Studie zu Mikroplastik: Keine Hinweise auf negative Folgen für Fische

Umweltschützer warnen immer wieder vor den Gefahren durch Plastikmüll in den Meeren. Forscher des Thünen-Instituts für Fischereiökologie in Bremerhaven haben sich darum in einer Studie mit den Auswirkungen von Mikroplastik auf Fische beschäftigt. Sie gaben Stichlingen neun Wochen lang ein Futter, das so viele Mikroplastikfasern enthielt wie etwa das Meerwasser. Zum Vergleich bekamen andere Fische ein Futter mit natürlichen Fasern aus Baumwolle. Eine dritte Versuchsgruppe wurde mit faserfreier Nahrung gefüttert.

Die Ergebnisse sind durchaus überraschend. Das Fazit der Forscher: „Die geringen Mengen von Mikroplastik, die von Fischen in der Nord- und Ostsee aufgenommen werden, führen nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu keinen Beeinträchtigungen der Fischgesundheit und stellen kein Gesundheitsrisiko für Verbraucher dar.“ Die Wissenschaftler erwarten auch bei moderat höheren Mikroplastikkonzentrationen im Meer keine deutlichen Schädigungen der Fische.

Die Studie des Teams um den Fischereiökologen Jörn Peter Scharsack wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft finanziert und kürzlich in der Fachzeitschrift „Science of the Total Environment“ veröffentlicht.

Die Nordsee ist nach Angaben der Forscher deutlich stärker mit Makromüll belastet als die Ostsee. In den Untersuchungsgebieten der Nordsee fanden die Forscher 70,7 Müllteile pro Quadratkilometer, in der Ostsee 9,6. Der Abfall in der Nordsee bestand zu 91,3 Prozent aus Plastik, der in der Ostsee zu 62,2 Prozent. Etwa 80 Prozent des Plastikmülls setzen sich auf dem Meeresboden ab. Dort zerfällt er durch Umwelteinwirkungen in Mikroplastikteilchen, die überwiegend aus Polypropylen bestehen.

Mikroplastik finde sich im Körper von allen bislang untersuchten Meerestieren wieder, vom Plankton über Fische bis zu großen Meeressäugern, hieß es. Die Forscher bestimmten zunächst den Gehalt von Mikroplastik im Verdauungstrakt von Wildfischen, die zweimal jährlich mit Grundschleppnetzen aus Nord- und Ostsee geholt wurden. Dabei wurden insbesondere Klieschen - eine Plattfischart - und Heringe untersucht. Im Verdauungstrakt von Klieschen konnten die Forscher Mikroplastikpartikel nachweisen, allerdings weniger als zehn Partikel pro Fisch.

In einem weiteren Experiment dienten die Nachkommen von Dreistachligen Stichlingen, die an der Wesermündung bei Bremerhaven gefangen wurden, als Versuchstiere. Die Forscher untersuchten den Einfluss von Mikroplastik auf die Befruchtungsraten der Fischeier und die Entwicklung der Embryonen und Larven. Die Wissenschaftler schauten sich auch das Immunsystem der Stichlinge an. Das Blutbild der Tiere habe keinerlei Hinweise auf Entzündungen gezeigt, erklärte Scharsack.

Wo bleibt nun das aufgenommene Mikroplastik? Die Wissenschaftler erklärten dazu: „Die effiziente Ausscheidung der Fasern mit dem Kot verhindert voraussichtlich schädliche Auswirkungen von Mikroplastik-Fasern auf Fische - auch bei Faserkonzentrationen deutlich über den aktuellen Messwerten in der Umwelt.“

Die Forschungsergebnisse lassen sich nach Angaben von Scharsack auf andere Fischarten übertragen. „Ich würde so weit gehen, dass man sie im Prinzip auf alle Wirbeltiere übertragen kann“, sagt der Fischereiökologe. Die Grundstrukturen des Darmsystems seien bei allen Wirbeltieren vergleichbar.

Andere Wissenschaftler haben hingegen mehrfach die Befürchtung geäußert, dass Mikroplastik Tieren schadet. Bei knapp 90 Prozent der untersuchten Meeresarten seien Auswirkungen festgestellt worden, hatte Anfang des Jahres Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut erklärt. „Die dokumentierten Auswirkungen sind äußerst beunruhigend“, sagte Bergmann damals bei der Vorstellung einer Studie im Auftrag der Umweltorganisation WWF.

Scharsack sagte dazu: „Unsere Untersuchungen zeigen nicht, dass die zunehmende Vermüllung des Meeres mit Plastik unproblematisch ist. Nur konkrete Hinweise, dass die Aufnahme von Mikroplastik die Gesundheit der Fische beeinträchtigt oder die Entwicklung hemmt, haben sich nicht ergeben.“ (dpa/eigener Bericht)

- Anzeige -

Themen des Artikels
Kategorie des Artikels
- Anzeige -