Deutschland ist in Europa Vorreiter bei Recyclinganlagen für Lithium-Ionen-Batterien

Skandinavier und Nordamerikaner planen ebenfalls große Recyclingkapazitäten

Deutschland ist beim Recycling von Lithium-Ionen-Batterien ein Vorreiter in Europa. Kein anderes europäisches Land kann so viele in Betrieb genommene oder geplante Anlagen für das Batterierecycling vorweisen wie die Bundesrepublik. Die Kapazitäten der Anlagen bewegen sich zwar bisher höchstens im vierstelligen Tonnen-Bereich, sollen aber mittel- und langfristig deutlich ausgebaut werden. Das geht aus EUWID-Recherchen bei verschiedenen Anlagenbetreibern in Europa hervor.

In Deutschland befinden sich demzufolge bisher sechs Recyclinganlagen für Lithium-Ionen-Batterien in Betrieb. Vier weitere Unternehmen planen konkret in den nächsten zwei bis drei Jahren die kommerzielle Inbetriebnahme ihrer Anlagen. Ihre Werke sind entweder noch nicht gebaut oder befinden sich derzeit noch im Status einer Pilotanlage. Zudem beschäftigen sich mehrere Unternehmen in Deutschland mit der Wiederverwendung von Produktionsschrott aus der Batterieherstellung.

Sowohl Großkonzerne wie Volkswagen oder Mercedes-Benz als auch Kleinbetriebe mit unter 100 Arbeitnehmern wie Accurec oder Duesenfeld sind im Bereich Batterierecycling tätig. Während die beiden Automobilkonzerne bisher noch keine kommerziellen Anlagen für das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien vorweisen können, sondern lediglich Pilotanlagen, recyceln Duesenfeld und Accurec bereits rund 3.000 Tonnen Batterien jährlich.

Insbesondere Accurec hat große Pläne für die Zukunft. So gab Firmengründer Reiner Sojka gegenüber EUWID an, dass bereits fünf Mio € in den Bau der Anlage und die dazugehörige Infrastruktur investiert wurden. Außerdem sei der Anlagenstandort für insgesamt 60.000 Tonnen genehmigt und baulich ausgerüstet. Eine solche Aufrüstung würde etwa weitere 8,5 Mio € kosten, ergänzte der Geschäftsführer von Accurec.

Die bisher größte Batterierecyclinganlage in Deutschland steht im Erzgebirge und wird von der Nickelhütte Aue betrieben. Dort lag die durchgesetzte Menge an verarbeiteten Lithium-Ionen-Batterien im Jahr 2021 bei etwa 4.000 Tonnen, erklärte ein Pressesprecher gegenüber EUWID. Die Kapazitätsgrenze der Anlage liege allerdings mit 7.000 Tonnen jährlich deutlich darüber.

Großprojekte in Skandinavien geplant

Nicht nur in Deutschland wird dem Thema Batterierecycling eine große Bedeutung beigemessen, auch in den skandinavischen Ländern sind mehrere Anlagen zum Recycling von Lithium-Akkus geplant oder bereits in Betrieb.

Für große Aufmerksamkeit sorgte in den letzten Monaten der schwedische Batteriehersteller Northvolt. Das Stockholmer Unternehmen plant eine „Gigafactory“ zur Produktion von Elektrofahrzeugbatterien in Heide in Schleswig-Holstein, etwa 20 Kilometer von der Nordseeküste entfernt. Dort soll neben der Produktion von Batterien auch eine Anlage zum Recycling von Produktionsschrott entstehen, genauere Details wollte Northvolt gegenüber EUWID nicht preisgeben.

