Interpol beklagt mangelnde Ressourcen bei Verfolgung von Umweltstraftaten

Laut der internationalen Polizeiorganisation Interpol setzten Kriminelle im vergangenen Jahr weltweit insgesamt zwischen 70 Mrd € und 210 Mrd € durch Umweltdelikte, dazu gehören auch illegale Müll-Transporte und Deponien, um. Der Kampf gegen Umweltstraftäter gestaltet sich aber schwierig. Ein großes Problem ist der Personal- und Ressourcenmangel auf allen Ermittlungsebenen. „Ich bräuchte tausend Mann, habe aber nur ein paar ‚Leutchen‘ zur Verfügung“, erklärte Sasa Braun, Ermittler für Umweltkriminalität bei Interpol, am Mittwoch im Online-Fachgespräch „Die EU gegen die Umwelt-Mafia“. Initiiert wurde das Fachgespräch von den beiden Grünen-Bundestagsabgeordneten Canan Bayram und Lukas Benner.

Braun kritisierte die schwammige Gesetzgebung auf deutscher und europäischer Ebene sowie die seiner Ansicht nach „lächerliche“ Strafhöhe für Umweltdelikte. Diese beliefen sich teilweise auf lediglich bis zu 3.000 €. „ Wir haben das Phänomen, dass umweltrechtliche Delikte nicht beharrlich verfolgt werden“, ergänzte der Ermittler. Häufig würden Umweltstraftaten trotz einer „globalen Bedrohung“ wie ein Kavaliersdelikt behandelt.

Auch nehme die organisierte Kriminalität immer weiter zu. Beispielsweise in Brasilien gebe es kriminelle Banden, die sich auf Umweltstraftaten spezialisiert hätten. Auch die Mafia in Italien ist im Bereich der Umweltstraftaten sehr aktiv. So wurden etwa in Sizilien ganze Ortschaften auf illegalen Deponien errichtet. Im Corona-Jahr 2020 wurden allein in Italien 10,4 Mrd € durch Umweltdelikte umgesetzt (EUWID 47 / 2021).

Forderung nach umfassenderer Ermittlungsbefugnis bei Umweltstraftaten

So forderte Braun eine Änderung bei den Ermittlungsbefugnissen und eine Errichtung von gemeinsamen Operationszentren auf Bundesebene sowie eine kollektive Datenbank.

Ähnlich sieht das auch Dominik Brodowski, Juniorprofessor für Strafrecht und Strafverfahrensrecht an der Universität des Saarlandes. Auch er fordert bestimmte Anpassungen der Ermittlungsbefugnisse. Allerdings könne das Strafrecht alleine die Umwelt nicht retten. Ein großes Problem sieht der Jurist auch in der Korruption. Viele Kriminelle würden durch Bestechungen unrechtmäßig eine Genehmigung zur Abfallablagerung erschleichen.

„Mülldelikte sind kein neues Problem, werden aber zunehmend sichtbarer“

Der freie Journalist Michael Billig, welcher sich seit Jahren mit der illegalen Müllverbringung beschäftigt, merkte an: „Mülldelikte sind kein neues Problem, werden aber zunehmend sichtbarer.“ Noch vor ein paar Jahren sei es als Journalist wesentlich schwerer gewesen, das Thema an Redaktionen zu verkaufen. Das habe sich inzwischen auch geändert. Er nehme ein gesteigertes Interesse war.

Des Weiteren zweifle der Journalist die Richtigkeit, der im letzten Jahr laut dem Statistischen Bundesamt um 25 Prozent auf etwa 766.000 Tonnen gesunkenen Plastikmüllexporte in Deutschland an. „Ich habe auch bei Kunststoffabfällen nicht das Gefühl, dass es besser geworden ist.“

Außerdem wünscht sich Billig, dass die Medien der Problematik rund um Umweltdelikte eine größere Aufmerksamkeit schenken. In Deutschland liege ein guter umweltstrafrechtlicher Rahmen vor, das Problem sei allerdings der Vollzug dieser Gesetze. Auch wünscht sich Billig eine stärkere Beteiligung der deutschen Behörden. So hätte Polen in den letzten Jahren die Ermittlungen von Umweltstraftaten verstärkt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse wären den deutschen Behörden angeboten, aber von diesen nicht abgerufen worden.

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