Batterierecyclinganlage Rudolstadt: Rund 2.700 Einwendungen gegen Anlagenbau

Bürgerinitiative engagiert sich gegen Anlage / Viele Vorwürfe gegen Sungeel

Über 2.700 Bürger haben Einwendungen gegen die von Sungeel geplante Batterierecyclinganlage in Rudolstadt. Diese sollen Ende April in Bad Blankenburg auf einem Erörterungstermin zur Recyclinganlage für Lithium-Ionen-Batterien vorgetragen werden. Rund 300 verschiedene Kritikpunkte und Einwände wurden bereits an die Behörden in Weimar weitergeleitet. Die genannten Gründe gegen die Anlage reichen vom Vorwurf des Einsatzes veralteter Technologien über die Verletzung des Abstandsgebotes bis hin zur Angst um hohe Schadstoffbelastungen.

Im vergangenen Sommer hatten Sungeel und Samsung C&T angekündigt, eine Batterierecyclinganlage in Rudolstadt zu bauen. Seitdem ist die Region gespalten, die Zweifel an den Plänen der Südkoreaner nahmen zu.

Anfang März hatte der asiatische Konzern zusammen mit der Gicon-Gruppe, welche für das Genehmigungsverfahren des Projektes beauftragt wurde, zum Bürgerdialog eingeladen. Sungeels Vize-Präsident Yum Kwanh Hyun warf der Bürgerinitiative „Lebenswerte Heimat rund ums Saaletal“ in einem Interview mit der Ostthüringer Zeitung (OTZ) mangelnde Gesprächsbereitschaft vor. Die Aktivisten wehrten sich daraufhin gegen die Vorwürfe des Managers.

„Das Herr Yum Kwanh Hyun behauptet, dass wir zu keinem Gespräch bereit waren, ist vollkommen haltlos“, sagte eine Sprecherin der Bürgerinitiative gegenüber EUWID. „Wenn wir tatsächlich nicht gesprächsbereit gewesen wären, hätten wir von unserem Bürgermeister kein Bürgerforum eingefordert, an dem 320 Menschen teilgenommen haben.“.

Der Vize-Präsident von Sungeel hatte gegenüber der OTZ gesagt: „Wir sind der Meinung, wenn die Menschen das Know-how der Anlage verstehen, dann werden sie dafür auch Verständnis aufbringen. Wir hoffen, dass dies gelingt. Dann könnten wir bestenfalls von einem Termin für die Grundsteinlegung im Juni ausgehen.“

Diese Aussage traf bei den Aktivisten auf Unverständnis. „Wir, die Bürgerinitiative, empfinden solche Aussagen als höhnisch und anmaßend“, betonten die Aktivisten daraufhin in ihrer Pressemitteilung. In dem das südkoreanische Unternehmen das Projekt Sungeel Recycling Park Thüringen GmbH nennt, wolle der Konzern ein „schöneres“ Gefühl bei den betroffenen Bürgern erwecken, warf die Initiative den Asiaten vor.

Zu den diversen Vorwürfen wollte sich die Gicon-Gruppe auf Anfrage von EUWID bisher nicht äußern.

Sungeel scheiterte in Vergangenheit bereits an Bürgerinitiative

Sungeels Vize-Präsident unterstrich außerdem, dass die Südkoreaner am Standort Rudolstadt festhalten wollen. Eine Aussage mit nicht wenig Brisanz, denn in der Vergangenheit scheiterte bereits ein großes Vorhaben von Sungeel unter anderem aufgrund des Einsatzes einer Bürgerinitiative, berichtete „Lebenswerte Heimat rund ums Saaletal“. Die Batterierecyclinganlage hätte in Endicott im US-Bundesstaat New York, etwa 200 Kilometer entfernt von der LIB-Recyclinganlage des Konkurrenten Li-Cycle in Rochestern, entstehen sollen.

