UBA-Studie stellt Gewerbeabfallverordnung vernichtendes Zeugnis aus

Viel zu wenig Wertstoffe aussortiert / Recyclingquoten werden nur selten erreicht

Bei der Behandlung und Verwertung von Gewerbeabfällen gibt es in Deutschland kaum Fortschritte. Eine aktuelle Studie für das Umweltbundesamt zeigt, dass die Ziele und Vorgaben der 2017 novellierten Gewerbeabfallverordnung klar verfehlt werden. Bei der Getrennterfassung und Vorbehandlung gewerblicher Abfälle werden die Vorgaben in großem Umfang missachtet. Die Recyclingquoten fallen weiter erschreckend niedrig aus und die gesetzliche Zielvorgabe wird bisher nur von einem kleinen Teil der Anlagenbetreiber erreicht. Der überwiegende Anteil der Gewerbeabfälle geht damit weiter in die Verbrennung.

Die Verordnung entfalte dadurch in der Praxis die vom Gesetzgeber intendierte Wirkung zum Ausbau des Recyclings nicht, so das Fazit der Studienautoren vom Heidelberger Ifeu-Institut sowie der Berliner Umweltberatung UEC. Als Gründe dafür führen sie Unschärfen im Verordnungstext, eine unzureichende Umsetzung seitens der Abfallerzeuger sowie behördliche Vollzugsdefizite an. Hemmnisse, die bislang zu einer unzureichenden Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung geführt haben, sollten durch einheitliche und klare Vorgaben ausgeräumt werden, fordern die Experten.

Die Ergebnisse der für das Umweltbundesamt in einem Zeitraum von drei Jahren vorgenommenen Evaluation stellte Nadine Buschow von UEC gestern auch auf einer gemeinsamen Veranstaltung der Entsorgerverbände BDE und bvse in Berlin vor. Sie machte dabei deutlich, dass sich die Praxis der Getrennterfassung nur schwer darstellen lasse, da es keine bundesweit vollständige Erhebung zum Abfallaufkommen bei Gewerbebetrieben gebe und auch bei den Ländern keine entsprechenden Informationen vorliegen.

Potenzial zur Getrennterfassung weiter sehr hoch

In der Studie wurde daher lediglich auf die alle vier Jahre vom Statistischen Bundesamt durchgeführte Abfrage bei rund 20.000 Gewerbebetrieben zurückgegriffen. Die Daten zeigen, dass im Schnitt nur etwa 60 Prozent der Abfälle der jährlich etwa fünf Mio Tonnen getrennt erfasst werden. Die letzten Daten dieser Erhebung stammen allerdings aus dem Jahr 2018 und somit lediglich ein Jahr nach der letzten Novelle der Gewerbeabfallverordnung. Angesichts des auch weiterhin sehr großen Anteils gemischter Abfälle sei das Potenzial zur Optimierung der Getrennterfassung weiterhin sehr hoch, stellt die Studie fest.

Hinsichtlich der in der Verordnung seit 2019 vorgeschriebenen Sortierquoten zeigt die Studie auf, dass diese bei den meisten Vorbehandlungsanlagen erreicht werden. So erreichten alle Anlagen, die ausschließlich gemischte gewerbliche Siedlungsabfälle behandeln, 2019 und 2020 den Mindestwert von 85 Prozent. Im Jahr 2021 meldeten rund fünf Prozent der Anlagen Quoten unterhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestwerts.

Bei Anlagen, die zusätzlich auch gemischte Bauabfälle behandeln, fielen die Werte allerdings schlechter aus. Hier erreichten 2019 und 2020 jeweils rund zehn Prozent der Anlagen den Mindestwert von 85 Prozent nicht. Im Berichtsjahr 2021 schaffte sogar jede fünfte Anlage die geforderte Sortierquote nicht. Die Ergebnisse machen deutlich, dass der zu beseitigende Anteil deutlich höher liegen kann, wenn auch gemischte Bauabfälle behandelt werden, heißt es in der Studie. Der mineralische Anteil in gemischten Bauabfällen könne je nach Region 50 bis 60 Prozent der Masse betragen, obwohl die Verordnung vorsieht, dass mineralische Baustoffe als gemischter Bauschutt zu erfassen und einer Aufbereitungsanlage zuzuführen sind, falls eine Getrennthaltung nicht möglich ist. Mineralische Bauabfälle seien daher in einer Vorbehandlungsanlage als Bestandteil des gemischten Bauabfalls in dieser Größenordnung nicht vorgesehen, betonen die Autoren.

