SRU-Gutachten: Politik soll Reparatur und Langlebigkeit von Geräten unterstützen

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen appelliert an die Politik, die Rahmenbedingungen so umzugestalten, dass Umweltschutz die naheliegende Option wird. In einem gestern veröffentlichten Sondergutachten führt der SRU die längere Nutzung von Smartphones als ein mögliches Fallbeispiel an.

Viele Verbraucher wären bereit, ihr Smartphone länger zu verwenden, statt ein neues zu kaufen, so der von der Bundesregierung eingesetzte unabhängige Expertenrat. „Wenn Produkte langlebiger gestaltet werden und dies beim Kauf auch deutlich wird, dann nützt es den Verbrauchern und der Umwelt“, erklärte Professorin Christina Dornack vom SRU anlässlich der Vorstellung des Gutachtens. Die Rahmenbedingungen erschwerten dies aber, da etwa der Akku nicht selbst gewechselt werden könne, Software-Updates nicht mehr zur Verfügung stünden, Reparaturen zu teuer und umständlich seien oder Verträge starke Anreize für ein Neugerät böten.

Um eine längere Nutzung von Geräten zu ermöglichen, schlagen die Experten eine Reihe von Maßnahmen vor. So sollte die Bundesregierung die Diskussion über ein allgemeines Recht auf Reparatur auf europäischer Ebene vorantreiben. Dadurch könnten die bereits beschlossenen Ökodesignregeln unterstützt werden, welche ab 2025 in der EU eine Gerätegestaltung fordern, die eine längere Nutzungsdauer ermöglicht.

Darüber hinaus müsse die Reparatur finanziell attraktiver werden, fordert der SRU. Das Angebot einer individuellen Kostensenkung, wie zum Beispiel der Reparaturbonus in Thüringen, vereinfache Reparaturentscheidungen. Daneben könnten organisatorische Erleichterungen wie ein unkomplizierter Zugang zu Ersatzteilen, Anleitungen und Reparaturbetrieben – zum Beispiel über Informationsplattformen – unterstützend wirkend. Auch regionale Reparaturinitiativen sollten gefördert werden.

Potenzial sehen die Sachverständigen auch bei Informations- und Bildungsangeboten. So könnte zum Beispiel Reparatur als verpflichtender Unterrichtsinhalt in Grund- und weiterführenden Schulen eingeführt oder Schulungen zur Gerätepflege durchgeführt werden. Angaben zu Umweltwirkungen, Lebensdauer und Reparierbarkeit ermöglichten bewusste Kaufentscheidungen, sind die Experten überzeugt. Der geplante europäische Reparierbarkeitsindex könnte, kombiniert mit dem Blauen Engel und der Eco-Rating-Initiative, als Basis für ein einheitliches, leicht zugängliches und verständliches Ranking dienen, schlagen sie vor.

Längere Garantie- und Gewährleistungsfristen könnten mittelfristig ebenfalls zu einer höheren Wertschätzung führen, heißt es in dem Gutachten weiter. Denkbar seien zudem Änderungen bei Handyverträgen, um eine längere Gerätenutzung zu erreichen. Als mögliche Optionen nennt der SRU eine Trennung von Verträgen und Geräten oder zumindest eine eindeutige Ausweisung des Gesamtpreises für das Gerät, Miete statt Kauf von Geräten oder Boni bei Vertragsverlängerung, wie z. B. den Austausch von Akkus oder Displays.

Die Chancen, den Trend zum häufigen Austausch funktionsfähiger Elektrogeräte zu verlangsamen, stehen aus Sicht des Sachverständigenrats grundsätzlich gut. Die europäische Initiative für nachhaltige Produkte werde absehbar zu mehr Ökodesign bei der Geräteplanung führen. Außerdem dürften ergänzende Maßnahmen in der Bevölkerung auf Akzeptanz stoßen, da eine längere Nutzung der Geräte hilft, Kosten zu sparen, sind die Experten überzeugt.

Hilfreich könnte außerdem die Bildung von „Unterstützerkoalitionen“ sein, beispielsweise für einen bundesweiten Reparaturbonus, heißt es in dem Gutachten weiter. Ein möglicher Verbündeter könnte etwa das Reparaturhandwerk sein, das wiederum selbst mit Aus- bzw. Weiterbildungsangeboten und in Kooperation mit Reparaturinitiativen aktiv werden könne. Auch die Kommunen könnten davon profitieren, wenn regional Arbeitsplätze und Wertschöpfung entstünden, sodass sie als Partner gewonnen werden sollten, empfiehlt der SRU.

„Ob Konsum, private Investitionen oder Freizeitverhalten: Es ist höchste Zeit, dass die Politik umweltfreundliches Verhalten erleichtert, fördert und – wo notwendig – auch einfordert“, erklärte Professorin Annette Elisabeth Töller als Fazit der Untersuchung. Dies sei nicht nur eine Aufgabe für die Umweltpolitik, sondern auch für Ressorts wie Verkehr, Energie, Bauen und Ernährung.

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