Greenpeace: Weiterhin illegale Exporte von Kunststoffabfall aus Deutschland

E-Schrottrecycler widerspricht Vorhaltungen entschieden

Nach Recherchen von Greenpeace wird deutscher Plastikmüll zum Teil weiterhin illegal im Ausland entsorgt. Er lande vor allem in der Türkei und in Südostasien, teilten die Umweltschützer mit. Dafür verfolgten sie in den vergangenen drei Jahren den Weg von 42 Lieferungen mit Kunststoffabfällen mithilfe in Big-Bags und Ballen versteckten Ortungsgeräten, sogenannten Trackern. 15 Ladungen landeten im Ausland, zum Teil gegen geltende Gesetze, meint Greenpeace.

Bei mindestens vier Exporten in die Türkei und nach Malaysia glaubt die Umweltschutzorganisation Verstöße gegen geltende Auflagen ausgemacht zu haben. Alle vier seien von der gleichen Firma ausgegangen:Dem E-Schrottrecycler Melor Edelmetall-Recycling mit Sitz im schleswig-holsteinischen Reinbek.

Melor-Geschäftsführer Ingo Nusseck widerspricht den Vorhaltungen von Greenpeace allerdings entschieden und hat ergänzend eine umfangreiche Stellungnahme vorgelegt: „Die Behauptungen zu einer Belieferung von Empfängern in Malaysia und in der Türkei durch die Melor Edelmetall-Recycling GmbH entbehren jeglicher Grundlage. Bezeichnenderweise fehlen konkrete Angaben zum Verlauf der angeblichen Abfalltransporte, die es ermöglichen würden, die angeblichen Transporte zu prüfen und die ins Blaue hinein aufgestellten Behauptungen zu kommentieren.“

Nach seinen Angaben dokumentiert Melor sämtliche Abfalllieferungen nach Abfalleingang und Abfallausgang getrennt und lückenlos. Den Aufsichtsbehörden seien alle abfallwirtschaftlichen Tätigkeiten sowie deren Dokumentation bekannt. Beanstandungen habe es bisher nicht gegeben. Nicht stofflich verwertbare Kunststofffraktionen führe Melor innerhalb von Deutschland einer energetischen Verwertung zu. Die Vorwürfe des selbsternannten „Investigativteams“ von Greenpeace gegen die Firma seien auch inhaltlich falsch. Für einen Feldzug gegen unzulässige grenzüberschreitende Abfallverbringung sei Melor der falsche Gegner, sagte Nusseck.

„Wenn von unseren Stichproben schon ein Drittel im Ausland landet und darunter mehrere Fälle illegaler Exporte sind, dann ist dieses Problem noch viel größer“, sagte Jakob Kluchert vom Greenpeace-Investigativteam. „Der Export von Plastikabfällen muss gestoppt werden – und die Behörden sind in der Pflicht, dies mit strengeren Kontrollen auch durchzusetzen.“

Neun Tracker hatte das Rechercheteam 2021 und 2022 in Ladungen der Firma Melor versteckt. Fünf bleiben auf dem Gelände, drei gingen in die Türkei, davon zwei zu einem seriösen Recycler in Usak, heißt es in dem Greenpeace-Bericht. Ganz anders habe es sich beim dritten beobachteten Export in die Türkei verhalten. Der Tracker befand sich laut Greenpeace in einem Plastik-Mix aus PET und PP und wurde darin zu einer Firma südlich von Adana transportiert. Die Einfuhr von gemischten Plastikabfällen ist dort verboten. Zudem habe die betreffende Firma zum Zeitpunkt des Imports keine türkische Lizenz besessen.

Melor kann diese Aussage nicht nachvollziehen. Denn zum einen beschäftige sich der E-Schrottrecycler nicht mit gemischten PET- und PP-Abfällen. Und zum anderen sei Melor die als Abnehmer genannte türkische Firma weder bekannt, noch wurde sie oder werde sie beliefert, versicherte Melor-Geschäftsführer Nusseck.

In Malaysia landete laut Greenpeace ebenfalls Plastikmüll der Firma Melor. Ein getrackter BigBag mit Plastikbruchstücken aus dem Elektro- und Elektronikschrott befand sich in einer Sortier- und Zerkleinerungsanlage nahe Kuala Lumpur. Demnach seien dort auch Gewässer und das umliegende Gelände durch den angelieferten Müll verschmutzt worden. Auch diese Aussage kann Melor nicht nachvollziehen. Die von Greenpeace benannte Firma in Malaysia sei weder bekannt, noch wurde sie oder werde sie von Melor beliefert.

Fünf Trackinggeräte wurden 2020 bei drei Recyclingfirmen in Deutschland zwischen Bruchstücken von Hartplastik versteckt. Drei Tracker verließen laut Greenpeace die Gelände nicht. Zwei Tracker im Müll der Firma Melor sendeten zuletzt aus Malaysia. Dem Bericht zufolge sei der Plastikmüll mit Brom belastet gewesen, das vermutlich aus bromierten Flammschutzmitteln stamme.

Nach Darstellung des deutschen E-Schrottrecyclers sind die im Jahr 2020 nach Malaysia gelieferten Kunststoffabfälle vor dem Versand durch ein unabhängiges akkreditiertes Labor geprüft worden. Die Laboranalysen haben nach Angaben der Firma einen Gehalt an Bromverbindungen von weniger als den zulässigen 0,1 Gewichtsprozent aufgewiesen. Jede Charge werde erst dann zur Verwertung innerhalb oder außerhalb Deutschlands freigegeben, wenn die Einhaltung dieses gesetzlich zulässigen Wertes durch die Laboranalyse nachgewiesen sei.

Der Kurzbericht von Greenpeace förderte unter anderem auch eine für Experten wenig überraschende Erkenntnis zu Tage: Die Nachverfolgung per GPS-Trackern in gelben Säcken funktioniert demnach definitiv nicht. Von zehn Trackern, die im Juni 2021 in verschiedenen Städten Deutschlands in gelben Säcken platziert wurden, überlebte dem Greenpeace-Bericht zufolge keiner.

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