Im schwedischen Skelleftea ist das Unternehmen bereits einen Schritt weiter. Dort soll die größte europäische Anlage zum Recycling von Lithium-Ionen-Batterien entstehen. Im Jahr 2023 möchte der Batteriehersteller auf dem Gelände seines Werks Northvolt Revolt mit dem Recycling starten und die Kapazität sukzessive auf bis zu 125.000 Tonnen jährlich erhöhen. Zum Vergleich: Für das Jahr 2035 gehen Fraunhofer-Experten in einem Bericht aus dem Jahr 2021 von einer Rücklaufmenge an Batteriezellen aus Elektroautos von 250.000 Tonnen in Europa aus. Das bedeutet, dass bei voller Auslastung der Anlage in Skelleftea, dort rund die Hälfte aller in Europa zurückgeführten Lithium-Ionen-Batterien aus PKW behandelt werden könnten.

Die gesamte Menge an recycelbaren Lithium-Ionen-Batterien würde allerdings weit höher liegen. Da auch ein enormes Aufkommen an Produktionsschrott oder an Batterien aus Nutzfahrzeugen prognostiziert wird. Für das Jahr 2040 rechnen die Experten mit einer Rücklaufmenge gebrauchter Lithium-Batterien aus unterschiedlichen Anwendungen von über 1,5 Mio Tonnen jährlich.

Allerdings ist Northvolt nicht nur in Deutschland und Schweden tätig, sondern auch in Norwegen. Dort wurde Mitte Mai in Zusammenarbeit mit dem norwegischen Aluminiumhersteller Hydro eine Batterierecyclinganlage in Fredrikstad eröffnet. Die Kapazitätsgrenze liegt bei 12.000 Tonnen jährlich, so die beiden Partner.

In Finnland ist der Energiekonzern Fortum vergangenes Jahr in das Recycling von Lithium-Ionen-Akkus eingestiegen. Etwa 3.000 Tonnen Batterien wurden laut Firmenangaben im Jahr 2021 in der mechanischen Zerlegung verarbeitet. Bereits 24 Mio € habe das Unternehmen in die Anlage im südfinnischen Harjavalta bei Pori investiert. Bis 2023 möchte Fortum seine Aktivitäten allerdings massiv ausbauen und plant eine hydrometallurgische Aufbereitung von 50.000 Tonnen.

Veolia mit Anlagen in Frankreich und Großbritannien

Der Entsorger Veolia kann zurzeit zwei Batterierecyclinganlagen in Frankreich vorweisen. Des Weiteren plant der Konzern eine Anlage im englischen Minnworth bei Birmingham mit einer Kapazität von 5.000 Tonnen jährlich. Im Heimatland Frankreich betreibt Veolia bzw. dessen Tochtergesellschaft Sarpi eine Pilotanlage für das Batterierecycling, welche auf die hydrometallurgische Verarbeitung fokussiert ist, so ein Unternehmensvertreter gegenüber EUWID.

Ab nächstem Jahr könnten dort am Standort Amneville bei Metz etwa 7.000 Tonnen Batterien recycelt werden. Des Weiteren betreibt Veolia eine Anlage in der Moselregion, welche im letzten Jahr einen Durchsatz von etwa 2.000 Tonnen Material vorweisen konnte. Die Anlage ist seit 2013 in Betrieb und soll ab dem kommenden Jahr bis zu 5.000 Tonnen Batterien verarbeiten können. Der Fokus liegt hierbei auf der Produktion von Schwarzmasse, ergänzte der Unternehmensvertreter.

Großinvestitionen auch bei nordamerikanischen Batterierecyclern

Trotz der vielen bereits in Betrieb genommenen sowie geplanten Batterierecyclinganlagen in Europa, lohnt auch ein Blick über die Grenzen des Kontinents. Besonders in den USA wurden in den vergangenen Jahren Großprojekte im Bereich Batterierecycling angekündigt.

So hat sich beispielsweise der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore Anfang Mai für 200 Mio US-Dollar am kanadischen Batterierecycler Li-Cycle beteiligt. Das Unternehmen plant nicht nur in den USA und Kanada große Anlagen, sondern hat auch angekündigt in Deutschland sowie in Norwegen, bei beiden ist der Standort noch unbekannt, eigene Werke aufbauen zu wollen. Bei der Anlage in Rochester im Bundesstaat New-York möchte Li-Cycle bereits 2023 mit einer Kapazität von 90.000 Tonnen den Betrieb aufnehmen.

