Ukraine-Krieg: Entsorger kämpfen mit hohen Treibstoffkosten

|
|

 

Auch die Entsorgungswirtschaft hat massiv mit den rasch gestiegenen Kosten für Dieselkraftstoff zu kämpfen. Die aktuelle Kriegssituation in der Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen gegen Russland haben erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Verträge der Entsorger mit Kommunen, dualen Systemen sowie Gewerbe und Industrie.

Denn seit Ausbruch des Krieges sind die Preise für Diesel und Gas um 40 bzw. 60 Prozent gestiegen. Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) hat vor diesem Hintergrund ein Kurzgutachten erstellen lassen, das die Optionen für etwaige Preisanpassungen der Entsorger in kommunalen Entsorgungsverträgen beleuchtet.

BDE-Präsident Peter Kurth zufolge hat der Verband das Gutachten diese Woche seinen Mitgliedern zugesendet. Davor hatte der Entsorgerverband die Vorgehensweise mit dem Bundeskartell beredet und dazu auch die Expertise der Kanzlei Oexle Kopp-Assenmacher Lück Partnerschaft den Wettbewerbshütern übermittelt.

Wie Kurth im Gespräch mit EUWID sagte, sei die Logistik bei der Abfallsammlung ein sehr großer Kostenposten. „Aufgrund der massiven Kostensteigerungen für Diesel innerhalb kürzester Zeit ist es nachvollziehbar die Rechtsgrundlagen für etwaige Anpassungen im Einzelfall prüfen zu lassen.“ Der BDE-Präsident betonte, dass es keine allgemeine Empfehlung gebe. Es komme auf den jeweiligen Einzelfall an.

 

Gutachten: Preisanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage möglich

 

Laut dem Gutachten ist die Situation vergleichbar mit der globalen Corona-Pandemie und stellt einen absoluten Ausnahmefall dar. Auch wegen noch zu erwartender weiterer Preissteigerungen sei es begründbar, Preisanpassungen aufgrund gestiegener Kosten für die Beschaffung von Dieselkraftstoff erwirken zu können. Dem Gutachten zufolge können vertragliche Ansprüche auf Preisanpassung wegen gestiegener Dieselkosten abhängig vom Einzelfall in den Entsorgungsverträgen individuell vereinbart oder auch ausgeschlossen sein.

Sofern Entsorgungsverträge automatische Preisanpassungsklauseln enthalten, berücksichtigen diese zwar auch Änderungen hinsichtlich der Dieselkosten, sie führen aber in der Regel nur zu einer anteiligen und zeitlich verzögerten Anpassung der Entgelte. Sie seien damit nicht geeignet, die Entsorgungsentgelte unmittelbar im Hinblick auf überraschende und nicht vorhersehbare Marktänderungen wie die gestiegenen Dieselkosten anzupassen. Aus diesem Grund seien außerordentliche Preisanpassungsansprüche nicht nur dann möglich, wenn Festpreise vereinbart wurden, sondern auch wenn im Vertrag eine automatische Preisanpassung vereinbart wurde.

Das Gutachten hält im konkreten Fall einen Anspruch auf Preisanpassung aufgrund Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB für vertretbar. Denn es handele sich derzeit um eine bisher so nicht gegebene Ausnahmesituation. Denkbar sei, dass die Entsorgungsentgelte soweit im Hinblick auf die gestiegenen Kosten für Diesel angepasst werden, als diese über die vom Auftragnehmer kalkulierten Kosten für Wagnis und Gewinn hinausgehen. Möglich wäre auch die Anpassung des Entsorgungsentgeltes von der zukünftigen Entwicklung des Dieselpreises abhängig zu machen.

Auch wenn es keinen gesetzlichen Anpassungsanspruch gibt, könnten Kommunen die Verträge mit Entsorgern entsprechende Vertragsanpassungen bei erheblichen Preisanstiegen verhandeln und einvernehmlich ändern. Eine solche Anpassung der Entsorgungsentgelte wäre ohne Vergabeverfahren zulässig. Denn es läge keine wesentliche Änderung des Entsorgungsvertrages vor. Zumindest dürfte die Preisanpassung in der Regel unter die sogenannte Bagatellklausel fallen, meint die Kanzlei.

 

bvse fordert Entlastungspaket für Mittelstand

 

Auch beim bvse sieht man die Entsorgungs- und Recyclingbranche schwer durch die hohen Energie- und Spritpreise getroffen. Bei manchen Verträgen sei eine Anpassungsklausel generell nicht vorgesehen. Bei anderen Verträgen sei diese zwar teilweise vorhanden, wirke sich aber meist zeitversetzt erst im nächsten Jahr aus, so der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung.

„Der Mittelstand braucht ein Entlastungspaket – und zwar schnell. Jetzt muss entschieden gehandelt werden“, fordert bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. Die hohen Energiepreise belasteten nicht nur die Logistiker, sondern auch die Anlagenbetreiber. Egal ob Pressen, Sortieranlagen oder Aufbereitungsanlagen – alle benötigten Energie, betont der Verband. In vielen Fällen belaste die momentane Situation aber nicht nur die kurzfristige Liquidität der Unternehmen, sondern werde sogar zur Existenzfrage.

 

- Anzeige -

Themen des Artikels
Kategorie des Artikels
- Anzeige -