Fraunhofer-Institute entwickeln Verfahren zum Recycling von teerhaltigem Straßenaufbruch

Deponierung oder Verbrennung im Ausland – das sind bisher die maßgeblichen Entsorgungsoptionen für die Millionen Tonnen teerhaltiger Straßenaufbruch, die in Deutschland Jahr für Jahr anfallen. Die vier Fraunhofer-Institute IBP, Umsicht, IOSB und IML wollen nun als Alternative hierzu ein Recyclingverfahren entwickeln, das es ermöglicht den Teer aus dem Straßenaufbruch unschädlich zu machen und gleichzeitig die verbleibende Mineralik in hoher Qualität zurückzugewinnen.

Nach Angaben des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) fallen in Deutschland bei der Sanierung alter Straßen jährlich rund 3,3 Mio Tonnen teerhaltiger Straßenaufbruch an. Die Bauindustrie sprach kürzlich in einem Positionspapier sogar von zuletzt 4,2 Mio Tonnen. Laut IBP landen etwa zwei Mio Tonnen dieser Abfälle auf Deponien. Weitere rund 300.000 Tonnen werden per Lkw zur thermischen Behandlung in die Niederlande transportiert, wo mit der Firma Reko in Rotterdam der europaweit einzige Betreiber entsprechender thermischer Behandlungsanlagen mit einer Gesamtkapazität von 1,6 bis 1,8 Mio Jahrestonnen sitzt.

Wie das IBP erläutert, wird bei der derzeit verwendeten Anlagentechnik der Teeranteil im Asphalt bei Temperaturen zwischen 850 und 1.000 Grad Celsius verbrannt. Das Problem hierbei sei aber, dass es schon bei Temperaturen über 600 Grad zu einer Schädigung der im Asphalt zum Großteil enthaltenen Steine kommen kann, weil ihre Druckfestigkeit abnimmt. In der Folge könne das Material nicht ohne Weiteres wieder in neue Straßen eingebaut werden, ein wertvoller Rohstoff gehe verloren.

Gemeinsam mit den drei anderen genannten Fraunhofer-Instituten hat das IBP daher im April das Projekt „InnoTeer“ gestartet. Im Rahmen der dreijährigen Laufzeit wollen die Institute ein mehrstufiges Verfahren entwickeln, um teerhaltigen Straßenaufbruch in dezentralen Anlagen effizient, das heißt in besserer Qualität, größerer Menge und mit weniger CO2-Emissionen, aufzubereiten.

Teer soll mithilfe spektroskopischer Verfahren vom Restmaterial getrennt werden

Im Rahmen des Projekts wird das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) ein Verfahren zur optischen Erkennung von Teer entwickeln, um die unbelasteten Anteile des Straßenaufbruchs sicher von den teerhaltigen Anteilen zu trennen und diese sofort wiedereinsetzen zu können. Zum Einsatz kommen sollen insbesondere spektroskopische Verfahren, wobei die besondere Herausforderung darin liege, teerhaltiges Material von schwarzer Mineralik und Bitumen zu unterscheiden. Anschließend soll das Verfahren für den echtzeitgemäßen Einsatz optimiert und in ein optisches Schüttgutsortiersystem integriert werden.

Auch für die teerhaltigen Teile gebe es einen neuen Lösungsansatz. Statt diese wie bisher CO2-intensiv zu verbrennen, sieht das Fraunhofer-Konzept eine Pyrolyse bei niedrigeren Temperaturen vor. Der Teer wird dabei thermisch zersetzt und kritische Inhaltsstoffe werden unschädlich gemacht. Die Gesteinskörnung bleibt unbeschädigt, und quasi als Nebenprodukt entsteht ein Synthesegas, das zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Übrig bleiben Sand, Kalkstein und Kohlenstoff. Im Rahmen des Projekts entwickelt das Fraunhofer IBP Möglichkeiten, diese Mischung in Bauprodukten einzusetzen, etwa erneut in Asphalt einzuarbeiten.

Parallel zu den Sortier- und Behandlungsverfahren entwickelt das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) Modelle, anhand derer sich die Materialströme in Abhängigkeit von Standorten und Anzahl der Anlagen sowie der eingesetzten Transportmittel genau bewerten und nach unterschiedlichen Zielkriterien steuern lassen. „Wir schätzen, dass wir mit nur einer Anlage in Deutschland allein den Logistikaufwand um etwa 40 Prozent reduzieren könnten, mit vier Anlagen um weitere 30 Prozent“, sagt Ralf Erdmann vom Fraunhofer IML mit Blick auf die eingesparten Transporte durch den Verzicht auf eine umweltbelastende Deponierung.

Prototyp-Anlage mit Durchsatz von 300 Kilogramm pro Stunde

Am Ende des dreijährigen Projekts soll eine Prototyp-Anlage stehen, die 300 Kilogramm teerhaltigen Straßenaufbruch pro Stunde aufbereiten kann. Diese könnte dann auf eine größere Anlage hochskaliert werden, die 20 Tonnen pro Stunde verwerten kann. „Das Interesse seitens Baufirmen und Behörden ist bereits jetzt sehr groß“, so Projektleiter Alexander Hofmann vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht).

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