PFC-Skandal: Stadtwerke Rastatt prüfen Klage gegen Land

Der PFC-Skandal in Mittelbaden könnte erneut vor Gericht landen. Die Stadtwerke Rastatt prüfen nach eigenen Angaben eine Klage gegen das Land Baden-Württemberg. Das Regierungspräsidium Karlsruhe als zuständige Behörde habe es abgelehnt, Maßnahmen zur Bekämpfung von PFC im Grundwasser in den sogenannten Bewirtschaftungsplan mit aufzunehmen, begründeten die Stadtwerke am Dienstag ihre Überlegungen. Der alle paar Jahre neu aufgestellte Plan dient dazu, einen guten ökologischen und chemischen Zustand in Gewässern zu erreichen. Das RP Karlsruhe war dazu zunächst nicht zu erreichen.

Beim Skandal um die Verseuchung von Äckern und Grundwasser mit dem Umweltgift PFC geht es in Mittelbaden laut Stadtwerke Rastatt um mittlerweile rund 1.200 Hektar Boden und 58 Quadratkilometer Grundwasseroberfläche. Rund 170 Mio Kubikmeter Grundwasser sind mit PFC belastet. „Bedroht ist davon der größte Grundwasserleiter Europas, der Rhein“, hieß es in der Mitteilung weiter. Um die Trinkwasserversorgung sicherzustellen, müssten Wasserversorger das Gift auf unabsehbare Zeit aufwendig herausfiltern. Das koste Millionen. Bis heute trage diese in Rastatt die Stadtwerke und ihre Wasserkunden. "Die Haltung des Regierungspräsidiums ist für uns nicht nachvollziehbar", sagt Olaf Kaspryk, Geschäftsführer der Stadtwerke Rastatt, und fügt an: "Wir sind es nachfolgenden Generationen schuldig, dass hier nachgesteuert wird, um koordiniert gegen die Verunreinigung anzugehen."

Den Stadtwerken zufolge hatten am Dienstag namhafte Rechtswissenschaftler in Rastatt das System der Grundwasserbewirtschaftung juristisch unter die Lupe genommen. Es referierten aus dem "Thinktank" des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) Professor Dr. Wolfgang Köck, Mitglied des Sachverständigenrats für Umweltfragen, und Dr. Moritz Reese, sowie von der Universität Leipzig Professor Dr. Kurt Faßbender, Institut für Öffentliches Recht. Die Rechtswissenschaftler vertraten demnach einhellig die Auffassung, dass die geforderten Maßnahmen hätten berücksichtigt werden müssen. Laut Moritz Reese sind Wasserversorger in solchen Fällen berechtigt, die entsprechenden Maßnahmen vor den nationalen Gerichten einzufordern. Reese sieht die zuständige Behörde rechtlich in der Pflicht, Schadstoffe in das System der Bewirtschaftungsplanung aufzunehmen, die zu einer signifikanten Belastung mit schwerwiegenden Risiken für Gewässer, Gesundheit und Landnutzung werden können. Fehlten entsprechende Schwellenwerte, habe in Fällen wie der PFC-Belastung in Mittelbaden die zuständige Behörde solche Werte festzusetzen und der Bewirtschaftungsplanung zugrunde zu legen, hieß es.

Die Verseuchung mit dem in der Natur nicht abbaubaren Gift – PFC steht für per- und polyfluorierten Chemikalien – soll in Mittelbaden von Kompost verursacht worden sein, der mit Schlämmen aus der Papierindustrie versetzt und von 2006 bis 2008 auf die Felder aufgebracht worden war. Seither kämpft die Region mit den Folgen. Bei mehr als 30 Landwirten war mutmaßlich mit PFC belasteter Papierschlammkompost auf die Äcker ausgebracht worden. Aktuell sind in Mittelbaden 120 Landwirte von PFC-Verunreinigungen in Boden, Bewässerungs- oder Tränkebrunnen betroffen. Zwölf Prozent der Ackerflächen in Mittelbaden sind demnach mit PFC belastet – die Folgen haben bislang mehr als elf Mio € gekostet, ohne dass das Problem beseitigt werden konnte.

Auch in Mannheim – 80 Kilometer nördlich von Rastatt – wurden auf mehreren Hundert Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche PFC-Verunreinigungen nachgewiesen. In Mannheim sind laut Regierungspräsidium Karlsruhe rund 530 Hektar Fläche mit PFC belastet. Bei einer landesweiten Überprüfung war festgestellt worden, dass auch in Mannheim in einer Kompostanlage große Mengen an Papierschlamm verarbeitet und auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht wurden. Erste Untersuchungen solcher Flächen hätten 2015 PFC-Verunreinigungen gezeigt, die von den Gehalten und dem Schadstoffspektrum mit denen in Mittelbaden annähernd vergleichbar seien. (dpa / eigener Bericht)

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