Weniger als 20 Prozent Wertstoffe separiert

Da die novellierte Gewerbeabfallverordnung den Anlagenbetreibern die Möglichkeit einräumt, die Vorbehandlung von gemischten Gewerbeabfällen als Kaskadenverbund zu realisieren, wurde in der Studie eine Stoffstrombilanz für Voll- und Kaskadenanlagen vorgenommen. Hierbei wurden sowohl Anlagen berücksichtigt, die nur gemischte Gewerbeabfälle annehmen, als auch solche, die zusätzlich Baumischabfälle vorbehandeln. Der Analyse zufolge werden nur 18 Prozent der angenommenen Abfälle durch die Sortierung in einzelne Wertstoff-Fraktionen separiert. Mit 34 Prozent werde der überwiegende Teil der gewerblichen Abfallgemische zu Ersatzbrennstoffen verarbeitet. Ein weiteres Viertel wird als Sortierrest für die energetische Verwertung ausgeschleust. Zehn Prozent werden als Mineralikfraktionen aussortiert. Auf Abfälle zur Beseitigung entfällt ein Anteil von fünf Prozent und etwa vier Prozent der Abfälle werden als nicht sortierfähig eingestuft, umgeschlagen und direkt energetisch verwertet.

Als Wertstoffe werden insbesondere Holz und Eisenmetalle aus den Gewerbeabfallgemischen herausgeholt. Während die aussortierten Metalle dem Recycling zugeführt werden, wird das separierte Holz zum überwiegenden Teil energetisch verwertet. Auch die aussortierten Kunststoffe werden mehrheitlich verbrannt. Die bei der Sortierung gewonnenen Mengen an Papier, Pappe und Karton werden hingegen in erster Linie dem Recycling zugeführt. Insgesamt gehen somit deutlich mehr als 80 Prozent über verschiedene Wege in die Verbrennung.

Behandlung entspricht oftmals nicht den Vorgaben

Bei der Bilanzierung der Stoffströme nur über die erste Kaskadenstufe haben Ifeu und UEC festgestellt, dass mit 47 Prozent fast die Hälfte des Inputs als EBS oder Sortierrest einer energetischen Verwertung zugeführt wird. Dies widerspreche dem Vorrang der Vorbehandlung vor der energetischen Verwertung und stelle somit keine verordnungskonforme Behandlung von Abfallgemischen im Sinne der Gewerbeabfallverordnung dar, kritisieren die Autoren.

Denn in der ersten Stufe einer Behandlungskaskade dürften lediglich Monofraktionen an Wertstoffen sowie Schad- und Störstoffe aussortiert werden. Abfallgemische zur sonstigen, insbesondere energetischen Verwertung dürften nicht ausgeschleust werden. Die verbleibenden Gemische müssten stattdessen vollständig der nachgeschalteten Anlage zugeführt werden. Tatsächlich nehme aber nur ein Viertel des Outputs diesen Weg. Diese Tatsache und der hohe Anteil von 47 Prozent für die energetische Verwertung deuten somit auf regelmäßige Verstöße gegen die Gewerbeabfallverordnung hin, machen die Autoren deutlich.

Rechtsverstöße sehen sie auch bei der technischen Ausstattung der Vollanlagen. Diese entspreche in etwa der Hälfte der Fälle nicht den Mindestvorgaben, da im Behandlungskonzept mindestens eins der vorgeschriebenen Trennaggregate fehle. Damit werde deutlich, dass die Behandlung der vorbehandlungspflichtigen Gemische in erheblichen Anteilen nicht konform zur Verordnung erfolgt.

