Frühwarnbericht: Brüssel empfiehlt Deutschland Verbrennungssteuer

BDE: Getrennte Sammlung ist Grundvoraussetzung für das Recycling

Die EU-Kommission ist mit dem Stand der Abfallbewirtschaftung in Deutschland weitgehend zufrieden. Deutschland sei „auf dem besten Weg, die Ziele für 2025 für die Vorbereitung auf die Wiederverwendung und das Recycling von Siedlungsabfällen und für das Recycling von Verpackungsabfällen sowie das Ziel für 2035 für die Deponierung von Siedlungsabfällen zu erreichen.“ Das geht aus dem gestern veröffentlichten Frühwarnbericht der EU-Kommission zum Stand der Umsetzung der abfallpolitischen Zielvorgaben in den einzelnen Mitgliedstaaten hervor.

Deutschland sollte weiterhin eine Politik verfolgen, die bei der Abfallvermeidung, der Vorbereitung auf die Wiederverwendung und dem Recycling das Leistungsniveau aufrechterhält und weiter verbessert, heißt es in dem Länderbericht für Deutschland. Der Frühwarnbericht basiert auf einer Bewertung der Europäischen Umweltagentur in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten auf Basis der Eurostat-Daten.

Deutschland zählt damit aus Sicht der EU-Kommission zu neun von 27 EU-Ländern, die auf gutem Weg seien, die Zielvorgaben bis 2025 zu erfüllen. Dabei geht es um Quoten von 55 Prozent für die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling für Siedlungsabfälle und 65 Prozent für das Recycling aller Verpackungsabfälle. 18 EU-Staaten liefen Gefahr, die Vorgaben nicht zu erreichen.

Vorschlag: Verbrennungssteuer könnte mehr Recycling bringen

Gleichwohl empfiehlt Brüssel auch Deutschland weitere Maßnahmen:  So sollte Deutschland die Müllverbrennung besteuern. Die Steuer könnte Anreiz für mehr Recycling sein, meinte die Kommission. Nicht erwähnt wird, dass in Deutschland ab 2024 Anlagen zur thermischen Abfallbehandlung in Deutschland in den nationalen Brennstoffemissionshandel einbezogen sind. Unklar bleibt in dem Vorschlag der EU-Kommission auch, ob eine allgemeine Verbrennungsabgabe anders als das BEHG auch die Verbrennung von Bioabfällen belasten würde.

Zudem könnte in Deutschland ein verursacherbezogenes Abfallgebührensystem für Restmüll auf nationaler Ebene eingeführt werden. Derzeit seien nur etwa 30 Prozent der Bevölkerung durch solche Systeme abgedeckt, meint die Kommission.

Wirtschaftlicher Anreiz für Recyclingfähigkeit von Verpackungen

Auch für Verpackungsabfälle schlägt Brüssel eine weitere Maßnahme in Deutschland vor: „Die Anwendung wirtschaftlicher Instrumente auf Verpackungsmaterial könnte das Aufkommen von Verpackungsabfällen verringern oder die Wahl der Verpackungsmaterialien beeinflussen und auf diese Weise die Recyclingfähigkeit und das Öko-Design fördern.“ Konkret nennt Brüssel in einem Pressebriefing dafür „Verpackungsgebühren“. Dabei dürfte es allerdings um die sogenannte Öko-Modulation der Lizenzentgelte gehen, die in Deutschland duale Systeme im Prinzip bereits jetzt verpflichtet, ihre Lizenzentgelte für Verpackungen nach Recyclingfähigkeit bzw. Rezyklateinsatz zu staffeln.

Allerdings will die EU-Kommission im Rahmen der geplanten EU-Verpackungsverordnung (PPWR) dafür harmonisierte Kriterien erlassen, zusammen mit der Festlegung der detaillierten Kriterien der recyclingorientierten Gestaltung für die einzelnen Verpackungskategorien. In Deutschland plant die Bundesregierung, die bisherige Regelung des § 21 im Verpackungsgesetz zu überarbeiten, weil sie aufgrund des Wettbewerbs zwischen derzeit rund zehn dualen Systemen faktisch indviduell nicht umsetzbar ist. Deshalb gibt es Überlegungen für ein weiteres Fondsmodell.

