VKU und Bioenergieverbände kritisieren Pläne für rückwirkende Gewinnabschöpfung

Die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums zur Abschöpfung von Gewinnen bei Energieproduzenten stoßen auf deutliche Kritik bei kommunalen Unternehmen und der Bioenergiebranche. Die Zielsetzung, krisenbedingte Zufallserlöse zur Entlastung der privaten Haushalte und Unternehmen abzuschöpfen, sei zwar grundsätzlich nachvollziehbar, erklärte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Eine Rückwirkung bis März 2022 ist aus Sicht des Kommunalverbandes jedoch inakzeptabel und stelle vor allem einen Eingriff in den Vertrauensschutz dar.

Das Vertrauen der Marktteilnehmer in staatliche Zusagen und die Stabilität des Marktrahmens seien zentral für weitere Investitionen in den Ausbau der erneuerbaren Energien. Ein rückwirkend geltender Eingriff wäre ein klarer Bruch mit dem Prinzip der Investitions- und Planungssicherheit und würde die Investitionsbereitschaft im Energiesektor beeinträchtigen, betont Liebing.

Auch das Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB) lehnt eine rückwirkende Abschöpfung von Erlösen ab. Dies wäre nicht nur ein Vertrauensbruch erster Güte, sondern würde direkt den Anlagenbestand gefährden, da viele Anlagenbetreiber die Erlöse bereits reinvestiert und/oder zur Deckung gestiegener Betriebs- und Einsatzstoffkosten ausgegeben haben, erklärte HBB-Leiterin Sandra Rostek. Eine Rückerstattung könnte das Aus einer Vielzahl von Bioenergieanlagen bedeuten.

Ähnlich äußerte sich auch Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie. „Eine Rückwirkung massiver Markteingriffe auf den 1. März 2022 ist nach unserer Einschätzung zudem verfassungswidrig. Wir lehnen diese ab.“ Ein rückwirkender Eingriff sei ein klarer Bruch mit dem Prinzip der Investitions- und Planungssicherheit. Angesichts der aktuellen Energiekrise könnte dies existenzbedrohliche Auswirkungen haben, so Peter.

Der Verband kommunaler Unternehmen warnt zudem davor, stärker als auf EU-Ebene geplant, in den Strommarkt einzugreifen. Durch die vom Wirtschaftsministerium angedachten technologiespezifischen Erlösobergrenzen bestehe die Gefahr, dass mehr als nur krisenbedingte Zufallsgewinne abgeschöpft werden.

Beim HBB fällt die Beurteilung der Pläne zur Strompreisbremse sehr negativ aus. „Die Überlegungen des BMWK sind aus Sicht der Bioenergiebranche in keinster Weise nachvollziehbar und tragbar. So sollen beispielsweise Steinkohlekraftwerke mit dem Argument gestiegener Kosten von der Abschöpfung ausgenommen werden – die Erlöse von Bioenergieanlagen hingegen nicht, obwohl sich diese in einer vergleichbaren Situation befinden“, erklärt Rostek. So seien die Kosten für technische Komponenten und Betriebsstoffe in den letzten Jahren stark gestiegen, und insbesondere seit Beginn des Ukrainekriegs kämpften die Unternehmen mit weiteren starken Preissteigerungen bei landwirtschaftlichen Rohstoffen und Holz. Das HBB hält deshalb eine Ausnahme von Bioenergieanlagen oder zumindest deutlich höhere Obergrenzen als die derzeitig durch das EEG-zugesicherten Mindestvergütungen für folgerichtig.

Auch die Pläne des Wirtschaftsministeriums, 90 Prozent aller Erlöse abzuschöpfen, die Anlagen durch eine flexible Fahrweise zusätzlich erzielen können, hält das Hauptstadtbüro Bioenergie aus volkswirtschaftlicher Sicht für „völlig kontraproduktiv“. Es seien jene Preisanreize, die die Verlagerung von Strom- und Wärmeerzeugung auf Stunden anreizen, in denen sonst Erdgasturbinen betrieben werden müssen, so HBB-Leiterin Rostek. „Jede flexibel eingespeiste Kilowattstunde senkt direkt den Bedarf an fossilen Alternativen und vor allem den Verbrauch von teurem Erdgas.“

VKU für Steuer-Alternative

Für den VKU sind die Pläne des Ministeriums zur Strompreisbremse „höchst komplex“ und daher in kurzer Zeit nur schwer umsetzbar. Sollte der Bundesrat erst Mitte Dezember final die Preisbremsen beschließen, blieben den Unternehmen für die Umsetzung nur die letzten beiden Wochen des Jahres. Der Verband appelliert an die Bundesregierung stattdessen eine steuerrechtliche Alternative zu prüfen. „Die Einführung einer Steuer wäre weniger komplex und hätte wahrscheinlich nicht so viele ungewünschte Nebenwirkungen“, ist VKU-Hauptgeschäftsführer Liebing überzeugt.

- Anzeige -
- Anzeige -