Um die Zusammensetzung von gemischten gewerblichen Siedlungsabfällen zu bestimmen, wurden im Rahmen der Untersuchung auch Sortieranalysen in fünf Vorbehandlungsanlagen durchgeführt. Im Ergebnis wurden dabei Kunststoffe mit einem Anteil von 24 Prozent als größte Fraktion identifiziert. Dahinter folgten Holz und die Feinfraktion kleiner zehn Millimeter mit jeweils 14 Prozent sowie Papier, Pappe und Karton mit rund 13 Prozent.

Von der PPK-Fraktion und den Kunststoffen ließen sich jeweils knapp 60 Prozent potenziell stofflich verwerten. Somit liegen die stofflich verwertbaren Anteile an Kunststoffen und PPK gemessen am Gesamtinput bei 14 bzw. acht Prozent. Tatsächlich werden in den Vorbehandlungsanlagen im Mittel aber nur rund drei Prozent an Kunststoffen und rund zwei Prozent an PPK zur stofflichen Verwertung aussortiert, bemängeln die Autoren der Studie. Gleichzeitig bestehen die energetisch verwerteten Reste und Ersatzbrennstoffe noch zu fast einem Viertel aus potenziell stofflich verwertbaren Anteilen der Materialien Kunststoff, Papier und Holz.

Nur jede siebte Anlage erreicht Mindestquote beim Recycling

Angesichts der großen ungenutzten Potenziale bei Vorbehandlung und Sortierung ist es wenig überraschend, dass die Recyclingquoten von Gewerbeabfällen weiterhin sehr niedrig ausfallen. Die seit 2019 vorgeschriebene Mindestquote von 30 Prozent wird bisher nur in Ausnahmefällen erreicht. Von Anlagen, die ausschließlich gemischte Siedlungsabfälle behandeln, erreichten dem Bericht zufolge 2020 und 2021 lediglich 13 bzw. 14 Prozent dieses Mindestziel. Der Anteil der Anlagen, die Recyclingquoten von weniger als zehn Prozent erreichten, lag 2020 bei 57 Prozent und 2021 bei 44 Prozent. Ungefähr jede fünfte Anlage schaffte noch nicht mal Recyclingquoten von fünf Prozent. Bei Quoten von unter fünf Prozent dränge sich die Frage auf, welches Ziel mit der Vorbehandlung verfolgt wird und ob das Behandlungskonzept grundsätzlich mit den Zielen der der Gewerbeabfallverordnung vereinbar ist, schreiben die Autoren.

Etwas besser fallen die Ergebnisse bei Anlagen aus, die zusätzlich auch noch gemischte Bauabfälle behandeln. Hier erreichten in den letzten Jahren jeweils immerhin rund ein Drittel die geforderte Recyclingquote von 30 Prozent. Etwa ein Viertel der Anlagen weist jedoch auch hier Recyclingquoten von unter zehn Prozent aus. Gleichzeitig wiesen fast 20 Prozent der Anlagenbetreiber Quoten von über 40 Prozent aus.

Einsatz von Bauabfällen als Deponieersatzbaustoff widerspricht Verordnungszielen

Die Experten von Ifeu und UEC geben aber zu bedenken, dass aufgrund der deutlich höheren Dichte der Mineralik im Vergleich zu anderen Wertstoffen, durch vergleichsweise geringe Aufbereitungsmengen an Mineralik hohe Recyclingquoten erzielt werden können. Außerdem werde die Berechnung der Quote unterschiedlich gehandhabt. Insbesondere die Frage, ob die Verwertung von mineralischen Fraktionen auf der Deponie als Recycling einzustufen ist, sei für viele Anlagenbetreiber unklar. Der Großteil der Anlagenbetreiber berücksichtige diese Art der Verwertung offenbar bei der Berechnung der Recyclingquote, heißt es in der Studie mit Verweis auf Aussagen von Branchenvertretern. Dies geschehe auch aus der Erfahrung heraus, dass seitens der Behörde mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Überprüfung des Berechnungsweges erfolgen wird.