Als positive Beispiele in Deutschland erwähnt die EU-Kommission das Pfand für Getränkeverpackungen, das für fast alle Einweg-Getränkedosen und -flaschen aus Aluminium, Glas und Kunststoff (PET) verpflichtend ist. Die Rückgabequote für Dosen und Flaschen liegt bei über 95 Prozent. Positiv sieht Brüssel auch Kaufhäuser für Secondhand-Artikel, wie etwa Stilbruch in Hamburg. Die Kaufhäuser würden jährlich über 400.000 gebrauchte Artikel verkaufen, die ursprünglich als Teil des Sperrmülls gesammelt worden waren, berichtet die Kommission.

BDE begrüßt Bericht der Kommission

Der Bericht der Kommission sei eine gute Grundlage zum Ausbau der europäischen Kreislaufwirtschaft,“ kommentierte BDE–Präsident Peter Kurth. Deutschland werde in diesem Zusammenhang durchweg positiv bewertet, weil das Land alle Ziele erreiche. „Der Frühwarnbericht ist ein gutes Instrument zu zeigen, dass Ziele nicht nur formuliert, sondern auch erreicht werden müssen.“ Sehr erfreulich sei, dass Deutschland neben acht weiteren EU-Mitgliedsländern hier alle Ziele erreiche. „Jetzt muss es darum gehen, ein EU-weites Level-Playing-Field zu schaffen, damit alle Mitgliedsländer die bestehenden Regelungen umsetzen und die Ziele erreichen können“, so der BDE-Präsident. Hingegen werden acht Mitgliedstaaten wohl die Recyclingvorgaben für Siedlungsabfälle nicht erreichen, darunter Frankreich, Portugal, Schweden und Spanien. Zehn Mitgliedstaaten dürften weder die Recyclingziele für Siedlungsabfälle noch die für Verpackungsabfälle erfüllen. Dazu zählen unter anderem Polen, Rumänien, Bulgarien und Ungarn.

Noch ernüchternder ist die Situation aus Sicht des BDE beim Deponieziels. Hier sieht die Kommission noch dreizehn Mitgliedstaaten weit davon entfernt, bis 2035 nur noch 10 Prozent der Siedlungsabfälle zu deponieren. Insgesamt wurden der Kommission zu Folge 2020 noch 23 Prozent der Siedlungsabfälle in der EU deponiert, wobei acht Mitgliedstaaten mehr als 50 Prozent ihrer Siedlungsabfälle und drei Staaten sogar noch mehr als 70 Prozent ihrer Siedlungsabfälle deponiert haben.

Verbrennung kann Brückentechnologie sein

Der Verband unterstütze die Kommission bei ihrer Forderung, dass die Mitgliedstaaten wirksame Maßnahmen für eine getrennte Sammlung der Abfälle auf kommunaler Ebene, insbesondere der Bioabfälle, ergreifen. Eine getrennte Sammlung sei Grundvoraussetzung für das Recycling. Ebenso unterstütze der BDE den Appell der Kommission an die Mitgliedstaaten, auch unter Einsatz von EU-Mitteln Investitionen in den Aufbau der nötigen Infrastruktur vorzunehmen. Allerdings müsse hierbei auch die thermische Verwertung von Abfällen berücksichtigt werden. Denn zum einen werde der Aufbau einer Recycling-Infrastruktur lange Zeit in Anspruch nehmen, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Sammelsysteme; hier könne die thermische Verwertung als Brückentechnologie dienen, um vor allem die besonders klimaschädliche Deponierung der Siedlungsabfälle zu reduzieren. Zum anderen würden niemals alle Siedlungs- und Verpackungsabfälle recyclebar sein, so dass es thermischer Abfallverwertungsanlagen bedarf, um die nicht recyclebaren Abfälle zu verwerten, anstatt sie zu deponieren. „Mit dem Aufbau einer gesamteuropäischen Infrastruktur für Recycling und thermische Verwertung wird es künftig gelingen, die Ziele in allen 27 Mitgliedsstaaten umzusetzen“, zeigt sich BDE-Präsident Kurth überzeugt.

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