BDE präsentiert Forderungen für nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie

Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft hat heute seine Forderungen für die von der Bundesregierung angekündigte nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie vorgestellt. Im Zentrum der insgesamt 35 Forderungen stehen ein Ausbau der Getrenntsammlung, ein besserer Vollzug bestehender Regelungen, mehr Herstellerverantwortung sowie die Schaffung eines europäischen Binnenmarktes für Kreislaufwirtschaft durch harmonisierte EU-Regelungen.

„Eine Strategie, wie sie die Bundesregierung plant, kann viele positive Effekte entfalten, wenn sie sich ambitionierte und praxistaugliche Ziele setzt, sich auch glaubhaft mit den Schwächen des Standorts auseinandersetzt und in der EU für ein Level Playing Field kämpft“, erklärte Verbandspräsident Peter Kurth heute Woche bei der Vorstellung der BDE-Forderungen in Berlin.

„Ziel muss es sein, das Abfallaufkommen stärker als bisher vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln und so gute und so viele Rohstoffe wie möglich aus Abfallströmen zu gewinnen“, schreibt der Verband in seinem Forderungskatalog. Dazu sei es entscheidend, rohstoffeffizienter zu wirtschaften, Nutzungsphasen von Waren zu verlängern und die Anstrengungen für eine ambitioniertere und bessere Getrenntsammlung deutlich zu steigern. Grundsätzlich gelte für alle Stoffströme, dass Verbundmaterialien für die Kreislaufführung ungeeignet seien und gute Getrennterfassung und -sammlung notwendig sind für das Schließen von Stoffstromkreisläufen.

Vollzugsoffensive für mehr Getrenntsammlung

Konkret fordert der BDE unter anderem, Bringsysteme nur noch für geeignete Abfälle, wie z.B. für gefährliche Abfälle anzubieten. Bei Massenströmen wie Altpapier und Bioabfällen sollte die Wertstoffhofsammlung nur noch ergänzend zum haushaltsnahen Holsystem angeboten werden. Insbesondere bei der Bioabfallsammlung bedarf es einer „Vollzugsoffensive in allen Kreisen und Städten“ für mehr Getrenntsammlung. Denn zehn Jahre nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes liege der Anschlussgrad der Biotonne bundesweit gerade mal bei 50 Prozent. Dadurch gingen enorme Mengen an organischen Abfällen im Restmüll verloren, betonte Kurth.

Großes Potenzial sieht Verband auch bei den mineralischen Abfällen. Bei Sanierungs- und Abbrucharbeiten in Gebäuden sei die Bauherrenverantwortung für ein Rückbaukonzept und darauf aufbauend die getrennte Erfassung der anfallenden Materialströme unverzichtbar für die bestmögliche Gewinnung von mineralischen Recycling-Rohstoffen, heißt es. Gleichzeitig sei aber auch die öffentliche Hand bei der Beschaffung von recycelten Materialien von entscheidender Bedeutung. Die zuständigen Ämter sollten künftig erklären müssen, warum sie keine „kreislauffreundlichen“ Materialien beschaffen. Von der Bundesregierung erwartet der BDE außerdem die zeitnahe Einführung des geplanten Recyclinglabels.

Verpflichtende Substitutions- statt Recyclingquoten

Zur besseren Messbarkeit des Fortschritts bei der Kreislaufwirtschaft schlägt der Verband außerdem die Einführung einer Substitutionsquote für Deutschland vor. Die bisher ausgewiesenen amtlichen Recyclingquoten würden ein verzerrtes, weil zu optimistisches Bild der tatsächlichen Lage der Rohstoffverwertung aus Abfällen wiedergeben. Bessere Aussagen über die Qualität und Quantität von Recyclingrohstoffen ließen sich durch eine Substitutionsquote treffen. Eine solche Quote zeige, wie hoch der Anteil der Recyclingrohstoffe am gesamten Rohstoffbedarf des Landes ist, heißt es zur Erklärung. Ein Anstieg der Quote könne durch rohstoffeffizienteres Wirtschaften sowie verstärktes Recycling erreicht werden.