Aus Sicht der Studienautoren widerspricht die Nutzung als Deponiersatzbaustoff jedoch den eigentlichen Zielen der Gewerbeabfallverordnung, da dabei eine Rückführung in den Wertstoffkreislauf nicht stattfinde. Die Berücksichtigung in der Recyclingquote und die sich daraus ergebende deutliche Erhöhung der Quote, könnten daher nicht im Sinne des Verordnungsgebers sein. Entsprechend sei diese Art der Verwertung – ebenso wie die Verfüllung – als sonstige Verwertung einzustufen und eine Berücksichtigung bei der Berechnung der Recyclingquote auszuschließen, so das deutliche Urteil der Experten.

Recyclingquote bisher ohne ausreichende Lenkungswirkung

Die unverändert niedrigen Recyclingquoten zeigen aus Sicht von Ifeu und UEC, dass die Lenkungswirkung insgesamt nicht ausreicht, um den Anteil der recycelten Abfälle durch die Vorbehandlung signifikant und im Sinne einer ambitionierten Kreislaufwirtschaft zu steigern. Die Ursache dafür sehen sie aber weniger im geforderten Mindestwert der Recyclingquote, sondern zum einen in der fehlenden Konsequenz bei Nichterreichen. So müssten die Anlagenbetreiber der Behörde bei Nichterreichung zwar die Gründe dafür darlegen, eine daraus folgende Verpflichtung zur Umrüstung oder Umstellung der Behandlungspraxis ergebe sich daraus jedoch nicht. Zum anderen seien auch wirtschaftliche Konsequenzen von der Verordnung nicht vorgesehen. Der dem Recycling zugeführte Anteil hänge nach wie vor von den Absatzmöglichkeiten und Erlösen der Wertstoffe in die Recyclingindustrie sowie der Konkurrenzsituation zur energetischen Verwertung ab. Die Recyclingquote habe seit ihrer Einführung keine relevante stoffstromlenkende Wirkung entfaltet, stellen die Autoren der Studie fest.

In der jetzigen Form eigne sich die Recyclingquote auch nur eingeschränkt als Prüfinstrument für die Überwachungsbehörden. Ob der Standort mit dem zugrundeliegenden Behandlungskonzept und der technischen Ausstattung für eine Vorbehandlung im Sinne der Gewerbeabfallverordnung geeignet ist, lasse sich anhand der gemeldeten Recyclingquote nicht ableiten. Für eine automatisierte und standardisierte Prüfung fehlt die Verpflichtung, dass die der Berechnung zugrundeliegenden Daten bei der Behörde vorzulegen sind. An der entscheidenden Stelle fehle es bislang an Transparenz und Nachvollziehbarkeit, heißt es weiter.

Unklare Definitionen und mangelnde Informationen hemmen Umsetzung

Einer praktiklaben Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung stehen aus Sicht von Ifeu und UEC eine Reihe von Hemmnissen entgegen. So lassen etwa die bisher nicht abschließend definierten Vorgaben zur technischen Mindestausstattung zu große Spielräume offen, die von Anlagenbetreibern, Behörden und Zertifizierungsstellen unterschiedlich ausgelegt werden. Für die Anlagenbetreiber führe die unübersichtliche Lage zu einer fehlenden Investitionssicherheit. Insbesondere in Grenznähe zu anderen Bundesländern bestehe außerdem die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen, wenn die Anforderungen unterschiedlich ausgelegt werden.

Auch die fehlenden Informationen über den Bestand an Vorbehandlungsanlagen erschweren den Vollzug. Vollzugsbehörden könnten schließlich nur dann prüfen, ob Anlagenbetreiber die Pflichten der GewAbfV erfüllen, wenn der Anlagenbestand und die Behandlungskonzepte im Zuständigkeitsbereich bekannt sind. Dies sei bislang in vielen Verwaltungseinheiten nicht der Fall, erklären die Experten. So sei etwa unklar, ob Anlagenbetreiber zur Meldung der Recyclingquote verpflichtet wären, dieser Pflicht aber nicht nachkommen, ob die Anlagen über die technische Ausstattung gemäß der Verordnung verfügen oder ob, Behandlungsanlagen vertraglich in eine Kaskadenbehandlung eingebunden sind.

