
Die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen warnt mit Blick auf die laufenden Diskussionen um die geplante EU-Verpackungsverordnung (PPWR) vor deutlich mehr Verpackungsverbrauch, wenn Kunststoffverpackungen durch andere Materialien ersetzt werden müssen. Laut einer neuen Studie für den Verband würde die Menge der haushaltsnah anfallenden Verpackungen um zehn bis 20 Prozent steigen, wenn zehn Prozent der Kunststoffverpackungen durch andere Materialien ersetzt werden müssten.
Die IK begrüßt zwar den Vorschlag der EU-Kommission, die Menge an Verpackungsabfällen insgesamt schrittweise zu reduzieren. Kunststoffverpackungen würden aufgrund ihres geringen Gewichts bei zugleich hoher Funktionalität zur Reduktion der Verpackungsmenge beitragen. Außerdem eigneten sich Kunststoffverpackungen gut als Mehrweglösung.
Gegen Sonder-Reduktionsziel nur für Kunststoffverpackungen
IK-Hauptgeschäftsführer Martin Engelmann kritisierte in Dresden beim Internationalen Altkunststofftag einen Vorschlag der Berichterstatterin des EU-Parlaments Frédérique Ries für ein Sonder-Reduktionsziel für Kunststoffverpackungen. Die IK lehne diesen Vorschlag entschieden ab, so Engelmann. Ein Sonder-Reduktionsziel für Kunststoff würde auch den Trend zu Faser-Kunststoff-Verbunden und laminierten Papierverpackungen verstärken, zulasten der Kreislaufwirtschaft. Das widerspreche dem Vorschlag der EU-Kommission, den Verpackungsverbrauch pro Kopf bis zum Jahr 2040 schrittweise um insgesamt 15 Prozent zu reduzieren, so der Verband.
Laut der Studie der GVM Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung im Auftrag des Verbandes können mit nur 24 Gramm Kunststoff rund ein Kilogramm Produkt sicher verpackt werden. Andere Materialien benötigten dafür 116 Gramm und damit fast die fünffache Menge. GVM verglich die Materialeffizienz von Glas, Papier/Pappe/Karton, Eisenmetallen, Aluminium und Kunststoff. Die Studie ist laut IK repräsentativ für den Verpackungsverbrauch privater Haushalte in Deutschland im Jahr 2021.
Die Verpackungsmarktexperten der GVM sehen laut IK einen klaren Zielkonflikt. Die Verpackungsreduktionsziele der EU wären nicht erreichbar, wenn in erheblichem Maße leichte Kunststoffverpackungen durch schwerere Verpackungsmaterialien ersetzt werden.
„Die einfachste Art Kunststoff einzusparen besteht darin, Papier mit Kunststoff zu beschichten“, meintet Isabell Schmidt, IK-Geschäftsführerin Kreislaufwirtschaft. So entstünden Laminate oder Verbundwerkstoffe, die zwar weniger Kunststoff benötigten, aber meist mehr wiegen und schlechter zu recyceln seien als Monomaterial. Insbesondere lasse sich der enthaltene Kunststoffanteil dann nicht mehr recyceln.
Die IK schlägt deshalb vor, den Verpackungsverbrauch unabhängig von Packstoff zu reduzieren, „etwa indem die Verpackungen bei gleichem Inhalt kleiner und leichter gemacht werden.“ Hierauf habe die Kunststoffverpackungsindustrie in den vergangenen Jahrzehnten viel Innovationskraft verwendet. „Seit Anfang der 90er Jahre haben Kunststoffverpackungen im Durchschnitt ein Viertel ihres Gewichts verloren“, so Schmidt weiter.
Auch Mehrwegverpackungen können nach Ansicht des Verbands einen sinnvollen Beitrag zur Verpackungsreduktion leisten, etwa im Groß- und Einzelhandel, in der Take-away-Gastronomie oder im Versandhandel. Dort sei der Verpackungsverbrauch in den letzten Jahrzehnten besonders stark gewachsen. „Aber es muss schon genau hingesehen werden, denn Mehrweg ist nicht immer die ökologischere Wahl gegenüber Einweg – auch in diesem Punkt muss die Politik vorurteilsfrei vorgehen, wenn sie keine Symbolpolitik betreiben will“, sagt Schmidt.
„Mehrwegquoten diskriminieren Plastik“
Die Plastikdiskriminierung zeigt sich laut Verband im Entwurf der EU-Verpackungsverordnung jedoch auch bei den Mehrwegquoten. Hier seien zahlreiche Ausnahmen für faserbasierte Verpackungen vorgesehen. Die IK wehrt sich gegen diese „ökologisch nicht gerechtfertigten“ Ausnahmen. „Wo Mehrwegverpackungen aus Umweltgründen gefördert werden sollen, darf es keine pauschalen Ausnahmen für bestimmte Materialarten geben, sonst wird nur ein Einwegprodukt durch ein anderes ersetzt“, so Schmidt weiter.
Die Umweltziele der EU können, so die IK, nur durch einen fairen ökologischen Wettbewerb aller Materialien erreicht werden. Der Ersatz von Kunststoff führe nicht zum Ziel, denn jedes Material besitze einen ökologischen Fußabdruck. „Die Politik muss sich nun entscheiden, ob sie es ernst damit meint, den Verpackungsverbrauch nachhaltig zu reduzieren und die Kreislaufwirtschaft zu fördern oder nur Symbolpolitik betreibt, indem sie das Plastik-Bashing in Gesetze gießt,“ so Schmidt.