Verpackungssteuer: Tübingens Verwaltung für Revision

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Die Verwaltung der Stadt Tübingen schlägt dem Gemeinderat vor, Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) in Mannheim zur Verpackungssteuer einzulegen. Heute Abend entscheidet das Ratsgremium über eines der Vorzeigeprojekte von Oberbürgermeister Boris Palmer. Folgt der Rat dem Vorschlag der Verwaltung wäre dann das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Zuge.

Die Stadt Tübingen hatte mit ihrer Verpackungssteuer einen empfindlichen Dämpfer erhalten: Der VGH erklärte, die Steuer verstoße gegen das Abfallrecht des Bundes. Dieses schließe Zusatzregelungen der Kommunen aus, der Stadt Tübingen fehle schlichtweg die Kompetenz, eine solche Steuer einzuführen. Der Bund habe bereits darüber entschieden, mit welchen Mitteln der Abfall vermieden und dieser verwertet werden soll. „Die abweichende Auffassung der Stadt Tübingen würde das Tor zur Einführung aller möglichen Verbrauchsteuern durch die Gemeinden eröffnen. Dies sei durch das Grundgesetz aber ausgeschlossen“, schrieb das VGH in seiner Urteilsbegründung. Die Verwaltung Tübingens befürchtet in einer Vorlage, dass der Verzicht auf die Revision auf lange Sicht das Ende aller kommunalen Versuche zur Einführung einer Verpackungssteuer bedeuten würde.

Die Klage der Inhaberin einer Tübinger McDonalds-Filiale war damit erfolgreich. Die Franchise-Nehmerin des Schnellrestaurants hatte gegen die Verpackungssteuer eine Normenkontrollklage erhoben mit dem Ziel, die Satzung für unwirksam erklären zu lassen. Sie berief sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1998, nach dem die von der Stadt Kassel 1991 eingeführte Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen gegen das damals geltende Abfallrecht des Bundes verstieß.

Seit Januar ist in Tübingen eine Steuer für Einwegverpackungen fällig. Pro Einzelmahlzeit werden maximal 1,50 € kassiert. Die Stadtverwaltung empfiehlt die Fortgeltung der Verpackungssteuer und Aussetzung der Festsetzung der Steuer bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Stadtverwaltung will zudem einen Vorschlag für eine Anpassung der Verpackungssteuersatzung an das Urteil des VGH erarbeiten und dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorlegen.

„Dies bedeutet, dass die Steuer erst nach einem Obsiegen der Stadt festgesetzt wird und dann zu zahlen ist. Sie gilt also somit fort, kann daher grundsätzlich erhoben werden, wird aber tatsächlich vorerst nicht festgesetzt. Da die Betriebe mit einer späteren Steuerfestsetzung rechnen müssen, werden diese voraussichtlich die Steuer weiterhin auf ihre Kunden abwälzen“, schreibt Palmer auf seiner Facebook-Seite. Da der Besteuerungszeitraum ein Kalenderjahr betrage, könnten frühestens im 1. Quartal 2023 die ersten Steuerbescheide erstellt werden.

Mit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts dürfte gegebenenfalls im Laufe des kommenden Jahres zu rechnen sein. Die Kosten der Revision betragen im Falle eines Scheiterns voraussichtlich für die Stadt rund 32.000 €, davon etwa 20.000 € für die beauftragte Kanzlei, rund 5.000 € Gerichtskosten und etwa 7.000 € Erstattung für die gegnerischen Anwälte.

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