Außerdem könne gegenwärtig nicht sichergestellt werden, dass Gemische zur weiteren Sortierung aus der ersten Behandlungsstufe tatsächlich in eine nachgeschaltete Anlage verbracht werden, macht die Studie deutlich. Die alleinige Vorlage eines Kaskadenvertrages zum Nachweis der verordnungskonformen Behandlung könne unzureichend sein. So seien Fälle bekannt, in denen Kaskadenverträge die vollumfängliche Behandlung von gewerblichen Abfallgemischen bescheinigten, die Umsetzung in der Praxis jedoch nicht oder nur teilweise erfolgte. In der Folge würden Stoffströme einer energetischen Verwertung zugeführt, obwohl diese Abfälle noch nicht die vorgeschriebenen fünf Sortieraggregate gemäß Gewerbeabfallverordnung durchlaufen haben.

Kaum Kontrollen bei Abfallerzeugern

Auf der Stufe der Abfallerzeuger sehen Ifeu und UEC ebenfalls Probleme. So hätten bisher nur wenige Landesbehörden den Vollzug beim Abfallerzeuger seit Inkrafttreten der Novelle der Verordnung intensiviert. Überprüfungen fänden fast ausschließlich im Rahmen der Regelüberwachung von Industriebetrieben statt, also bei großen Produktionsstandorten und Abfallbehandlungsanlagen, die dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und der europäischen Industrieemissions-Richtlinie unterliegen. Der Vollzug bei Abfallerzeugern, die keiner Regelüberwachung unterliegen, finde hingegen nur in abgegrenzten Schwerpunktaktionen statt, bemängeln die Autoren der Studie.

Als Hemmnisse bei der Erstellung der Dokumentationen durch die Abfallerzeuger verweisen sie unter anderem auf Unsicherheiten bezüglich Art und Umfang der Dokumentation und auf Probleme bei der Unterscheidung zwischen vorzubehandelnden gemischten gewerblichen Siedlungsabfällen und Restabfall zur Beseitigung. Durch die Erweiterung des Geltungsbereiches gebe es Unklarheiten darüber, welche Abfälle der Verordnung unterliegen und zu dokumentieren sind.

Für Probleme sorge auch die Begründung von Ausnahmetatbeständen. Wenn es technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist, Abfälle getrennt zu erfassen oder einer Vorbehandlung zuzuführen, kann laut Verordnung von den entsprechenden Pflichten abgewichen werden. Welche Kriterien zum Nachweis der Ausnahmetatbestände anzusetzen sind und durch wen dieser Nachweis zu erbringen ist, werde jedoch weder im Kreislaufwirtschaftsgesetz noch in der Gewerbeabfallverordnung eindeutig geregelt, kritisieren die Experten.

Dazu zähle auch die Frage, durch wen zu beurteilen ist, ob die Behandlung eines Gemisches technisch möglich ist. Sowohl Vertreter der Wirtschaft als auch der Abfallbehörden hätten im Rahmen von Fachdialogen klar gemacht, dass dafür eine fundierte technische Expertise zwingend notwendig sei, so dass dies nur durch den Betreiber einer Aufbereitungs- oder Vorbehandlungsanlage beurteilt werden kann – aber nicht von Abfallerzeugern oder Betreibern von Containerdiensten. Ebenfalls unklar sei seitens der vollziehenden Behörde, welche Anforderungen an die Begründung des Ausnahmetatbestandes der technischen Unmöglichkeit in den Dokumentationen der Abfallerzeuger und -besitzer gestellt werden können.