Um einen Effekt auf die praktische Kreislaufführung zu haben, sollte die Quote auch auf einzelne Materialien und Elemente heruntergebrochen werden und mittel- bis langfristig auch die branchen- und produktspezifische Ebene mit einbeziehen, so der BDE weiter. Auf Basis einer realistischeren Messung des Beitrags der Kreislaufwirtschaft könne die Politik künftig zielgerichtete Maßnahmen und verpflichtende Einsatzquoten für Rezyklate für einzelne Materialien oder Sektoren vorgeben. Gerade im Bereich kritischer Rohstoffe wie im Bereich der seltenen Erden oder bei Komposten als Torfersatz in der Erdenproduktion könnten verpflichtende Substitutionsquoten ein geeignetes politisches Instrument zum Ausbau der Kreislaufwirtschaft sein, die zu einer klimaschonenden wirtschaftlichen Wertschöpfung beitragen, hofft der Entsorgerverband. Bei der Einführung solcher spezifischen Pflichtquoten müssten jedoch Mengenverfügbarkeiten, technische Möglichkeiten und mögliche Zielkonflikte mit anderen Verwendungsformen der Materialien berücksichtigt werden.

Regeln für gleiche Wettbewerbsbedingungen europaweit harmonisieren

Zur Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen in Europa fordert der Verband nicht nur ein europaweites Deponieverbot für unbehandelte Siedlungsabfälle, sondern auch Verbesserungen bei der innereuropäischen Abfallverbringung, identische finanzpolitische Instrumente und ein gleiches Verständnis von Vollzug und Umsetzung der europäischen Rechtsvorgaben. Letzteres gelte auch für die Definition und Abgrenzung von Produkten und Abfällen. „Der Flickenteppich teils sogar innerhalb Deutschlands ist inakzeptabel, wenn wir Marktchancen für gute Rezyklate erhöhen wollen“, schreibt der BDE. Ein uneinheitliches Verständnis der Schnittstellen im Kreislauf behindere das Recycling.

Darüber hinaus fordert der Entsorgerverband eine Vorreiterrolle Deutschlands bei der Schaffung EU-weit einheitlicher Regelungen zum digitalen Produktpass. Nur die höchstmögliche Transparenz hinsichtlich Materialzusammensetzung und Produktbeschaffenheit könnten für Akzeptanz entlang der Wertschöpfungskette sorgen. „Die Großbaustelle ,Digitale Verwaltung‘ muss schneller angegangen werden und Nachweis- und Kontrollverfahren sowie die Zugänge für Unternehmen zur Verwaltung digitalisiert werden“, heißt es in dem Papier weiter.

Der BDE betont zudem die Bedeutung des Industriestandortes für die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft in Deutschland. Sollte die sichere und bezahlbare Versorgung der produzierenden Industrie mit Energie nicht mittel- und langfristig sichergestellt werden und somit die Nachfrage nach Rohstoffen zurückgehen, gerate auch die qualitativ aufwendige Sammlung und Aufbereitung von Abfällen in Gefahr, warnt der Verband. „Wer bessere Kreislaufwirtschaft in Deutschland will, muss den Industriestandort stabilisieren.“

Genehmigungsverfahren beschleunigen und Erleichterungen bei Führerscheinen umsetzen

Der Verband spricht sich darüber hinaus auch für eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren aus. Für Investitionen in Projekte der Kreislaufwirtschaft sollten in die entsprechenden Fachgesetze Regelungen aufgenommen werden, die das überwiegende öffentliche Interesse an diesen Investitionen feststellen und eine Straffung des gesamten Genehmigungsprozesses beinhalten, heißt es in dem Forderungskatalog. Vorbild sollte der kürzlich reformierte § 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz sein.

Eine weitere Forderung betrifft Erleichterungen bei LKW-Führerscheinen, da der zunehmende Fahrermangel auch die Entsorgungsbranche immer stärker betrifft. Führerscheinprüfungen sollten komplett in englischer Sprache erfolgen, sämtliche Führerscheine aus dem EU-Ausland uneingeschränkt anerkannt, digitale Fortbildungsmaßnahmen erleichtert und die Prüfungsdauer verkürzt werden, schlägt der BDE konkret vor.

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