BMUV startet Dialogprozess zur Kreislaufwirtschaftsstrategie

Das Bundesumweltministerium hat heute den breit angelegten Dialogprozess zur Erarbeitung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie gestartet. „Angesichts der Klimakrise kann nur eine klimaneutrale Wirtschaft wirklich zukunftsfähig sein. Zirkuläres Wirtschaften muss Treiber für Umwelt- und Klimaschutz werden“, erklärte Ministerin Steffi Lemke (Grüne) heute beim ersten Verbändedialog. „Eine starke Strategie und die notwendige Transformation zu einer umfassenden Kreislaufwirtschaft gelingt nur im Schulterschluss aller Beteiligten. Daher freue ich mich auf den intensiven, konstruktiven Dialog mit allen relevanten Akteuren.“

Mit der Kreislaufwirtschaftsstrategie soll der Weg zu einer zirkulären Wirtschaft in Deutschland aufgezeigt werden. Gemeinsam mit Wirtschaft und Gesellschaft will die Bundesregierung Rahmenbedingungen definieren, um diese Entwicklung voranzutreiben. Zirkuläres Wirtschaften soll zum Treiber für Klimaschutz werden. Neben Treibhausgas-Emissionen sollen durch die Strategie aber auch Artenschwund und Umweltverschmutzung reduziert und zugleich ein Beitrag zur Rohstoffversorgung und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen geleistet werden.

Die von der Ampel-Regierung im Koalitionsvertrag angekündigte Kreislaufwirtschaftsstrategie soll dabei als übergeordneter Rahmen fungieren. Darin will die Regierung übergeordnete Ziele, Handlungsfelder, strategische Maßnahmen und Instrumente formulieren. Schnittstellen zu bereits existierenden nationalen und europäischen Strategien sollen analysiert und berücksichtigt werden. Konkrete Gesetzesvorhaben beinhaltet die Strategie daher nicht.

In einem innerhalb der Bundesregierung abgestimmten Grundlagenpapier wurden allerdings bereits acht konkrete Handlungsfelder für die Strategie definiert. Diese umfassen zum einen die Stoffströme Kunststoffe, Metalle, Elektro- und Elektronikgeräte, Fahrzeuge und Batterien sowie Bekleidung und Textilien. Zum anderen will man sich auch mit der öffentlichen Beschaffung, zirkulären Produktionsprozessen sowie Gebäuden näher beschäftigen.

Eine Verabschiedung der Strategie durch das Kabinett strebt das Umweltministerium für Mitte 2024 an. Bis dahin sollen konkrete Inhalte im Rahmen von verschiedenen Dialogprozessen mit Akteuren aus Wirtschafts- und Umweltverbänden, Gewerkschaften, Verbraucherschutz, Forschung und Zivilgesellschaft erarbeitet werden. So sind für die verschiedenen Handlungsfelder „Runde Tische“ geplant. Außerdem soll es neben den Spitzengesprächen im „Dialogforum“ zu Beginn und Ende des Prozesses auch „Dialogwerkstätten“ sowie einen Online-Dialog geben.

SPD-Politiker Thews fordert höheres Tempo

Für den SPD-Bundestagsabgeordneten Michael Thews kommt die geplante Verabschiedung der Strategie 2024 zu spät. Der Prozess müsse beschleunigt werden, da die Kreislaufwirtschaft ein wesentlicher Faktor für effektiven Klima- und Ressourcenschutz darstelle und gleichzeitig die Chance für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und nachhaltige Arbeitsplätze bietet, sagte er. Entscheidend sei außerdem, dass die Strategie nicht nur Absichtserklärungen enthält, sondern auch konkrete Ziele und Maßnahmen, damit für die Beteiligten Rechtssicherheit und Investitionssicherheit besteht.

Auch über die Kreislaufwirtschaftsstrategie hinaus sieht der Berichterstatter für Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschutz in der SPD-Bundestagsfraktion akuten Handlungsbedarf: „Wir dürfen außerdem nicht den Fehler machen, notwendige Überarbeitungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Kreislaufwirtschaft – wie z.B. eine dringend notwendige Novellierung der Gewerbeabfallverordnung oder die Entwicklung eines Fondsmodells im Verpackungsgesetz – während der Entwicklung der Strategie auf die lange Bank zu schieben.“ Auf allen Ebenen müsse Tempo gemacht werden beim Umbau zur Kreislaufwirtschaft, fordert Thews.

An der heutigen Auftaktveranstaltung haben unter anderem Vertreter von BDE und VKU für die Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft, weitere Wirtschaftsverbände wie beispielsweise BDI, DIHK, WV Metalle und ZVEI sowie Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen wie DUH, Greenpeace NABU, BUND und VZBV teilgenommen.

