Audi, Reiling und Saint-Gobain werden ausrangierte Autoscheiben recyceln

Aus kaputten Autoscheiben sollen neue werden. Das ist Ziel eines Pilotprojektes von Audi und seinen Partnern Reiling Glas Recycling, Saint-Gobain Glass und Saint-Gobain Sekurit. Bislang wird ein großer Teil der ausrangierten Autoscheiben oder Panoramadächer verwertet und beispielsweise zu Getränkeflaschen oder Dämmmaterialien weiterverarbeitet. Die drei Partner wollen zunächst ein Jahr lang testen, um Erfahrungen zu Materialqualität, Stabilität und Kosten zu sammeln.

Um aus beschädigtem Autoglas einen Wertstoff für die Serienproduktion produzieren zu können, wird ein mehrstufiger Prozess aufgesetzt: Die Autoscheibe wird zunächst zerkleinert. Anschließend werden alle glasfremden Störstoffe wie Kleberreste aussortiert. Das so gewonnene Glasgranulat wird eingeschmolzen und zu neuem Flachglas verarbeitet. Aus diesem Flachglas entsteht dann eine neue Autoscheibe. Verläuft das Pilotprojekt erfolgreich, sollen die so hergestellten Scheiben perspektivisch für die Modelle der Audi Q4 e-tron Baureihe verwendet werden, berichtet Audi.

„Unser Ziel ist es, überall dort Sekundärmaterial einzusetzen, wo es technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Wir arbeiten daran, Materialien, auf die wir direkten Zugriff haben, in geschlossenen Kreisläufen zu führen“, sagte Marco Philippi, Leiter Beschaffungsstrategie. „Alte Autoverglasung beispielsweise wird bislang nicht für die Produktion neuer Fahrzeugscheiben eingesetzt. Das wollen wir ändern.“

Das Pilotprojekt Glasrecycling startet bei ausgewählten Autohändlern des Volkswagen-Konzerns. Kunden, deren Autos eine beschädigte Scheibe haben, vereinbaren dort einen Termin. Der Handelspartner prüft, ob die Scheibe repariert werden kann. Ist sie irreparabel, tauscht er die Scheibe aus. Die defekte Scheibe wird der Volkswagen Original Teile Logistik GmbH & Co. KG übergeben. Die VW-Tochter organisiert die Entsorgung nicht mehr benötigter Teile aus den VW-Werkstätten. Innerhalb dieses Prozesses werden Autoglasscheiben von den Servicepartnern zurückgenommen und recycelt.

Reiling setzt auf moderne
Aufbereitungstechnik

Die beschädigten Scheiben werden im nächsten Schritt der Reiling Glas Recycling übergeben. Dort werden sie zunächst zerkleinert und aufbereitet. Dabei führt Reiling erstmals altes Autoglas in die Produktion von Flachglas zurück. „Bislang wurden aus dem Rezyklat meist Getränkeflaschen hergestellt“, erklärte Daniel Rottwinkel, Betriebsleiter bei der Reiling Glas Recycling. „Autoglas muss höchste Anforderungen erfüllen, beispielsweise in Fragen der Crash-Sicherheit. Für Flaschen gelten diese Ansprüche nicht.“ In der Vergangenheit wurde Post-Consumer-Glas aus Autos nicht erneut in der Flachglasproduktion eingesetzt, sondern für weitere Anwendungszwecke mit geringeren Anforderungen genutzt.

Um aus diesem Verbundaltglas ein hochwertiges Rezyklat herstellen zu können, setzt die Reiling Glas Recycling auf moderne Technik. Die glasfremden Stoffe, wie PVB-Kunststofflayer (Poly-Vinyl-Butyral) im Glas, Scheibeneinfassungen, Metalle und Drähte, wie beispielsweise Heizdrähte und Antennenleitungen, sortiert das Unternehmen aus. Die Ausschleusung erfolgt mittels Magneten, Nicht-Eisen-Metallabscheider, Absauganlagen und elektro-optischer Sortieraggregate. Die PVB-Layer sollen perspektivisch ebenfalls in einem automobilen Kreislauf geführt werden, hieß es.

Im zweiten Schritt verarbeitet der Glashersteller Saint-Gobain Glass die Scherben zu neuem Basisglas, Saint-Gobain Sekurit stellt daraus Automobilverglasung her. Im nordrhein-westfälischen Herzogenrath verarbeitet Saint-Gobain Glass das Glasrezyklat zu Flachglas. Dafür wird das Glasgranulat für eine saubere Verprobung in Bezug auf Quelle oder Farbe zunächst sortenrein getrennt und in Bunkern gelagert. Anschließend wird das Rezyklat unter anderem mit Quarzsand, Soda und Kalk gemischt. Das Verhältnis des Rezyklat-Anteils zu den anderen Stoffen wird zunächst variabel bei 30 bis 50 Prozent liegen.

Im Pilotprojekt mit Audi sind rund 40 Tonnen an recyceltem Autoglas anvisiert. „Für uns ist dieser Kreislauf, aus alten Autoscheiben neue herzustellen, ein wichtiger Schritt zu einer ressourcen- und energieschonenden Produktion von Autoglas“, sagte Markus Obdenbusch, Produktionsleiter der Saint-Gobain Float am Standort Herzogenrath. „Wir stehen am Anfang der Betrachtung von Glas als Rezyklat und erwarten demzufolge weiteres Verbesserungspotenzial.“

Das Flachglas wird zuerst zu Rechtecken verarbeitet im Format von drei auf sechs Meter. Danach stellt das Schwesterunternehmen Saint-Gobain Sekurit im weiteren Prozess Automobilglas her. Über das Pilotprojekt mit Audi hinaus hat sich Saint-Gobain Glass vorgenommen, innerhalb der kommenden drei Jahre bis zu 30.000 Tonnen Scherben für die Produktion in Herzogenrath zu verwenden.

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