei würden Faktoren wie Energieverbrauch und CO2-Fußabdruck berücksichtigt. Durch die Kombination von neuartiger Sortiertechnik, Digitalen Zwillingen, Machine Learning und Bewertungsmodell werde dynamisch ermittelt, welcher Weg des Recyclings für eine spezifische Abfallmenge der technisch, ökologisch und ökonomisch sinnvollste sei.

Das Bewertungsmodell ermittele die Umweltbilanz und soll unter anderem darüber informieren, wieviel Energie anfällt, um eine Tonne neuen Kunststoffs herzustellen. Dieser Energieverbrauch wird mit dem Energieverbrauch verglichen, der bei der energetischen Verwertung anfällt.

Im Projekt werden die möglichen mechanischen (Schmelzextrusion, lösungsmittelbasierte Aufreinigung und Fraktionierung) und chemischen (Solvolyse, Pyrolyse, Gasifizierung) Recyclingverfahren geprüft und auf ihre Tauglichkeit für die unterschiedlichen Kunststoffabfallzusammensetzungen getestet.

Kreislaufwirtschaft statt thermischer Verwertung

„Eine nachhaltige Gesellschaft mit klimaneutralen Prozessen benötigt erhebliche Anpassungen in den Wertschöpfungsketten, die nur durch Innovationen möglich werden. Dem leisten wir im Projekt Folge, indem wir die optimale Recyclingroute und den optimalen Sortierprozess unter der Berücksichtigung ökonomischer und ökologischer Kriterien berechnen und somit zu einer erheblichen CO2-Minderung im Vergleich zur energetischen Verwertung beitragen und eine weitestgehende Kreislaufführung von kohlenstoffhaltigen Abfällen ermöglichen“, resümiert Homm.

Dem IWKS zufolge fallen allein in Deutschland jährlich rund sechs Mio Tonnen kunststoffhaltige Abfälle an. Nur knapp die Hälfte davon werde derzeit werkstofflich recycelt, die restlichen gut 50 Prozent würden einer energetischen Verwertung zugeführt.

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