Auch das US-amerikanische Unternehmen Ascend Elements, früher Battery Resourcers, in Covington im Bundesstaat Georgia hat große Pläne. Fast 50 Mio US-Dollar möchte das Unternehmen in die Hand nehmen, um ein Werk mit einer Größe von 154.000 Quadratmetern zu bauen. Etwa 30.000 Tonnen Batterien sollen bei Inbetriebnahme der Anlage jährlich verarbeitet werden, erklärte das Unternehmen.

Die weltweiten bereits bereitgestellten oder geplanten Kapazitäten der Batterierecyclinganlagen mögen sehr hoch erscheinen. Experten sind sich allerdings uneinig wie hoch das Aufkommen an zurückgenommenen Elektroautobatterien in den nächsten Jahren sein wird. Ein Bericht der Katholischen Universität Leuven weist allerdings auf den enorm steigenden Rohstoffbedarf diverser für den Bau von Elektroautos unabkömmlichen Materialien hin. Der Bericht prognostiziert eine enorm steigende Nachfrage an Sekundärrohstoffen wie Nickel, Kobalt, Kupfer oder Lithium in den nächsten Jahren. Hier könne das Recycling der entscheidende Schlüsselfaktor sein, um den Materialbedarf zu decken.

Deutschland hat bereits im Mai natürlich nachwachsende Rohstoffe verbraucht

Am 4. Mai war es wieder soweit – „Earth Overshoot Day“. Deutschland hat seine natürlichen Ressourcen bereits vollständig verbraucht. Dieser Tag steht wie kein anderer für den enormen Rohstoffbedarf auf der Erde und insbesondere auch in Deutschland. Einen enormen Bedarf an Ressourcen vereinnahmt dabei der Bereich Verkehr und Fortbewegung.

Im Jahr 2020 wurden in Deutschland fast 400.000 Elektroautos, batteriebetrieben oder Plug-in-Hybrid, neu zugelassen. In Europa waren es insgesamt sogar mehr als 1,3 Mio Fahrzeuge, so der Verband der Automobilindustrie (VDA). Weltweit wurden rund zehn Mio Elektrofahrzeuge neu angemeldet, ergänzte der Verband. Etwa 6,7 Mio davon waren ausschließlich batteriebetriebene Fahrzeuge.

Die Mobilitätswende nimmt also immer weiter Fahrt auf. Die deutsche Bundesregierung hat sich im vergangenen Jahr das Ziel gesetzt, bis Ende 2030 fast 15 Mio Elektroautos auf die Straßen zu bekommen. Der Rohstoffbedarf ist für ein solches Vorhaben enorm. Ein Elektroauto mit einer Leistung von 60 Kilowattstunden, rund 80 PS, benötigt insgesamt etwa 185 Kilogramm Rohstoffe, wie Kupfer, Nickel, Aluminium und natürlich Lithium. Das geht aus einer Erhebung der nichtstaatlichen europäischen Organisation Transport and Environment hervor.

Fahrzeuge mit einer höheren Leistung benötigen dementsprechend das Doppelte oder Dreifache an Materialien. Bei solchen Zahlen gerät das Batterierecycling immer stärker in den Fokus. Europa möchte sich unabhängig von anderen Erdteilen machen, sowohl in der Batterieproduktion als auch im Recycling der Akkus.

Hat eine Elektroautobatterie 20 Prozent ihrer Leistung verloren, so ist sie für den Einsatz im Auto nicht mehr tauglich und muss ausgebaut und in die Zweitnutzung überführt werden, erklärte das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie in dem Bericht „Wiederverwendung und Recycling von Lithium-Ionen-Akkus“. Hat die Batterie nur noch 30 Prozent Restleistung ist sie auch für die Second-Life-Nutzung zu schwach und muss recycelt werden, ergänzte das Landesamt.

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