„Von den maßgeblichen Akteuren soll niemand mehr am Batteriepass vorbeikommen“

EUWID-Gespräch mit Umicore und dem Softwareentwickler Circulor

Ende April kündigte ein vom Bundesforschungsministerium (BMBF) gefördertes Konsortium aus insgesamt elf Unternehmen und Forschungseinrichtungen die Einführung eines digitalen Produktpasses für Batterien an. Der Batteriepass soll einen wichtigen Dienst zur Umsetzung der im März vom Europäischen Parlament verabschiedeten EU-Batterieverordnung leisten. Diese muss allerdings noch im Trilog, bestehend aus der EU-Kommission, dem EU-Parlament und dem Rat der Europäischen Union, bestätigt werden.

EUWID hat dazu mit Christian Hagelüken, Director EU-Government Affairs beim Metallurgie- und Recyclingkonzern Umicore, und Douglas Johnson-Poensgen, Gründer des Londoner Softwareunternehmens Circulor, gesprochen. Beide sind mit ihren Unternehmen Mitglieder im Konsortium, welches den digitalen Batteriepass entwickeln wird.

Der Batteriepass verfolgt die gesamte Wertschöpfungskette einer Batterie – angefangen beim Abbau der Rohstoffe, bis hin zur Zweitnutzung beziehungsweise dem Recycling. Dabei erfasst er wichtige Parameter wie den CO2-Fußabdruck, die soziale Nachhaltigkeit oder den Anteil recycelter und recycelbarer Stoffe, aber auch wichtige Ereignisse entlang der Nutzungsphase und am Lebensende der Batterien.

In der geplanten EU-Batterieverordnung wird bereits auf den Batteriepass verwiesen. Künftig soll der Batteriepass den im Second-Life-Bereich tätigen Wirtschaftsakteuren helfen, fundierte Geschäftsentscheidungen zu treffen. Außerdem sollen Betreiber von Batterierecyclinganlagen in die Lage versetzt werden, ihre Tätigkeiten besser zu planen und die Recyclingeffizienz zu erhöhen. Die Pläne der EU-Kommission für die Batterieverordnung sehen vor, dass für jede Industrie- und Transaktionsbatterie ein Batteriepass erstellt werden soll.

Hagelüken: „Batteriepass soll den Akteuren die Arbeit erleichtern“

Christian Hagelüken von Umicore verglich den digitalen Batteriepass mit einem persönlichen Reisepass. „Sowie dieser Daten über den Geburts- oder Wohnort sowie weitere persönliche Merkmale offenlegt, so enthält analog dazu der Batteriepass wichtige statische Daten.“ Während den beteiligten Akteuren entlang der Wertschöpfungskette so die Arbeit erleichtert wird, soll der Marktzugang für nicht konform agierende Akteure gleichzeitig erschwert werden, hofft Hagelüken.

„Das Batteriepass-Projekt zielt auf die Entwicklung von Kerndatenspezifikationen und technischen Standards für einen Pass, sowie einen standardisierten Datenraum zur Verwaltung von Batterien, die in der Europäischen Union hergestellt oder in Betrieb genommen werden, hin“, führte Johnson-Poensgen die Aufgabe des Batteriepasses genauer aus.

Hagelüken ergänzte zudem, dass es das Ziel sein müsse, den digitalen Produktpass für alle maßgeblichen Akteure unumgänglich zu machen. Der Batteriepass solle das Werkzeug der Wahl werden.

Wichtig ist dem Umicore-Vertreter zudem die enge Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission. Zudem habe man durch die Interaktion mit der „Global Battery Alliance“ nicht nur die europäische, sondern auch die internationale Ebene abgedeckt. In der „Global Battery Allliance“ haben sich weltweit agierende Automobil- und Batteriematerialhersteller zusammengeschlossen.

Circulor für technische Umsetzung des Batteriepasses verantwortlich

Douglas Johnson-Poensgen betonte zudem die Bedeutung einer umfassenden Transparenz der Wertschöpfungskette. Er übernimmt mit Circulor die Leitung für das Arbeitspaket „Battery Pass Demonstrator“. Darin sollen inhaltliche und technische Standards verwendet werden, um Datenflüsse und Systemtransaktionen zu simulieren.