Verpflichtende Mindeststandards in Vorbehandlungsanlagen erhöhen

Für eine verbesserte Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung enthält die Evaluierung für das Umweltbundesamt auch eine Reihe von Handlungsempfehlungen. Die Sachverständigen von Ifeu und UEC schlagen dabei auch konkrete Änderungen am Verordnungstext vor. So sollte etwa in die Verordnung aufgenommen werden, dass Abfälle in Vorbehandlungsanlagen zwingend mit Nahinfrarottechnik zu sortieren sind. Bei Nachweis einer gleichwertigen Sortierleistung sollten Behörden aber auch ein alternatives Trennaggregat genehmigen können.

Darüber hinaus sollte in der Verordnung die Anzahl der hintereinandergeschalteten Anlagen in einem Kaskadenverbund auf maximal zwei Anlagen begrenzt werden. Ausnahmen davon müssten nachvollziehbar gegenüber der Behörde begründet werden.

Die Meldung der jährlich erreichten Sortierquote sollte analog zur Meldung der Recyclingquote verpflichtend werden, empfehlen die Sachverständigen weiter. Bei Nichterreichen der jährlichen Sortierquote und bei Unterschreitung der Recyclingquote um fünf Prozentpunkte müssten die Vollzugsbehörden zu einer Prüfung dahingehend verpflichten, ob die Behandlungskonzepte der Anlagen den Zielen der Verordnung entsprechen.

Kontrollen auch auf Müllverbrennungsanlagen erweitern

In der Studie werden auch Maßnahmen zur Verbesserung der Getrennthaltungspflicht bei Abfallerzeugern vorgeschlagen. Dazu zählen regelmäßige Kontrollen vor Ort und die Verpflichtung zur Aufstellung einer Speiserestetonne in Betrieben, in denen Lebensmittel gehandelt oder verarbeitet werden. Kontrollprüfungen durch die Vollzugsbehörden bei Müllverbrennungsanlagen stellen aus Sicht der Experten ebenfalls „ein strategisch sinnvolles und effektives Instrument“ dar, um Abfallerzeuger zu identifizieren, die einen Ausnahmetatbestand zur direkten energetischen Verwertung in Anspruch nehmen. Dadurch müssten nicht mehrere Millionen Gewerbetreibende geprüft werden, sondern bundesweit nur etwa 70 MVA-Standorte. Mit dieser Empfehlung greifen Ifeu und UEC auch eine seit Jahren erhobene Forderung der Entsorgerverbände BDE und bvse auf.

Felix Kaiser von UEC wies bei der Veranstaltung in Berlin allerdings daraufhin, dass gleichzeitig auch der in der Verordnung verankerte Ausnahmetatbestand der wirtschaftlichen Zumutbarkeit angepasst werden müsse, um einen Abfluss von Mengen in die Verbrennung wirksam zu stoppen. In der Studie empfehlen die Experten ein einheitliches, länderübergreifendes Vorgehen bei der Definition der wirtschaftlichen Zumutbarkeit, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Als Vorlage für eine mögliche Konkretisierung könne der Erlass des Niedersächsischen Umweltministeriums aus dem Jahr 2021 herangezogen werden, der von den Abfallbehörden als ergänzende Orientierungshilfe zur LAGA-Mitteilung 34 zu verwenden ist. Demnach gelten Mehrkosten von einem Drittel für die getrennte Erfassung gegenüber der Erfassung als Gemisch mit anschließender Behandlung als wirtschaftlich zumutbar. Weiterhin könnten den Betrieben erhöhte Kosten von 50 Prozent für die Vorbehandlung im Vergleich zur sonstigen Verwertung zugemutet werden.

Darüber hinaus sind aus Sicht der Experten von Ifeu und UEC weitere flankierende Maßnahmen notwendig, um Anreize für eine tiefergehende Wertschöpfung bei der Vorbehandlung von gemischten Siedlungsabfällen aus dem Gewerbebereich zu setzen. Zur Stärkung der Absatzfähigkeit von Sekundärkunststoffen könnten beispielsweise verbindliche produktspezifische Rezyklateinsatzquoten geeignet sein. Auch die Einführung einer Steuer auf Produkte und Verpackungen ohne Rezyklatanteil könnten die Absatzmöglichkeiten für Sekundärrohstoffe verbessern.

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