Ein Recyclinggesetz, welches den Bau der Anlage durch Sungeel ermöglicht hätte, wurde Anfang Februar 2021 durch das Kuratorium der Stadt Endicott wieder aufgehoben. Gründe für die Aufhebung der Regelung waren fehlende Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung sowie die Verbrennung von Edelmetallen, welche potentiell krebserregende Stoffe freigesetzt hätte, so die US-amerikanische Bürgerinitiative „No Burn Broome“.

Angst vor gesundheitlichen Schäden geht um

Wie in Endicott sorgen sich auch in Rudolstadt die Bürger um ihre Gesundheit. So fürchten viele Rudolstädter eine erhöhte Luftverschmutzung durch die Batterierecyclinganlage, berichtete die Ostthüringer Zeitung (OTZ). Annet Schröter, Geschäftsführerin der Gicon-Gruppe, zeigte sich beim Anfang März durchgeführten Bürgerdialog bereit, über eine Kontrolle der Schadstoffausstöße nachzudenken. Eine solche Kontrolle ist innerhalb der EU bisher allerdings nicht verpflichtend.

Auch eine mögliche Lärmbelästigung sowie die verwendete Abgastechnik gebe laut OTZ vielen Bürgern Grund für Bedenken. Aufgrund der Tallage Rudolstadts seien laut Kritikern die fast 30 Meter hohen Schornsteine für die Abgasreinigung bei weitem nicht hoch genug, um einen reibungslosen Abtransport der Schadstoffe zu gewährleisten. Mindestens 100 Meter hohe Schornsteine seien erforderlich.

Des Weiteren wies die Bürgerinitiative auf enorme anfallende Nebenkosten der Batterierecyclinganlage hin. So würden sich die Kosten für Transport und Logistik der Schwarzmasse nach Südkorea auf insgesamt über 35 Mio € belaufen. Dazu stellte die Bürgerinitiative eine auf ihrer Internetseite veröffentlichte Kostenrechnung auf.

Die Folge sei ein sehr hoher CO2-Fußabdruck. Dieser sei in Zeiten eines erforderlichen sparsamen Umgangs mit allen Ressourcen völlig inakzeptabel, ergänzte die Initiative.

Für „Lebenswerte Heimat rund ums Saaletal“ gibt es keine Voraussetzungen oder Bedingungen, die es möglich machen würden, die Recyclinganlage zu befürworten, betonte deren Sprecherin gegenüber EUWID. Es würden einfach zu viele Gründe gegen den Bau sprechen, ergänzte sie.

Bereits Anfang Januar hat Rudolstadts Nachbarort Bad Blankenburg den Bau der Anlage abgelehnt. Daraufhin prüfte das Thüringer Landesamt für Umwelt die von der Stadt Bad Blankenburg genannten Gründe, die zur Ablehnung der geplanten Batterierecyclinganlage geführt haben.

Ungarische Presse berichtet über Unfälle und Missstände in Sungeel-Anlage

In Ungarn steht Sungeel ebenso wie in Thüringen in der Kritik. So betreiben die Südkoreaner seit 2019 eine Anlage für das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien in Bátonyterenye, nahe der slowakischen Grenze. So wurde Anfang März in der ungarischen Tageszeitung „Atlatszo“ berichtet, dass Sungeel seine Mitarbeiter am Standort in Bátonyterenye gesundheitlich gefährdet.

So seien bei der Explosion einer Mühle im Sommer 2022 drei Menschen verletzt worden. Daraufhin sei eine Geldstrafe in Höhe von einer Mio Forint, umgerechnet rund 26.000 €, über Sungeel verhängt worden.

Aufgrund unzulässiger Luftverschmutzungen erhielt das Unternehmen außerdem eine Geldbuße von 8,5 Mio Forint, über 220.000 €, so die Zeitung. Mitarbeiter seien dadurch fahrlässig gefährdet worden. Das unterstrich Atlatszo mit Verweis auf einen Beschluss des Regierungsamtes des Verwaltungsbezirks Pest Ende November 2022.

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