Wichtig ist für den Geschäftsführer von Circulor, dass die komplette Wertschöpfungskette einer Batterie transparent und rückverfolgbar wird. „Selbst wenn wir in Europa die Rohstoffe abbauen würden, geht das Material zur Weiterverarbeitung momentan früher oder später nach China.“

Hagelüken hebt Bedeutung der Erfassung hervor

Hagelüken gehe es derweil darum, ein Netzwerk für die Schlüsselakteure entlang der Wertschöpfungskette einer Batterie zu kreieren. Dennoch betonte er ausdrücklich: „Der beste Recyclingprozess nützt Ihnen nichts, wenn die Erfassung bzw. die Sammlung der Batterien nicht gewährleistet ist. Hier ist der Batteriepass ein ganz wichtiges Instrument, da er über die Stoffstromverfolgung ermöglichen soll, dass Batterien wirklich gesammelt und im Anschluss nachweisbar hochwertig recycelt werden.“ In der geplanten EU-Batterieverordnung sei von einer „No Loss Philosophie“ die Rede.

Neue Batterieverordnung „Meilenstein in der Gesetzgebung“

Über die geplante europäische Batterieverordnung äußerte sich Hagelüken weitestgehend positiv. „Wir halten die Batterieverordnung für einen Meilenstein in der Gesetzgebung. Wir haben das Gefühl, dass die EU-Kommission wirklich gut zugehört hat.“ Entscheidend sei, dass die Batterieverordnung keine klassische Abfallgesetzgebung ist, sondern den Schritt zu einer Ressourcengesetzgebung geschafft hat. Hagelüken betonte hob hervor, dass zum ersten Mal materialspezifischen Recyclingquoten festgelegt werden sollen. Die Pläne der EU-Kommission sehen für Nickel, Kobalt, Kupfer und Blei eine Recyclingquote von 90 Prozent ab 2026 vor. Ab 2030 sollen die Vorgaben dann jeweils um fünf Prozentpunkte ansteigen.

„Bei Lithium halten wir höhere Quoten für möglich“

Der Umicore-Vertreter geht mit den Recyclingquoten für Kobalt, Nickel und Kupfer konform mit den in der Batterieverordnung geplanten Werten. Bei Lithium sieht er das anders. „Für Lithium halten wir höhere Quoten für möglich. Für 2027 könnte man auch mit einer Quote von 50 Prozent starten und diese dann ab 2030 auf 80 Prozent anheben.“ Die bisher von der Kommission geplanten Recyclingquoten belaufen sich bei Lithium auf 35 Prozent ab 2026 und 70 Prozent ab 2030.

Jonson-Poensgen: „Europa wird durch die EU-Batterieverordnung zum Vorreiter“

Johnson-Poensgen von Circulor sieht in der EU-Batterieverordnung noch weitere Chancen für den europäischen Kontinent. „Europa wird durch die Batterieverordnung zum Vorreiter.“ Inzwischen würden auch andere Länder wie beispielsweise die USA über ähnliche Konzepte nachdenken. „Die Batterieverordnung ist ein guter Anfang. Allerdings ist es wichtig, dass die ab 2026 festgelegten Quoten auch eingehalten werden“, betonte der Brite. Ähnlich sieht das auch Hagelüken.

Warnung vor Scheinquote

Beim Thema Recyclingquote ist es Hagelüken besonders wichtig, auf die Art der Berechnung hinzuweisen. „Die Recyclingquote sagt eigentlich allein wenig aus, wichtig ist wie diese berechnet wird – sprich was steht im Zähler und was steht im Nenner. Wir müssen Prozesse so gestalten, dass die Kreisläufe physisch geschlossen werden“, betonte er. Im Zähler dürfe nur stehen was wirklich an verwertbarem Material, sprich dem Output, herausgekommen sei. Im Nenner hingegen müssten die tatsächlich eingesetzten Materialien stehen.

„Mir ist wichtig, dass die Quote so berechnet wird, dass sie auch physische Realität ist. Es soll keine hohe Quote auf dem Papier erzielt werden, die aber in Wirklichkeit eine Scheinquote ist“, verdeutlichte Hagelüken das Risiko bei der Berechnung der Recyclingquoten. Außerdem wies der Umicore-Vertreter darauf hin, dass in Zukunft mehr über verantwortungsvolles Recycling und verantwortungsvolles End-of-Life-Management gesprochen werden müsse.

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