Etwa 13.000 Tonnen Schlachtabfälle illegal in bayerischer Biogasanlage entsorgt

Etwa 13.000 Tonnen Schlachtabfälle sollen in einer Biogasanlage in Paulushofen bei Ingolstadt illegal entsorgt worden sein. Das geht aus einem Bericht des Bayerischen Rundfunks hervor.

Zwischen 2017 und 2020 sollen die Abfälle ohne notwendige Genehmigung des zuständigen Amtes verarbeitet worden sein, so der BR. Des Weiteren wurden auf einer Fläche von mehr als 300 Hektar die Gärreste der ungenehmigt entsorgten Abfälle ausgebracht. Der Vorwurf der Bodenverunreinigung steht nun im Raum, so der Bayerische Rundfunk. Bei den Schlachtabfällen handele es sich vornehmlich um Blut, Flotate, welche bei chemisch-physikalischen Abwasserreinigungsverfahren anfallen und um Magen-Darminhalte.

Lediglich für die Verwertung von Speiseresten, etwa aus der Gastronomie, und Gülle aus dem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb hatten die Betreiber eine Genehmigung – für die Schlachtabfälle allerdings nicht. Das bestätigte das Landratsamt des Landkreises Eichstätt.

Tönnies plädiert auf Täuschung

Der Fleischkonzern Tönnies Holding aus Rheda-Wiedenbrück bei Gütersloh steht nun ebenfalls im Blickpunkt. Der Großteil der Abfälle stammte von einem Schlachthof in Weißenfels im Burgenlandkreis, welcher zu Tönnies gehört.

Mehr als 450 Fahrten wurden laut internen Unterlagen, welche dem BR vorliegen, durchgeführt. Der Nahrungsmittelhersteller plädiert allerdings darauf getäuscht worden zu sein, so der Justiziar des Unternehmens, Martin Bocklage. Man räume zwar ein, dass Abfälle nach Paulushofen transportiert wurden, dass die Anlage allerdings keine Genehmigung für diese Art von Abfällen besaß, sei dem Konzern nicht bewusst gewesen.

„An der Stelle ist mir wichtig zu betonen, dass wir hier Opfer geworden sind einer kriminellen Handlung, eines Betruges, einer Urkundenfälschung oder kumulativ mehrerer Delikte. Und wir sind nicht Täter“, fügte Bocklage gegenüber dem BR hinzu. So habe sich Tönnies auf einen externen Berater verlassen.

Gegenseitige Schuldzuweisungen und unzureichende Prüfung der Behörden

Der Anwalt des entsprechenden Beraters, ließ umgehend verlauten, dass sein Mandant für die Vorgänge in Paulushofen nicht eingebunden gewesen sei. Lediglich den Kontakt zwischen Tönnies und diversen Betrieben habe der Berater hergestellt. Auf gefälschten Lieferscheinen habe zudem die Adresse seiner Firma gestanden – deswegen habe er Strafanzeige wegen Urkundenfälschung gegen Unbekannt erstattet, erläuterte der Anwalt weiter.

Nun geraten die Veterinärämter des Burgenlandkreises in Sachsen-Anhalt und des Kreises Eichstätt unter Beschuss. Diese sind nämlich für die Kontrolle der Entsorgung von tierischen Nebenprodukten zuständig. Ein klassischer Fall von Fehlkommunikation lag vor. Im Burgenlandkreis hatte beim Amt niemand bemerkt, dass die Anlage in Paulushofen keine Genehmigung hatte und in Eichstätt wusste die Behörde nicht einmal, dass überhaupt Abfälle zur Anlage im eigenen Kreis verbracht worden sind.
„Das System zur Nachverfolgung von Schlachtabfällen funktioniert offensichtlich bei uns nicht. Nach meiner Vermutung waren die Schlachtabfälle komplett unter dem Radar und man hatte sie überhaupt nicht auf dem Schirm“, erklärte Rosi Steinberger (Grüne), Vorsitzende des Umweltausschusses im Bayerischen Landtag.

Unterstrichen wird diese Aussage dadurch, dass nur die Hälfte der 16 Bundesländer gegenüber dem BR angaben, Daten zu Mengen von Schlachtabfällen vorliegen zu haben.
Im Frühjahr 2020 wurde eine Anzeige, unter anderem gegen den ehemaligen Betreiber der Anlage gestellt, so der öffentlich-rechtliche Sender aus Bayern. Die Kriminalpolizei Ingolstadt hatte zeitweise eine Ermittlungsgruppe "Biogas" eingerichtet. Es gab ein Dutzend Hausdurchsuchungen – auch im Landratsamt Eichstätt. Ob es gegenüber dem von Tönnies eingesetzten Berater zur Anklage kommen wird soll laut dem BR in den nächsten Wochen entschieden werden.

Diese Angelegenheit ist allerdings kein Kavaliersdelikt. Wer entgegen § 2a des Tierischen Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes ein dort bezeichnetes tierisches Nebenprodukt oder Folgeprodukt abholt, sammelt, kennzeichnet, befördert, lagert, behandelt, verarbeitet, verwendet oder beseitigt, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bedacht werden. Die illegale Entsorgung kann zudem gesundheitliche Schädigungen zur Folge haben.

 

Gefahr durch Krankheitserreger nicht von der Hand zu weisen

Tierische Nebenprodukte aus Schlachthöfen können Krankheitserreger und antibiotikaresistente Bakterien enthalten. Diese können auf Pflanzen und Lebensmittel übertragen werden, wenn Gärreste aus Schlachtabfällen als Dünger ausgebracht werden. Experten gehen davon aus, dass das potentiell auch für Menschen gefährlich sein kann, so das Bundesinstitut für Risikobewertung gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Sender.

Seit der von Tieren verursachten Seuche BSE regelt eine Verordnung der Europäischen Union wie tierische Nebenprodukte entsorgt werden müssen. Eingeteilt wird in drei Kategorien: Material mit einem hohen Risiko, Material mit einem mittleren Risiko und Material mit einem geringen Risiko, erläuterte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

Die momentan geltende Rechtsgrundlage ist 2011 in Kraft getreten und besagt Tierische Nebenprodukte sind durch Verbrennung oder Mitverbrennung sowie Deponierung zu beseitigen oder als Brennstoff zu verwenden. Material mit einem mittleren Risikokönne auch Kompostiert oder in Biogas umgewandelt werden.

 

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