Expertenrunde auf der IFAT einig: Viele Hürden für Wasserstoff-Projekt

Für Wasserstoff-Pilotprojekte in der Entsorgungs- und Abfallwirtschaft gibt es offenbar noch viele Baustellen. Das wurde Anfang Juni bei einer Expertenrunde auf der Fachmesse IFAT in München deutlich.

Die Förderung müsse einfacher und schneller werden, sagte Wolfgang Bagin, Geschäftsführer der Bioabfall-Verwertung Leonberg (BVL). Ähnlich sieht das auch Holger Kroll vom Zweckverband Ostholstein (ZVO). Besonders wichtig sei aber, dass darüber nachgedacht wird, wie aus Abfall eine sinnhafte Nutzung generiert werden kann. Als solche sieht Kroll die Produktion von Wasserstoff aus Abfall - vorausgesetzt, es gebe keine anderen Nutzungsmöglichkeiten, die sich stärker aufdrängten. In seinem Heimatkreis Ostholstein ist das beispielsweise ein Fernwärmekraftwerk.

Der Jurist Hartmut Gaßner erhofft sich hingegen eine bessere rechtliche Einordnung der Elektrolyseure. Er fordert für die Herstellung von Wasserstoff als Brennstoff einen vergleichbaren Zulassungsdatenstand wie beim Biogas. „Sonst haben wir die Situation, dass wir ein förmliches immissionsschutzrechtliches Zulassungsverfahren brauchen, für eine Anlage, die nicht größer ist als ein Carport. Das ist eine Regelungslücke, diese sollte gefüllt werden“, warnte Gassner auf der IFAT.

„Sehr viel mehr als Power-Point
haben die nicht“

Beim Thema Zulassungs- und Planungsverfahren wurde auch Conrad Tschersich, Geschäftsführer der Abfallwirtschaftsgesellschaft Wuppertal (AWG) sehr deutlich. „Die Bundesregierung erzählt immer wieder, wir müssen die Verfahren beschleunigen und schneller machen. Aber wenn man sich das Ganze mal faktisch ansieht, stellt man fest, dass viele Hürden zu überwinden sind“. Die AWG Wuppertal betreibt einen Elektrolyseur mit einer Leistung von einem Megawatt. Damit können täglich etwa 400 Kilogramm Wasserstoff erzeugt werden, sagte Tschersich. Er kritisierte an, dass auf vielen Seminaren oder Fortbildungen immer die Rede von Anlagen in der Größenordnung von 100 Megawatt die Rede sei. Dadurch entstehe häufig der Eindruck, dass die kleinen Projekte gar nicht gebraucht werden. „Wenn man da mal nachfragt, stellt man sehr schnell fest: Sehr viel mehr als Power-Point haben die nicht. Wir brauchen nicht mehr Power-Point, sondern mehr Power-Plan“, betonte der Geschäftsführer der AWG Wuppertal. „Wenn ich Projektleiter eines 100 Megawatt-Projektes wäre, hätte ich jetzt an deren Stelle ganz schönes Bauchgrummeln“, merkte Tschersich an. Von Verantwortlichen für eine solche Anlage sei häufig zu hören, dass zwar das benötigte Geld verfügbar sei, die politischen Rahmendbedingungen aber suboptimal seien.

„Kleine Projekte werden von der
Politik mit spitzen Fingern angefasst“

Wolfgang Bagin pflichtete Tschersich bei und bemängelte zudem, dass die Politik häufig kleinere Projekte mit spitzen Fingern anfassen würde. Man habe das Gefühl, dass die Politik kleine Projekte gar nicht wolle. Aus seiner Sicht seien kleine Vorhaben aber wichtig um Fahrt in das Thema zu bekommen.

Bagin sich wünschte zudem einen Kreislauf bei der Wasserstoffherstellung. „Der Bioabfall wird vom Bürger gesammelt und wird bei der Kommune angeliefert. Dieser Bioabfall wird dann in der Vergärungsanlage verwertet und dort wird Energie erzeugt. So kann 100 Prozent grüner Wasserstoff entstehen. Das wäre ein geschlossener Kreislauf vor Ort in der Kommune“, erläuterte der Geschäftsführer der Bioabfall-Verwertung Leonberg.

Zurzeit ist Bagin mit dem Wiederaufbau der 2019 abgebrannten Vergärungsanlage in Leonberg beschäftigt. Im Endausbau soll die Bioabfall-Verwertung Leonberg aus dem Landkreis Böblingen rund 60.000 Tonnen Bioabfall und 12.000 Tonnen Grünabfall pro Jahr verarbeiten. Mit den Bauarbeiten für die rund 35 Mio € teure Anlage soll ab Mitte 2022 begonnen werden. Die Inbetriebnahme der Anlagentechnik ist ab Herbst 2024 geplant. Der Dauerbetrieb kann voraussichtlich ab Anfang 2025 erfolgen, berichtete die BVL.

In der Anlage soll Biogas erzeugt werden. Dieses geht zum Großteil in ein Blockheizkraftwerk, erklärte Bagin gegenüber EUWID. Der Rest wird an eine Methanisierungsanlage geliefert und zu Biomethan verarbeitet. In einer Pilotanlage würde die BVL sehr gerne auch Wasserstoff mit der in der Vergärungsanlage erzeugten Energie herstellen, ergänzte Bagin. Allerdings seine hier noch viele Fragen zu klären. Besonders die Frage nach der Förderung seitens der EU oder des Bunds gestalte sich kompliziert.

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