BDE betont Rechtssicherheit und Vollzug

Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft begrüßt die Pläne für eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie grundsätzlich. „Man muss aber sehen, dass die wichtige europäische Ebene für diese Strategie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zum Tragen kommt. Denn im Hinblick auf die im kommenden Jahr anstehende Wahl zum EU-Parlament und die dann neu zu bildende Kommission bedeutet der Beschluss einer deutschen Strategie im Jahre 2024, dass wir europäisch auf eine neue Kommission und ein neues Parlament setzen müssen“, schränkte BDE-Präsident Peter Kurth ein.

Er stellt außerdem die Bedeutung von Rechtssicherheit und Vollzug heraus. Investitionen in besseres Recycling würden nur erfolgen, wenn das Regelwerk nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch gelebt wird. „Sowohl auf europäischer wie auf deutscher Ebene haben wir leider etliche Regelungen, die sich auf dem Papier gut lesen, die aber in der Praxis nicht durchgesetzt werden und deshalb nicht wirken“, so Kurth. Dies gelte auch für die Beschleunigung nötiger Genehmigungsverfahren.

Aus Sicht des BDE-Präsidenten kommt es darauf an, dass zusammen mit der Industrie stoffstromspezifisch Maßnahmen entwickelt werden, die eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ermöglichen. „Dabei müssen die Vollzugsfähigkeit und die Vollzugssituation zwingend mitberücksichtigt werden“, fordert er.

Umweltschützer fordern ambitionierte Ausgestaltung der Strategie

Der Naturschutzbund Deutschland sprach sich ebenfalls für eine ambitionierte Ausgestaltung der Strategie aus. „Um den Rohstoffverbrauch zu minimieren, müssen das Abfallaufkommen reduziert und die Materialkreisläufe geschlossen werden. Zu viele Strategien und Programme der Bundesregierung haben sich in den letzten Jahren als zahnlose Papiertiger entpuppt. Damit nicht noch eine Strategie in der Schublade landet, muss die Kreislaufwirtschaftsstrategie verbindlich und möglichst konkret gestaltet werden“, fordert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Hierfür seien quantitative Ziele notwendig, um die Fortschritte auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft klar messen und kontrollieren zu können. „Es bedarf verbindlicher Vorgaben für weniger Rohstoffverbrauch, kleinere Abfallberge und mehr Recycling“, so Krüger.

Der NABU will sich im Rahmen des Beteiligungsprozesses aktiv beim Thema Kunststoff einbringen. „Damit wir weniger Kunststoff verbrauchen, müssen Produkte langlebig designt, Verpackungen vermieden und Mehrweg ausgebaut werden. Zusätzlich muss der Einsatz von Recyclingmaterial gesetzlich vorgeschrieben und Neukunststoff über eine Plastikabgabe verteuert werden“, so Indra Enterlein, NABU-Leiterin Ressourcenpolitik.

Zum Auftakt des Diskussionsprozesses für die Kreislaufwirtschaftsstrategie hat der NABU gemeinsam mit 22 anderen Umwelt- und Naturschutzorganisationen – darunter DUH, BUND und Greenpeace – ein Forderungspapier veröffentlicht. Darin definieren die NGOs Rahmenbedingungen und Eckpfeiler, die aus ihrer Sicht entscheidend sind für den Erfolg einer nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie. So müssten für jedes Handlungsfeld der Strategie konkrete politische Maßnahmen und Instrumente zur Umsetzung von zirkulärem Wirtschaften formuliert werden. Grundlage sollte der Status Quo der aktuellen Gesetzgebung sein. Für die Umsetzung der Maßnahmen müsse außerdem ein entsprechendes Budget zur Verfügung gestellt werden.

Die 23 Organisationen des „Netzwerk Ressourcenwende“ drängen auch auf eine Berücksichtigung der sozialen Folgen der Transformation zu einer zirkulären Wirtschaft. Diese müssten bewusst gestaltet und, wo nötig, abgefedert werden. Hierfür müsse der Arbeitsmarkt im Sinne eines gerechten Übergangs umgestaltet werden. „Eine solche Umstrukturierung kann zusätzliche, sinnstiftende Arbeitsplätze in einigen Sektoren und Arbeitsplatzverluste in anderen bedeuten“, heißt es in dem Papier.

Über die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie hinaus müsse zudem der rechtliche Rahmen für den Ressourcenschutz angepasst werden, fordern die Umwelt- und Naturschutzorganisationen. Um eine Senkung des primären Rohstoffverbrauchs zu erreichen, sollte die Bundesregierung langfristig ein Ressourcenschutzgesetz in Form eines übergeordneten Stammgesetzes erlassen. Sowohl in der Strategie als auch in dem Gesetz wollen die 23 Organisationen konkrete Ziele zum Ressourcenschutz verankert sehen. So sollte die Nutzung von abiotischen Primärrohstoffen, wie etwa fossilen Energieträgern, mineralischen Rohstoffen oder Bau- und Industriemineralien, bis 2050 auf maximal sechs Tonnen pro Person und Jahr reduziert werden. Bei biotischen Rohstoffen bzw. Biomasse sollte der Verbrauch im gleichen Zeitraum auf höchstens noch zwei Tonnen jährlich sinken.

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