Bioenergiebranche: Mehrere hundert Mio. € an Investitionen wegen Strompreisbremse in Gefahr

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Die Bioenergiebranche hat eine Bewertung zum jüngst vorgelegten Eckpunktepapier „Umsetzung der Entlastungsmaßnahmen Gas und Strom“ vorgenommen. Im Gegensatz zu den im Oktober bekannt gewordenen Überlegungen des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) werde die Höhe der Obergrenze, ab der ein Bioenergieanlagenbetreiber 90 Prozent aus der Stromproduktion erzielten Erlöse abgeben muss, offengelassen. Eine rückwirkende Abschöpfung ist jedoch weiterhin vorgesehen, auch wenn deren Beginn von März auf September 2022 verschoben werden soll.

„Die Vorschläge der Bundesregierung lassen die entscheidende Frage offen: Wie viel der Strommarkterlöse darf ein Anlagenbetreiber behalten?“, sagt Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie. Rostek verweist erneut auf die in den letzten Jahren stark gestiegenen Kosten für technische Komponenten und Betriebsstoffe. Insbesondere seit Beginn des Ukrainekriegs sei es zu weiteren starken Preissteigerungen bei landwirtschaftlichen Rohstoffen und Holz gekommen.

Branche fordert Ausnahme für Bioenergieanlagen

„Bei den BMWK-Überlegungen war absehbar, dass die allermeisten Anlagen ihre gestiegenen Kosten nicht mehr decken könnten und ihre Stromerzeugung deutlich zurückfahren oder sogar den Betrieb vollständig einstellen würden“, so Rostek weiter. Damit würden gerade im kommenden Winter große Mengen des so dringend benötigten erneuerbaren Stroms und Wärme fehlen. „Dass die Frage nach der Höhe der Obergrenze offengelassen wird, zeigt, dass die Bundesregierung sich in diesem Punkt nicht angreifbar machen möchte, aber nicht, dass der Bioenergiebranche die nötige Luft zum Atmen gelassen wird.“ Die Stromerzeugung aus Biomasse müsse deshalb vollständig von der Erlösabschöpfung ausgenommen werden.

Rückwirkende Abschöpfung ist Vertrauensbruch

Auf keinen Fall dürfe es zu einer rückwirkenden Abschöpfung von Erlösen kommen. Viele Anlagenbetreiber hätten die gestiegenen Erlöse bereits reinvestiert und/oder zur Deckung gestiegener Betriebs- und Einsatzstoffkosten ausgegeben. „Eine Rückwirkung wäre ein Vertrauensbruch erster Güte und würde die Investitionsbereitschaft der Bioenergiebranche für Jahre beeinträchtigen – die Energiewende würde noch weiter ins Stocken geraten.“ Bereits die Ankündigung einer rückwirkenden Abschöpfung im Oktober habe nach einer Umfrage des Fachverbands Biogas dazu geführt, dass allein in der Biogasbranche Aufträge mit einem Investitionsvolumen von rund 400 Mio. € eingefroren oder ganz storniert wurden und für 2023 geplante Investitionen in Höhe von mindestens 500 Mio. € neu überdacht werden.

Belastung flexibler Fahrweise "völlig kontraproduktiv und unsinnig"

Auch der Ansatz, 90 Prozent aller Erlöse abzuschöpfen, die Anlagen durch eine flexible Fahrweise zusätzlich erzielen können, sei aus energiewirtschaftlicher Sicht „völlig kontraproduktiv und unsinnig“. Es seien jene Preisanreize, die die Verlagerung von Strom- und Wärmeerzeugung auf Stunden anreizen, in denen sonst Erdgasturbinen betrieben werden müssen. „Jede flexibel eingespeiste Kilowattstunde senkt direkt den Bedarf an fossilen Alternativen und vor allem den Verbrauch von teurem Erdgas.“

Man hoffe nun auf einen konstruktiven Dialog, der sowohl die Energiekosten für die Verbraucher senkt, aber auch die erneuerbare Energieerzeugung „durch eklatante Fehlanreize nicht gefährdet“. (ContextCrew)

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